Palma. Mallorca im späten Herbst. Blauer Himmel, 20 Grad, die Mallorquiner genießen die Ruhe ohne den sommerlichen Massentourismus. Am Strand nahe der Hauptstadt Palma liegen sie in der Sonne, Kinder spielen, Pärchen spazieren Hand in Hand am Wasser. Ein Idyll? Wer näher hinschaut, entdeckt zwischen Meerestang und Muscheln überall Müll und Plastik. Becher, Bierdosen, Flaschenverschlüsse und kaum noch identifizierbare Reste aus Kunststoff ragen aus dem Sand. Auf der von Palmen gesäumten Hafenpromenade liegen Abfallhaufen.
Die Überreste der Sommersaison samt Massentourismus und Megakonsum bleiben, auch nachdem die Urlauber schon lange wieder abgereist sind. Während die Weltgemeinschaft auf dem Klimagipfel in Madrid über das weitere Vorgehen im Klimaschutz berät, haben die Balearen ihren eigenen Kampf auszufechten. Der „Krieg gegen die Natur", vor dem UN-Generalsekretär António Guterres vor wenigen Tagen gewarnt hat, ist auf Mallorca längst Realität.
Aber mittels eines neuen, ehrgeizigen und strengen Abfallgesetzes, vom Balearen-Parlament Anfang des Jahres verabschiedet, soll die Müllmenge in den kommenden Jahren endlich massiv reduziert werden - um 10 Prozent bis 2021 (verglichen mit 2010) und um 20 Prozent bis 2030.
„Das Gesetz ist sogar ambitionierter als das, was der spanische Staat sich vorgenommen hat", sagt Sebastián Sanso, der Direktor für Abfallwirtschaft im balearischen Umweltministerium. „Inseln sind viel fragiler als das Festland. Jeden Tag haben wir hier mehr Müll, und die Produzenten denken nicht darüber nach, wie das alles recycelt werden kann."
Einwegverpackungen vermeiden
Der Tourismus spiele eine riesige Rolle, sagt Sanso. Daher gehe es bei dem Gesetz darum, umweltschädliche Stoffe und speziell Einwegverpackungen aus Plastik in Zukunft von vornherein möglichst zu vermeiden.
Das betrifft etwa Kaffeekapseln, Strohhalme, Wattestäbchen, Feuerzeuge, Rasierklingen und Druckerpatronen, die nicht aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt sind oder nur einmal benutzt werden können. Bei der Umsetzung hilft unter anderem die Nachhaltigkeitsinitiative der deutschen Tourismusbranche, Futouris, mit dem Projekt „Plastikfreier Urlaub auf den Balearen".
Im Rahmen des Projekts haben bisher zehn Hotels und Hotelketten sowie Vertreter der Reiseveranstalter und lokalen NGOs Pilotmaßnahmen entwickelt, die in der kommenden Saison getestet werden sollen. Einige seien bereits umgesetzt worden, sagt die Futouris-Projektleiterin Swantje Lehners - „wie Strohhalme nur auf explizite Nachfrage, keine Einweg-Plastikbecher am Pool, große Seifenspender statt Mini-Duschgelflaschen im Badezimmer oder Verzicht auf Portionspackungen am Frühstücksbuffet".
Die Kette Iberostar mit Hauptsitz in Palma hat Plastikabfallverringerung fest in ihren Unternehmenszielen verankert. Bereits im kommenden Jahr würden alle Häuser der Gruppe komplett auf Einweg-Plastikverpackungen verzichten, schreibt die Kette auf ihrer Website. Auch setzt Iberostar im Rahmen der Initiative „Welle des Wandels" auf den Einkauf von Fisch und Meeresfrüchten aus nachhaltiger Fischerei sowie auf eine Sensibilisierung für den Schutz der Ozeane.
Um Meer und Strände der Balearen kümmert sich unter anderem auch die mallorquinische Stiftung „Save the Med", die zur Umsetzung des neuen Gesetzes eng mit der Regionalregierung zusammenarbeitet. Die Programmkoordinatorin Tupa Rangel Cárdenas: „Das Gesetz fördert unter anderem die Praxis des Kaufs unverpackter Produkte in großen Mengen sowie die Entwicklung von Waren, die wiederverwendet werden können. Wir glauben, dass dies die richtigen Schritte sind, um das Ziel einer Null-Abfall-Gesellschaft zu erreichen."
Quelle: dpa