Ehrlich gesagt hielt sich meine Vorfreude auf einen Trip zur deutschesten aller spanischen Inseln bisher in Grenzen. Ich verband einfach zu viel Negatives mit Mallorca. Ballermann, Saufgelage und Rumgeprolle sind jetzt auch nicht die heißesten Kandidaten, um eine Insel als „Urlaubsparadies“ zu bezeichnen. Dennoch ließ ich mich überreden – zum Glück. Und am Ende kam dann doch alles ganz anders…
Typisch Mallorca: die Buchten am Cap Formentor
Wenn man wie ich etwas voreingenommen auf Reisen geht, hat man den Vorteil, vorher nicht unbedingt Reiseführer und Fachliteratur studieren zu müssen. Man glaubt, das Wesentliche bereits zu kennen, hat sich seine Meinung schon gebildet. Mache ich sonst immer, hier ausnahmsweise mal nicht. Die Gefahr nämlich, die genau in diesen Büchern erwähnten Hotspots anzusteuern, ist dadurch scheinbar minimiert. Was gut ist, denn somit kann ich das Reiseziel einmal völlig neutral erkunden. Ganz ausgeschlossen ist die Gefahr jedoch nicht: Der Herdentrieb funktioniert nämlich auch im Urlaub ganz gut.
Ich miete mir einen kleinen Wagen und erkunde die Gegend, genauer den Norden Mallorcas, auf eigene Faust und nach Tagesgefühl. Egal wo es mich hintreibt, immer wieder stoße ich auf kleine lokale Besonderheiten, die nicht nur schön anzusehen, sondern auch gänzlich frei von den üblichen Verdächtigen sind: den Ballermann-Touristen. Einige dieser Tipps sind hier zusammengetragen und möchte ich nacheinander kurz vorstellen.
Die Altstadt von Artà – Geschichte zum Anfassen
Altstadt und Kathedrale von Artà
Sicher, Artà im Nordosten von Mallorca ist jetzt kein ganz unbekanntes Städtchen, aber wesentlich Touristenärmer als zum Beispiel Palma. Und auch die Kathedrale von Artà kann es mit der in der Hauptstadt Mallorcas durchaus aufnehmen. Besonders der Blick vom Vorplatz ist total schön und sehenswert. Vom Inneren ganz zu schweigen. Aber damit wußten die streng Gläubigen schon immer auf sich aufmerksam zu machen.
Brunnen vor der Kathedrale von Artà
Die Kathedrale von Artà
Sonnenanbeter auf Mallorca
Als großer Fan der deutschen Ostsee zieht es mich natürlich auch in mediterranen Ländern an die dortigen Strände. Auf einen der Ostsee-ähnlichsten, also mal ohne Bucht und Felsen, stoße ich im – leider dann doch sehr touristischen – Ort Mesquida. Genau wie an der zuvor erwähnten Ostsee ziehen sich die Dünen bis weit ins Landesinnere und man muss schon ein kleines Stück laufen, bis man endlich am Wasser ist. Doch der lange Weg wird belohnt. Das Wasser ist wie scheinbar überall auf Mallorca kristallklar und der Sand samten weich. Lediglich die Hotel- und Bettenburgen zur Linken trüben ein wenig das Badevergnügen. Dafür kann man den Strand ein Stück in Richtung Osten laufen. Da, wo Liegen und Sonnenschirme aufhören, ist es dann auch ruhiger.
Der Strand Cala Mesquida im Norden der Insel
Ein weiterer sehr schöner Strand zieht sich entlang der Bucht von Alcudia. Eigentlich ein Endlosstrand. Denn mit ca. zehn Kilometer Länge zieht er sich von Can Picafort bis ans nördliche Ende von Alcudia. Mittendrin natürlich auch hier Hotelanlagen und Tourismus, doch zwischendurch blitzen Abschnitte auf, die fast menschenleer sind. Gerade der Playa de Muro tut es mir an und ich lasse diesen Tag mit einem guten Buch auf der Sonnenliege ausklingen.
Strand in der langgezogenen Bucht von Alcudia
Ein weiterer sehr schöner Strand, der eigentlich aus zwei räumlich voneinander getrennten Abschnitten besteht, ist der bei Arenalet Aubarca. Fast am äußersten Zipfel im Nordosten von Mallorca gelegen finden hier bevorzugt abseits schwimmende Sonnenanbeter ihr Seelenheil. Genauso wie Hedonisten. Letztere suchen im östlichen Teil ihre Zuflucht und können dort nackt Baden, nackt Schwimmen und nackt Volleyballspielen. Ein Schauspiel! Im westlichen Teil treffe ich eher auf Familien mit Kindern. Beiden Abschnitten gemein ist jedoch, dass man ohne entsprechendes Fortbewegungsmittel hier nur sehr schwer hinkommt. Die Berge bilden nicht nur einen Schutz vor ablandigen Winden sondern auch ein natürliches Hindernis, das es erst einmal zu überwinden gilt.
Die Buchten bei Arenalet Aubarca laden zum (Nackt-)Baden
Der Leuchtturm am Cap Formentor
Ja, ich weiß. Das ist jetzt kein Geheimtipp. Der Leuchtturm am Cap Formentor steht wahrscheinlich in wirklich jedem Reiseführer und ist dem Mallorca-Besucher hinlänglich bekannt. Was einen aber nicht davon abhalten sollte, ihn dennoch zu besuchen. Es lohnt sich nämlich!
Der Leuchtturm am Cap Formentor, dem nördlichsten Zipfel Mallorcas
Mein Tipp beschränkt sich hier auch eher auf das Hinkommen. Für Wanderer gibt es einen toll ausgebauten und gut ausgeschilderten Wanderweg, der durch die Wälder und entlang der Buchten genau dorthin führt. Auch empfehle ich eher das Fahrrad zu nutzen. So kann man einfach unterwegs mal anhalten und die spektakuläre Sicht auf das smaragdgrüne Wasser und die romantischen Buchten genießen. Ich dagegen habe mich für das wirklich schlechteste Fortbewegungsmittel entschieden: das Auto. Knapp 2 Kilometer vor dem Leuchtturm geht gar nichts mehr. Der Parkplatz direkt am Leuchtturm ist nämlich sehr klein und so parken die Autos bereits weit davor am Straßenrand. Der ist nur leider genau dafür nicht ausgelegt und verengt die Straße so sehr, dass bei Gegenverkehr sofort Stillstand herrscht. Da ist der schöne Vormittag auch schon wieder hin und ich bin noch nicht mal am Leuchtturm angekommen…
Typisch Mallorca: die Buchten am Cap Formentor
Fischfang in Colònia de Sant Pere
Klein ist der Ort. Und eher unbekannt. Dafür stilecht mallorquinisch und zutiefst romantisch. Schmale Straßen durchziehen das Dorf und werden ausschließlich von niedrigen, meist zweistöckigen Häusern gesäumt.
Am Ufer des Mittelmeeres in Colònia de Sant Pere.
Das Wasser immer im Blick zieht es mich an die Uferpromenade, die von kleinen Platanen gesäumt idyllische Blicke in das ursprüngliche Mallorca zulässt. Felsklippen und ein schmaler Sandstrand säumen das Meer und werden im Westen von einem Yachthafen eingerahmt. Zwischendrin merkwürdige Halbrundbauten die zum Teil im Wasser stehen.
Bunker am Strand von Colònia de Sant Pere? Mitnichten.
An allen Orten entlang der Küste stellt der Fischfang eine zusätzliche und gern gesehene Einnahmequelle dar. Meist ist es so, die Boote verlassen in den frühen Morgenstunden den Hafen und kehren nach mehr oder weniger erfolgreichem Fang gen Mittag wieder zurück. Nicht so in Colònia de Sant Pere. Da hat man sich etwas ganz besonderes einfallen lassen. Zum Teil an Land zum Teil im Wasser wurden mehrere halbrunder Bunkerbauten errichtet, die auf der Meeresseite etwas erhöht über ein Loch verfügen, in welches bei Wellengang oder auch leichter Flut das Wasser eindringen kann. Mit ihm kommen Fische, Krebse und andere Meerestiere. Während das Wasser wieder seinen Weg hinaus findet, bleiben die Tiere in dem Bunker gefangen und brauchen nur noch mittels Kescher oder der Hand herausgefischt werden. Ohne Qual ein einfacher Fang – ziemlich ideenreich.
Wer sich hier niederlässt hat die Qual der Wahl: ausgezeichnete Speisen (fangfrisch) oder typisch spanischer Wein (hochprozentig). Am liebsten natürlich beides.
Was soll ich sagen… (Ein erstes Resümee).
Ende gut, alles gut. Mich hat Mallorca überzeugt und entgegen meiner ganzen Vorurteile lernte ich des Deutschen liebste Insel schätzen. Besonders das Gebirge im Nordwesten der Insel, die Serra de Tramuntana, hat mich neugierig gemacht. Keine Frage: ich werde wiederkommen.
Der Norden von Mallorca bietet so einiges Sehenswertes. © 2017 Sven Becker, dotsperinch.eu
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