Der Standort Deutschland ist gefährdet. Zur Abwechslung sind es nicht zu hohe Löhne, die ihn ins Straucheln geraten lassen - und auch keine Wirtschaftskrise. Es ist die Demokratie - kein Defizit an ihr, sondern zu viel davon, bringt den Standort an Abgründe. Nachdem sich die Münchner an den Urnen gegen den Bau einer weiteren Startbahn aussprachen, unkt es aus Politik und Wirtschaft nun erneut, dass Großprojekte in Deutschland keine Chance mehr hätten. Deutschland verkomme zum fortschrittsfeindlich Areal - nach Stuttgart 21 und dem Protest der Anrainer des Frankfurter Flughafens, jetzt auch noch das Nein der Münchner. Der Wutbürger lähmt die Republik.
Bislang sprach man von Wutbürgern, wenn es sich um demonstrierende Menschen handelte. Nun ist schon Wutbürger, wer bei einem Bürgerentscheid sein basisdemokratisches Recht wahrnimmt. Dieses Zuviel an Demokratie erzeugt nicht Partizipation, mahnt nun die Wirtschaft, es hemmt in ersten Linie und macht das Land rückschrittlich. Die Menschen wüssten nämlich gar nicht, was gut für sie ist - weitere Lärmquellen in ihrem direkten Umfeld seien nämlich nicht unbedingt schlecht, weil sie Arbeitsplätze brächten, nur verstehe das der plebiszitäre Wutbürger nicht. Er ist so wütend, dass er nichts mehr sieht, dass er erblindet ist. Früher nannte man das demokratisches Grundrecht, was man heute als Wut zu diskreditieren versucht.
Die Skandalisierung, die die empörten Stimmen aus Politik und Wirtschaft zu formulieren versuchen, sie zielt darauf ab, demokratische Partizipation als etwas hinzustellen, das nicht historische Errungenschaft, sondern ökonomische Bremse ist. Man müsse quasi abwägen, was wichtiger zu sein hat. Hierzu malen sie Angstszenarien von einem Land, in dem die Bereitschaftsverweigerung zu öden Verhältnissen führe, zu Wettbewerbsunfähigkeit und nationalem Niedergang. Die Motive der Gegner spielen darin keine Rolle - spielen sie nicht, obwohl Stuttgart 21 sensibilisiert haben müsste, obwohl eigentlich klar ist, dass die Situation am Frankfurter Flughafen so nicht erhalten bleiben kann. Die Entscheidung der Münchner ist gleichfalls für die Kritiker des vermeintlichen Demokratiesuffizits unverständlich.
Großprojekte scheitern zukünftig vielleicht tatsächlich vermehrt, sollte man den Schneid haben, den Souverän an Entwicklungen zu beteiligen. Das liegt aber nicht an der Fortschrittsfeindlichkeit derjenigen Bürger, die sich erdreisten, ihren Versammlungs-, Demonstrations- oder Wahlrechten nachzugehen, sondern an der Unvereinbarkeit von Projekten mit der Lebensqualität der Menschen. Lärmhöllen wie in Frankfurt mögen Arbeitsplätze erzeugen, wobei auch das strittig ist - aber die gesundheitlichen Auswüchse und die daraus resultierenden gesellschaftlichen Folgen relativieren vieles. Was sind Arbeitsplätze wert, wenn dabei Herz- und Kreislauferkrankungen zulegen? Sind Menschen in Arbeit wichtiger als Menschen in nervösen Dauerzuständen? Das sind Fragen, die sich mit dem herrschenden Ökonomieverständnis gar nicht beantworten lassen, weil dieses nur die Habenseite kennt, das Soll aber sozialisiert - weil es Verantwortung nur für Gewinne übernimmt, nicht aber für Folgeschäden.
Es ratterte und krachte und lärmte vielleicht tatsächlich bald weniger, wenn man die Bürger an solchen Entscheidungen beteiligte und wenn man deren Entscheidung als bindend akzeptierte. Für manche ist das Fortschrittsverweigerung - eigentlich ist es allerdings nicht weniger als die Hege und Pflege der Demokratie. Und das ist auch eine Art Fortschritt. Kein materieller freilich, was den Apologeten des niedergehenden Landes aufgrund Demokratieüberschusses, natürlich wenig behagt. Demokratische Standards sind für sie nur fortschrittlich, wenn sie ihre profitorientierten Absichten absegnen und somit durch Mehrheitsentscheid legitimieren. Ansonsten fühlen sie sich der Tyrannei der Masse ausgesetzt, der Willkür böser Bürger, nicht zu bändigender Wutbürger.
Weniger Demokratie wagen, dann bleiben wir wettbewerbsfähig, modern, auf der Höhe der Zeit - anders gesagt: Unsere Zeit ist nicht demokratisch eingestellt, sie giert nach Diktat. Nur das Diktat kann den Aufgaben, die sich in der modernen Welt stellen, gerecht werden, könnte man schlussfolgern und schlussfolgern insgeheim diese mahnenden Stimmen ja durchaus. Es ist übrigens jene Wirtschaft und Politik, die nun von dieser Demokratie verdrossen sind, die sonst dem Volk Demokratieverdrossenheit vorwerfen, weil das nicht an Wahlurnen stürmt wie an Freibiertheken, um eine (Wirtschafts-)Politik abzusegnen, bei der es meist nur Verlierer ist.
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Bislang sprach man von Wutbürgern, wenn es sich um demonstrierende Menschen handelte. Nun ist schon Wutbürger, wer bei einem Bürgerentscheid sein basisdemokratisches Recht wahrnimmt. Dieses Zuviel an Demokratie erzeugt nicht Partizipation, mahnt nun die Wirtschaft, es hemmt in ersten Linie und macht das Land rückschrittlich. Die Menschen wüssten nämlich gar nicht, was gut für sie ist - weitere Lärmquellen in ihrem direkten Umfeld seien nämlich nicht unbedingt schlecht, weil sie Arbeitsplätze brächten, nur verstehe das der plebiszitäre Wutbürger nicht. Er ist so wütend, dass er nichts mehr sieht, dass er erblindet ist. Früher nannte man das demokratisches Grundrecht, was man heute als Wut zu diskreditieren versucht.
Die Skandalisierung, die die empörten Stimmen aus Politik und Wirtschaft zu formulieren versuchen, sie zielt darauf ab, demokratische Partizipation als etwas hinzustellen, das nicht historische Errungenschaft, sondern ökonomische Bremse ist. Man müsse quasi abwägen, was wichtiger zu sein hat. Hierzu malen sie Angstszenarien von einem Land, in dem die Bereitschaftsverweigerung zu öden Verhältnissen führe, zu Wettbewerbsunfähigkeit und nationalem Niedergang. Die Motive der Gegner spielen darin keine Rolle - spielen sie nicht, obwohl Stuttgart 21 sensibilisiert haben müsste, obwohl eigentlich klar ist, dass die Situation am Frankfurter Flughafen so nicht erhalten bleiben kann. Die Entscheidung der Münchner ist gleichfalls für die Kritiker des vermeintlichen Demokratiesuffizits unverständlich.
Großprojekte scheitern zukünftig vielleicht tatsächlich vermehrt, sollte man den Schneid haben, den Souverän an Entwicklungen zu beteiligen. Das liegt aber nicht an der Fortschrittsfeindlichkeit derjenigen Bürger, die sich erdreisten, ihren Versammlungs-, Demonstrations- oder Wahlrechten nachzugehen, sondern an der Unvereinbarkeit von Projekten mit der Lebensqualität der Menschen. Lärmhöllen wie in Frankfurt mögen Arbeitsplätze erzeugen, wobei auch das strittig ist - aber die gesundheitlichen Auswüchse und die daraus resultierenden gesellschaftlichen Folgen relativieren vieles. Was sind Arbeitsplätze wert, wenn dabei Herz- und Kreislauferkrankungen zulegen? Sind Menschen in Arbeit wichtiger als Menschen in nervösen Dauerzuständen? Das sind Fragen, die sich mit dem herrschenden Ökonomieverständnis gar nicht beantworten lassen, weil dieses nur die Habenseite kennt, das Soll aber sozialisiert - weil es Verantwortung nur für Gewinne übernimmt, nicht aber für Folgeschäden.
Es ratterte und krachte und lärmte vielleicht tatsächlich bald weniger, wenn man die Bürger an solchen Entscheidungen beteiligte und wenn man deren Entscheidung als bindend akzeptierte. Für manche ist das Fortschrittsverweigerung - eigentlich ist es allerdings nicht weniger als die Hege und Pflege der Demokratie. Und das ist auch eine Art Fortschritt. Kein materieller freilich, was den Apologeten des niedergehenden Landes aufgrund Demokratieüberschusses, natürlich wenig behagt. Demokratische Standards sind für sie nur fortschrittlich, wenn sie ihre profitorientierten Absichten absegnen und somit durch Mehrheitsentscheid legitimieren. Ansonsten fühlen sie sich der Tyrannei der Masse ausgesetzt, der Willkür böser Bürger, nicht zu bändigender Wutbürger.
Weniger Demokratie wagen, dann bleiben wir wettbewerbsfähig, modern, auf der Höhe der Zeit - anders gesagt: Unsere Zeit ist nicht demokratisch eingestellt, sie giert nach Diktat. Nur das Diktat kann den Aufgaben, die sich in der modernen Welt stellen, gerecht werden, könnte man schlussfolgern und schlussfolgern insgeheim diese mahnenden Stimmen ja durchaus. Es ist übrigens jene Wirtschaft und Politik, die nun von dieser Demokratie verdrossen sind, die sonst dem Volk Demokratieverdrossenheit vorwerfen, weil das nicht an Wahlurnen stürmt wie an Freibiertheken, um eine (Wirtschafts-)Politik abzusegnen, bei der es meist nur Verlierer ist.
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