Wer Stefan Liebich am Sonntagnachmittag innerhalb einer größeren Menschengruppe durch den Bucher Forst schlendern sah, dachte bestimmt an einen Pilze suchenden Firmenausflug. Der Grund war aber ein anderer. Wir waren auf dem Weg zur Übergabe des Gedenkortes zur Erinnerung an die verstorbenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in Berlin-Buch 1940-1945.
In Buch gab es zehn große und mehrere kleinere Zwangsarbeiterlager. Dort verstarben während des Zweiten Weltkrieges etwa 430 Zwangsarbeiterinnen und-arbeiter. Manche kamen bereits mit ihren Kindern, andere Kinder wurden vor Ort geboren.
Seit Jahren versuchen engagierte Menschen, den Schleier des Vergessens zu zerreißen. Rosemarie Pump und Dr. Hannelore Deger forschen seit Jahren zu diesem Thema. Die von Rosemarie Pumb zusammengetragenen Informationen, Belege, Zeitzeugnisse und ihre persönlichen Auswertungen sind nicht nur unwiderlegbare Beweise, sie sind ein unschätzbarer Wert und ein wichtiger Beitrag zur Wiedergutmachung.
Bislang konnte das Schicksal von 123 Mädchen und Jungen recherchiert werden, die in Buch an Mangelversorgung, Infektionskrankheiten oder an „unheilbaren neurologischen Erkrankungen“ starben. Mit diesem Wissen vergeht einem das Gefühl eines sonnigen Spazierganges.
Gemeinsam mit der Bildhauerin Silvia Fohrer, dem Bildhauer Rudolf Kaltenbach schufen Kinder der Grundschule Am Sandhaus, der Körperbehindertenschule "Marianne Buggenhagen" und der Hufeland-Sekundarschule diesen Gedenkort im Bucher Forst, der die toten Kinder der Anonymität entreißt.
123 Steintafeln aus weißem Carrara-Marmor für die Namen, die zuerst von den Kindern auf Papier geschrieben und später von den Künstlern eingraviert wurden. Ein sehr schönes Bild mit einer noch schöneren Symbolik.
Die Sängerin Sylvia Tazberik begleitete die Denkmaleinweihung mit osteuropäischen Kinderliedern. Ansprachen hielten der Pankower Bezirksstadtrat für Kultur Dr. Torsten Kühne und der Pankower Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich. Er rezitierte dabei folgendes Gedicht von Emilia B, einer damals 20 Jahre jungen polnischen Zwangsarbeiterin, die den Weltkrieg überlebte
„Oh du Krieg, oh du Krieg, wir müssen laut klagen,
hast uns arme Polen zu Pertrix verschlagen.
In die Reihe! brüllt der Stier, so laut und bebend,
dass aus den Baracken läuft, wer heil und lebend.
Die Meisterin Eule schaut voll Unbehagen,
damit bei der Arbeit wir auch kein Wort sagen.
Manchmal schreit der Meister, wir werden nicht bangen,
obwohl wir arbeiten, (Flieger-)Alarm wir verlangen.
Wir glauben fest daran, uns wird nichts geschehen.
Von der Berlin’ Fabrik bleiben (nur) Trümmer stehen.“