Mahmud Doulatabadi: „Ich freue mich heute am Weltfriedenstag hier beim internationalen Literaturfestival in Berlin zu sein und hoffe, die Vertreter der Regierung die jetzt in den USA sind hören die Rufe nach Frieden und handeln!“
Mahmud Doulatabadi, einer der bekanntesten und renommiertesten Schriftsteller iranischer Gegenwartsliteratur las heute im Haus der Kulturen der Welt aus seinem Buch: Der Colonel.
Doulatabadi, geboren 1940 im Nordosten Irans, musste bereits als Kind arbeiten, schlug sich lange mit Gelegenheitsjobs durchs Leben bis er schließlich an der Akademie Theater studierte, als Schauspieler arbeitete und Schriftsteller wurde.
1975 war er, noch zu Schahzeiten, im Gefängnis. In seinem Buch, der Colonel, setzt er sich mit der Zeit kurz nach der islamischen Revolution 1979 auseinander. Es ist eine düstere „negative Familiensaga“ in der die Ängste und Nöte des ehemaligen Schahgenerals, dessen Familiemitglieder fast alle tot sind, beschrieben werden.
Doulatabadi kritisiert, dass er die Beschreibung des Literaturfestivals, in dem von „Angst vor dem Leben“ die Rede ist, nicht in seiner Geschichte wiederfinden kann. Vielmehr geht es um Probleme aber auch um die Liebe zum Leben.
Mit ihm las Bahman Nirumand, DIE politische Stimme Irans in Deutschland, der mit seinen scharfsichtigen Analysen (z.B. dem monatlichen Iran-Report) seit Jahrzehnten zum Verständnis der komplizierten Situation des Iran beiträgt. Zumindest für jene, die seine Bücher lesen und seinen kritischen und klugen Geist schätzen.
Moderiert wurde die Lesung auf angenehme und unaufdringliche Art und Weise von Barbara Wahlster.
Doulatabadi hat das Buch bereits vor 27 Jahren begonnen zu schreiben, brauchte 2 Jahre um es zu beenden und 25 Jahre bis er es zur Veröffentlichung freigab. Bisher hat er keine Nachricht von der Zensurbehörde erhalten so dass es zur Erstveröffentlichung auf Deutsch kam.
Er nennt 3 Gründe für diese seltene, vielleicht seltsame lange Verzögerung bis hin zur Veröffentlichung.
1.) Weder der Roman selbst noch die Zeit waren damals reif für eine Veröffentlichung.
2.) Er wusste, dass es sowieso nicht veröffentlicht worden wäre.
3.) Er betrachtet den Roman als eine Verpflichtung der Gesellschaft (oder auch einem Gott) gegenüber und es wird sich zeigen, wie die Gesellschaft auf diesen reagiert.
Bahman Nirumand & Mahmud Doulatabadi
Es war ein Genuss, diesem großen Künstler zuzuhören, wie er mit wohlklingender Stimme und betörender Betonung Ausschnitte (hervorragend übersetzt von Nirumand) aus seinem Buch las. Ich musste mehrmals an Leonard Cohen denken.
Seine Kommentare zur aktuellen Lage, seine Worte, die er mit Weisheit und Achtsamkeit sorgfältig wählte gewährten Einblick in seine Art zu denken und zu schreiben.
So wie es in dem Buch, das einen schwierigen Charakter als Hauptprotagonisten anbietet, eine liebevolle wenn auch hilflose Analyse des alten Vaters (jenes Colonel) über seinen 40 jährigen, sich seltsam verhaltenden Sohn gibt,- so bot Doulatabadi vorsichtige und liebevolle Erklärungen über die Geschichte des iranischen Volkes an. Die Besonderheit, die es, so Doulatabadi möglicherweise mit anderen Völkern teilt, dass die herrschende Gruppe sich als Elite verstand oder versteht und den Rest der Bevölkerung zu Fremden macht.
Sein größter Wunsch ist, dass die Menschen, die durch die herrschenden Umstände in die Immigration gezwungen wurden, sich bald wieder in den Straßen Teherans frei bewegen können. – Mehr noch als die Veröffentlichung seines Buches.
Bahman Nirumand, Mahmud Doulatabadi, Barbara Wahlster (v.l.n.r.)
S.