© Studiocanal / Déborah Francois als Rose in “Mademoiselle Populaire”
Wir schreiben das Jahr 1959. Die Männer sind an der Macht, sind die Anzugtragenden, Zigarren und Zigaretten rauchenden Chefs an der Spitze eines jeden Unternehmens. Die Frauen stehen noch am Herd, bemühen sich allenfalls um einen Job als Sekretärin, die Erfüllung ihrer Träume, da sie an der Seite eines großen Mannes dienlich sein können, wie es sich in diesem Jahrzehnt gehört. Das Jahrzehnt, die späten 50er und frühen 60er Jahre nutzt „Mademoiselle Populaire“ für ein charmant überzeugendes Outfit. Allein die Animation zum Beginn des Films versprüht diese nostalgisch bunte Lebensfreude, die sofort einen Sog erzeugt, aus dem man sich nicht so schnell wieder herausleben möchte.
Die ersten Bilder spielen in einem abgedunkelten Laden, offenbar ist es Nacht. Dennoch schleicht Rose Pamphyle, die Tochter des Besitzers durch die Dunkelheit. Schon hier wird musikalisch und auf der Bildebene Magie spürbar, wenn das Wunderwerk Schreibmaschine in den Fokus gerückt wird. Da steht sie, nur der Lichtschein fehlt, der auf sie drauf fallen und sie zu einem göttlichen Abgesandten machen würde. Das Mädchen wird auf ewig diesen Moment in Erinnerung behalten, in dem sie die Schreibmaschine vom Verkaufspodest nimmt um selbst ihre ersten Worte zu tippen und der Faszination dieses mechanischen Schreibwunderwerks zu erliegen.
Rose Pamphyle (Déborah Francois)
Über das Ein-Finger-Buchstaben-Suchsystem wird sie aber nie hinaus kommen, auch wenn sie ihre Tippvariante so sehr weiterentwickelt und verfeinert, dass ihre Geschwindigkeit nur minimal von den Damen abweicht, die mit vollem Fingereinsatz auf die Tasten schlagen. Hier beginnt die tippende Liebesgeschichte, die das junge Mädchen zur Sekretärin werden lässt, weil einer dieser großen Männer ihr Potential entdeckt. Fortan widmet er seine Zeit dieser Frau, wie sie sich ihrer Schreibmaschine zuwendet. Es ist eine Menage à trois zwischen Mann, Frau und Maschine. Die Ausbildung schreitet voran und immer mehr soll sie lernen mit all ihren Fingern ihr Talent zum Einsatz zu bringen um damit bei nationalen und internationalen Wettbewerben anzutreten. Zwischendurch findet man immer wieder die harmlos-zweideutigen Dialoge, die charmant an frühere Screwball-Komödien erinnern möchten.
Während sich die Frau hier auf ihre Karriere konzentriert, ist es ausnahmsweise der Mann, der zum schmachtenden Eroberer wird, der Dame Avancen macht, die zuerst unerwidert bleiben. Hierin liegt die Modernität der End-50er Jahre versteckt, wenn das Filmbild die Frau zum zumindest über die Liebe herrschenden Wesen erhebt. Leider versteckt sich dann wiederum die Schreibmaschine, rückt selbst in den Hintergrund, sobald die Frage „Kriegt der Mann das Mädchen oder nicht?“ in den Mittelpunkt rutscht. Ein solch ablenkendes Mittel ist auch „The Artist“-Darstellerin Berenice Bejo, die durch ihre Auftritte, kurz und knackig, den Wunsch nach ihr als Hauptprotagonisten aufkommen lässt. Schönheit, Talent, Überzeugungskraft – solcherlei Eigenschaften liegen bei ihr zugrunde.
In dieser leichten Umgebung wirken dann einige Elemente aber auch deplatziert. Die bewegende Vergangenheit des großen Chefs Louis Échard, die er unter größter Anstrengung vorträgt und damit sein Seelenleben ausschüttet, ebenso eine abstrus wirkende Sexszene. Es sind Elemente die aus der Leichtigkeit eine gewisse Schwere aufblitzen lassen, die man an keiner anderen Stelle des Films vorfindet.
Dann ist „Mademoiselle Populaire“ aber auch ganz schnell wieder in ihrem Element. Das ist ein glücklicher Umstand, dass der Film so endet, wie er beginnt: Mit der Magie der Schreibmaschine, nicht mit irgendwelchen ablenkenden Mitteln oder Liebeleien. Es ist die Kamera, die sich um das letzte Duell dreht. Mademoiselle Populaire im Schnellschreibkampf gegen eine Vertreterin aus den großen United States of America. Und hier gewinnt das kleine Frankreich. Die Frau erreicht Eigentständigkeit, Popularität und wird zum Trend-Setter. Am Ende bekommt das Mädchen alles, das obligatorische Happy End, hier fühlt es sich erwünscht und gut vollführt an.
“Mademoiselle Populaire“
Originaltitel: Populaire
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Produktionsland, Jahr: F / B, 2012
Länge: ca. 111 Minuten
Regie: Régis Roinsard
Darsteller: Romain Duris, Déborah Francois, Bérénice Bejo, Shaun Benson, Miou-Miou, Frédéric Pierrot, Féodor Atkine
Deutschlandstart: 11. April 2013
Im Netz: mademoisellepopulaire.studiocanal.de