Madeleine McCann – von Medien missbraucht

Vor elf Jahren, am 3. Mai 2007, verschwand im Algarve-Badeort Praia da Luz in Portugal die damals fast vierjährige Madeleine McCann. Bis heute ist Maddie, die Tochter des britischen Ehepaars Kate und Gerry McCann, nicht wieder aufgetaucht. Den bestürzenden und weltweit beachteten Fall Madeleine McCann nutzte auch im elften Jahr weiterhin ein großer Teil der Boulevardmedien, nicht nur der britischen, zur Quoten- und Auflagensteigerung - ein düsteres Medien-Kapitel.

Auch im elften Jahr der beispiellosen Suche nach der Vermissten gab es praktisch keinen einzigen Monat, in dem einige Titel der „Yellow Press" nicht Kapital zu schlagen versuchten aus noch so dünnen und fragwürdigen Informationen. Vorneweg immer wieder diverse Onlinemedien, auch im deutschsprachigen Raum. Letztere lassen sich oft von Berichten britischer Boulevardmedien verführen, das Thema Maddie aufzugreifen und aufzubauschen. Schließlich profitieren die eigenen Klickraten davon. Man könnte das auch als eine Art fortgesetzten medialen Missbrauchs bezeichnen...

Dieses Verhalten beschreiben wir im Folgenden für die vergangenen zwölf Monate. Ganz am Ende des Beitrags finden Sie zwei Links zu unserer umfassenden Chronologie des mysteriösen und rätselhaften Falls Madeleine McCann und zur Beschreibung der Reaktionen an der Algarve - beides erschienen vor einem Jahr.

Madeleine McCann - Rückblick auf zwölf Monate Medienaktivitäten

27. April

Nur wenige Tage vor dem elften Jahrestag des Verschwindens von Madeleine McCann dreht die spanische Zeitung "La Voz de Galicia" wieder an der Sensationsmeldungs-Spirale. Ein Familienvater habe auf einem Phantombild, das die britische Polizei von einem Verdächtigen im Fall Maddie anfertigte, 2013 einen Mann erkannt, der 2001 in einem Hotel in Abrantes, 150 Kilometer nordöstlich von Lissabon gelegen, versucht habe, nachts in den Schlafraum seiner damals fünfjährigen Tochter einzudringen - offenbar in der Absicht, sie zu entführen. Die Tochter habe Madeleine McCann ähnlich gesehen. Diese Information sei damals an die Polizei in London weitergegeben worden, er habe aber später nichts mehr von den Beamten dort gehört, erzählte der Vater der Zeitung. Diese nennt aber weder seinen Nachnamen noch den des Hotels. Auch bleibt sie eine Erklärung dafür schuldig, weshalb das Hotel den Namen des Mannes nicht weitergab, der den angeblichen Entführungsversuch unternommen haben soll, aber letztlich entwischte. Dennoch gehen britische und auch einige deutsche Boulevardmedien auf die seltsame Story ein...

18. April 2018

Eine britische Boulevardzeitung berichtet darüber, dass Mutter Kate McCann mit dem von ihr 2012 herausgebrachten Buch "Madeleine: Das Verschwinden unserer Tochter und die lange Suche nach ihr" allein in den vergangenen zwölf Monaten rund 84.000 Pfund verdient hat. Das entspricht einer Summe von rund 96.500 Euro. Doch jeder Cent fließe nach wie vor in die Suche, eine Bereicherung der Eltern sei auszuschließen, wird versichert. Warum dann die gespielte Empörung? Sollte aber die Polizei die Suche nach Madeleine McCann aufgeben, sei noch „eine ganze Menge Geld" da, um sie privat fortzusetzen, mutmaßt das Blatt. In anderen Medien ist von mehr als 800.000 Euro die Rede.

16. April 2018

Es gebe deutlich mehr Details, welche die Regierung absichtlich vor der Öffentlichkeit verheimliche, unkt die Redaktion einer bunten deutschen Illustrierten. Und meint damit das Schweigen um die Höhe des zuletzt noch einmal freigegebenen Betrags zur Finanzierung der weiteren Suche nach dem Kind. Ein britisches Blatt will erfahren haben, dass es umgerechnet 174.000 Euro seien. Das stößt in Großbritannien auf Kritik. Mancher will nicht verstehen, warum die Suche weiterhin finanziert wird, wo es doch offenbar kaum einen Hoffnungsschimmer gibt. Medien des United Kingdom verweisen auf die Kürzung der Mittel für die britische Polizei und darauf, dass die Zahl der Gewaltverbrechen in London immer weiter steige...

6. April 2018

Laut Meinung eines britischen Online-Boulevardmediums soll eine TV-Dokumentation im australischen Fernsehen „für Aufsehen" sorgen. Gezeigt worden sei unter anderem der britische Ex-Polizist Colin Sutton. In Madeleine McCanns Fall sei er überzeugt: „Sie wird niemals gefunden werden." Vor allem eine Tatsache soll das Entdecken erschweren oder sogar unmöglich machen: Rund um Praia da Luz lägen 600 unbenutzte und schwer zugängliche Brunnen verteilt. In einem davon, vermute Sutton, könne die Leiche des Mädchens versteckt sein. Die Eltern reagieren mit einer offiziellen Stellungnahme darauf, über einen Vertrauten der Familie an die Medien lanciert: "Es ist nicht sehr hilfreich und sehr schmerzvoll, wenn Ermittler im Ruhestand oder sogenannte Experten sagen, dass die Suche abgebrochen werden soll, weil sie nutzlos sei." Kate und Gerry McCann betreiben nach wie vor ihre Facebookseite " Official Find Madeleine Campaign ". Dort machen sie deutlich: Sie wollen selbst dann nicht aufgeben, wenn die Polizei die Suche einstellen sollte.

28. März 2018

Für die bislang gut 12,5 Millionen Euro teure Suche der kleinen Madeleine McCann bewilligt das britische Innenministerium erneut weiteres Geld. Ein Boulevardmedium in London mutmaßt, dass es eine neue „heiße Spur" gewesen sei, die zu dieser Entscheidung geführt habe. Konkretes wird nicht gesagt. Aber die Rede ist von einem „letzten Versuch". Ähnlich klingt auch ein zitiertes Statement des Anwalts der Eltern McCann: „Dieser letzte Anlauf gibt den beiden (Hinweis: gemeint sind Kate und Gerry McCann) eine kleine Hoffnung, endlich zu erfahren, was mit ihrer Tochter passiert ist".

21. März 2018

Medien gehen auf Moita Flores ein, einen Kriminalexperten, der damals an den Ermittlungen beteiligt gewesen sein soll. Einer portugiesischen Website gegenüber habe er gesagt, er sei sich sicher: „Madeleine McCann starb in diesem Apartment." Flores fordere eine Rekonstruktion, um zu zeigen, dass es unmöglich sei, mit einem Kind zusammen durch das Fenster der Ferienappartement-Anlage zu steigen. „Experte" Flores teilt damit die Meinung des ehemaligen Ermittlers Goncalo Amaral, der darüber ein Buch schrieb, gegen das die Eheleute McCann erfolglos klagten. Ein Sprecher des Paars weist die Theorie zurück, hält daran fest, dass Madeleine McCann entführt worden ist und noch lebt.

Die Mama von Madeleine McCann wird 50: rührselige Stories

5. März 2018

In rührseligen Stories erwähnen Medien den 50. Geburtstag der Mutter Kate McCann. Ihre Gedanken seien nur bei Madeleine, die heute knapp 15 Jahre alt wäre, ist zu lesen. Zitiert wird ein Freund der Familie mit den Worten: "Kates einziger Geburtstagswunsch besteht darin, herauszufinden, was mit ihrem ältesten Kind passiert ist. Und sie hofft und betet, dass die Polizei zusätzliche Mittel erhalten wird, um die Suche nach Madeleine McCann fortsetzen zu können." Im Monat zuvor feierten die McCanns den dreizehnten Geburtstag ihrer Zwillinge Sean und Amelie - mit Gebeten für ihre vermisste Tochter Madeleine McCann.

13. Februar 2018

„Wichtige Spur im Fall Madeleine McCann! Ermittler wollen neues Geld!" So „scheine" es zu sein, melden Boulevardmedien. Das Innenministerium bestätigt die Prüfung eines eingegangenen Antrags der Metropolitan Police (Scotland Yard). Es gebe noch eine „wichtige letzte Frage", die unbedingt beantwortet werden müsse. Welche das ist, das wird geheim gehalten.

5. Februar 2018

Jetzt äußert sich sogar ein Experten-Team aus Österreich zum Fall Madeleine McCann - so genannte "Cold Case"-Ermittler. Sie wollten mit neuesten Methoden helfen, das Rätsel um Madeleine McCann zu lösen, ist zu lesen. Das Team habe an dem spektakulären Kriminalfall um Natascha Kampusch mitgearbeitet und glaube, seine gesammelten Erfahrungen zur Verfügung stellen zu können.

24. Januar 2018

Nach zunächst großer Erregung um einen Madeleine McCann-Ermittler, der Wochen zuvor blutüberströmt in seinem Haus aufgefunden worden war, geben die Medien nun Entwarnung: „Rätsel um Tod endlich gelöst!" Ursache für den „mysteriösen" Tod des „umstrittenen" Privatdetektivs der Familie McCann sei eine Gehirnblutung gewesen. Das habe die Obduktion ergeben. Offenbar lag ein Sturz vor. Der Privatermittler habe damals „brachiale" Ermittlungsmethoden eingesetzt, wird erinnert. Er soll ein Kind als Lockvogel im Badeort Praia da Luz an der Algarve benutzt haben, um den vermeintlichen Entführer von Madeleine McCann auszuspähen. Andere Medien bezeichnen den Privatdetektiv als einen „Betrüger", der von den McCanns viel Geld bekommen, aber wenig geliefert habe.

3. Januar 2018

Schon im März könnte die Suche nach Madeleine McCann wegen Geldnot eingestellt werden, vermuten Medien. Die im September vom Londoner Innenministerium noch einmal gewährten Gelder, angeblich etwa 173.500 Euro, seien von der "Operation Grange" bald aufgebraucht, heißt es. Die Rede ist auch von angeblichen „Hassmails", mit denen die Eltern McCann konfrontiert würden. Die kämen von Personen, die glaubten, Kate und Gerry McCann hätten etwas mit Madeleines Verschwinden zu tun. Andere prangerten das Innenministerium an, weil es die Gelder mit einer ihrer Meinung nach sinnlosen Suche verschleudere. Auf ihrer Kampagnen-Webseite bitten die Eltern McCann die Öffentlichkeit darum, ihre Tochter Madeleine nicht aufzugeben. Und sie bitten noch immer um Spenden.

Weihnachten ohne Madeleine McCann - immer eine emotionale Geschichte wert

24. Dezember 2017

Zu Weihnachten präsentieren mehrere Medien eine emotionale Geschichte und erwähnen einen „berührenden" Brief der Mutter Kate McCann. Für ihre Tochter Madeleine lege sie jedes Jahr ein Weihnachtsgeschenk unter den Tannenbaum und höre in der Erinnerung immer noch ihre Tochter das Lied singen, dass sie gerade im Kindergarten gelernt habe, als sie drei Jahre alt war: „Rudolph the red nosed Reindeer". Der veröffentlichte Brief ende mit einer „herzzerreißenden" Bitte: „Während sich die Menschen an diesem Wochenende mit ihren Familien treffen und zusammen essen und Geschenke austauschen, möchte ich Sie bitten, sich an die Vermisste zu erinnern. Wir dürfen sie niemals vergessen."

1. Dezember 2017

Medien berichten darüber, dass ein jetzt 32-Jähriger aus Praia da Luz, der im Vermisstenfall Madeleine McCann wohl ungerechtfertigt in den Kreis der Verdächtigen geraten war, ein Buch veröffentlicht habe. Übersetzt laute der Titel "Kollateral-Schaden". Mit dem Werk wolle der Computerexperte „den Schatten der Vergangenheit endlich los werden" - auch weil er bald selbst Vater werde und ein geregeltes normales Familienleben führen wolle.

28. November 2017

Von mehreren Medien wird ein Facebook-Eintrag einer 19-jährigen britischen Studentin thematisiert. Sie soll in einem Gruppen-Chat behauptet haben, die vermisste Madeleine McCann zu sein. Zitiert wird der Post mit den Worten „Ich glaube eigentlich nicht an Verschwörungstheorien, aber ich glaube ernsthaft, dass ich Madeleine McCann bin." Als Beweis habe sie auf einen braunen Fleck im Auge sowie ein markantes Muttermal am Bein verwiesen - beides wie bei Madeleine McCann. Dass dies allein schon wegen des Altersunterschieds nicht sein kann - Madeleine McCann ist oder wäre heute erst etwa 15 Jahre alt - erwähnt kaum jemand. Über die Studentin bricht ein Shitstorm herein.

19. November 2017

„Mysteriöse Frau identifiziert?! Fall Madeleine McCann nimmt endlich wieder Fahrt auf", so formulieren es reißerische Schlagzeilen in einem deutschsprachigen Onlinemedium. Es wird auf einen spanischen Kriminologen angespielt. Der wisse, wer eine mysteriöse Frau in lila Kleidung sei, nach der Scotland Yard suche: eine Osteuropäerin, die mit ihrem Ehemann in der Tapas-Bar als Kellnerin gearbeitet habe, in der die McCanns zu Abend aßen, als ihre allein im Appartement zurückgelassene Tochter verschwand. Den Berichten zufolge sind beide in Bulgarien „untergetaucht". Angeblich wird dort nach ihnen gesucht. Spekuliert wird in den Medien, ob der vorherige Mann der Gesuchten ein verurteilter Pädophiler war. Mutmaßungen über Mutmaßungen...

Madeleine McCann und das Medien-"Souvenir"

10. November 2017

Von geschockten Internetnutzern sprechen Medien, weil ein „entsetzliches Madeleine McCann-Souvenir" auf der Handelsplattform eBay aufgetaucht sei: eine Tasse mit der Abbildung der kleinen Madeleine McCann in Comic-Form und mit einem Totenkopf. Ebay löschte den Eintrag nach Bekanntwerden.

31. Oktober 2017

Ein 25-jähriger Brite habe sich zu Halloween mit einem „sehr geschmacklosen Gag" den Zorn von Madeleine McCanns Eltern Gerry und Kate zugezogen, ist in Medien zu lesen. Er habe eine blonde Perücke aufgezogen und ein blaues Trikot angezogen, wie es Madeleine McCann auf einem der Fahndungsfotos trage, heißt es. Auf Anfrage der Medien ließ ein Sprecher der Familie verlauten, die Eltern hielten den Mann für einen „Idioten, der in seinem Alter besser Bescheid wissen sollte." Was er getan habe, sei „zutiefst beleidigend und grausam gewesen." Nach einem Shitstorm entschuldigte sich der Halloween-Fan öffentlich.

16. Oktober 2017

Selbst eine obdachlose Wahrsagerin muss Medien herhalten, um ihr „einen grausamen Scherz" zuzuschreiben. Die Hellseherin wolle aufgrund von drei Visionen wissen, wo Madeleine McCann ist, dies aber nur gegen Vorkasse den Eltern verraten. Die Polizei habe die Frau unter dem Verdacht der Erpressung von Kate und Gerry McCann festgenommen, melden einige Medien.

2. Oktober 2017

Unter Verweis auf eine britische Sonntagszeitung mutmaßen deutschsprachige Medien von einem „Durchbruch" im Fall Madeleine McCann. Scotland Yard habe eine „entscheidende Spur". Es bleibt offen, ob es sich um einen möglichen Tatverdächtigen oder einen Zeugen handelt. Alles bleibt im Ungewissen.

28. September 2017

Als „brandneue Entwicklung" verkaufen deutschsprachige Onlinemedien, dass die Eltern von Madeleine McCann „jetzt wieder hoffen" könnten. Die schlichte Nachricht dahinter: die britische Polizei hat weitere Finanzierung der Suche nach der Vermissten beantragt. Ermittler hätten vor Kurzem behauptet, dass sie kurz davor seien, „alles" aufzudecken, wird noch nachgereicht. Und - damit es noch der letzte Nutzer versteht - endet ein Bericht mit dem Hinweis „Es bleibt extrem spannend!"

Suche nach Madeleine McCann: Inszenierte Spannung ums Geld

25. September 2017

Eine angeblich „erschütternde Nachricht für die Eltern" geistert durch einige deutschsprachige Onlinemedien. Sie berufen sich auf ein britisches Revolverblatt. Demnach müsse die Londoner Polizei die langjährige Suche nach Madeleine McCann einstellen, weil das Budget aufgebraucht sei. Das Innenministerium wird mit der Aussage eines Sprechers zitiert, man erwäge einen Antrag auf neue Finanzierung bis Ende des Monats September.

15. September 2017

Madeleine McCann als Thema einer Krimi-Serie der Videoplattform Netflix? Einige Medien wollen erfahren haben, dass acht Folgen geplant seien - inklusive Interviews mit Ermittlern und anderen Beteiligten, allerdings ohne die Eltern Kate und Gerry McCann. Erinnert wird in den Meldungen an den Erfolg von Streamingdienst-Serien wie Making Murderer oder die Verfilmung des Falls Amanda Knox: „True Crime" als Erfolgsformat.

28. August 2017

Das Sommerloch in der Ferienzeit muss für merkwürdige Meldungen über eine „berührende Geste" der „alten Schule" von Madeleine McCann herhalten: Das katholische De Lisle-College halte einen Stuhl frei - eine „überaus schöne Geste", die den verzweifelten Eltern Hoffnung spenden solle. Madeleine McCann wäre jetzt in der zehnten Klasse, heißt es dazu. Was kein Reporter erwähnt: Da Madeleine McCann im Alter von knapp vier Jahren verschwunden ist, kann sie noch gar nicht auf diese Schule gegangen sein...

23. August 2017

Hochsommer 2017 - das bedeutet eigentlich Flaute auf dem Nachrichtenmarkt. Aber findige Journalisten von Onlinemedien kochen das Thema Madeleine McCann wieder hoch. Die Eltern Kate und Gerry würden auf ihrer Webseite, die sie für Hinweise auf die Vermisste eingerichtet hätten, „übelst beschimpft". Die Nachricht ist: Es wurden die Nutzungsregeln für Kommentare geändert, um so genannte „Trolle" daran zu hindern, mit ihren emotionalen Beiträgen andere Nutzer zu provozieren. Man solle Trollen keine Aufmerksamkeit schenken, wird der der Betreuer der Webseite zitiert.

13. August 2017

Sommer, Sonne, nackte Haut: Da passt für manches Online-Medium eine Tattoo-Nachricht bestens in die etwas durchhängende Berichterstattung zum Fall Madeleine McCann. Auf Twitter kursiere das Foto eines britischen Mallorca-Touristen, auf dessen Wade auf Englisch die Aussage „Ich habe Madeleine McCann gestohlen" eingestochen sei. Die Boulevard-Reporter geben sich „entsetzt": unglaublich dreist, geschmacklos und an Respektlosigkeit nicht zu überbieten sei dies, wettern sie. Um genüsslich darüber zu schreiben...

Fall Madeleine McCann wird auch im Sommerloch hochgekocht

27. Juli 2017

Nicht eine portugiesische, nein, eine britische Zeitung weckt die Öffentlichkeit aus ihrer Sommerschläfrigkeit: Wieder sei ein kleines britisches Kind im damaligen Ferienort von Madeleine McCann verschwunden, angeblich ein achtjähriger Junge. Ganz am Ende des alarmierenden Berichts heißt es, der Kleine sei, so habe sich herausgestellt, einfach weggelaufen und Stunden später von portugiesischen Polizisten gefunden worden. Und das soll Praia da Luz „in Aufruhr" versetzt und „Verschwörungstheorien" bzw. Klagen über fehlerhafte Arbeit der örtlichen Polizei neue Nahrung gegeben haben?

30. Juni 2017

Deutsche Onlinemedien greifen wieder britische Kollegenberichte auf: Eine Zeugin habe sich zehn Jahre nach dem Verschwinden von Madeleine McCann plötzlich gemeldet. Sie wolle das Mädchen am 9. Mai 2007 in Marokko gesehen haben, an einer Tankstelle, in einem Pyjama. Es habe mit ihrem Begleiter, einem Mann in den Dreißigern, auf Englisch gesprochen und gefragt: Können wir jetzt endlich Mami sehen? Diese Beobachtung, so die Medien, habe die Frau bei einer Polizei-Hotline gemeldet, ohne jedoch zurückgerufen worden zu sein. Ein Statement der Polizei dazu: Fehlanzeige! Purer Empörungsjournalismus, eben.

21. Mai 2017

Deutsche Medien schreiben, das Internet „tobe" wegen eines „geschmacklosen" Aufklebers. Gemeint ist ein Sticker auf einem Buch über das Verschwinden von Madeleine McCann, das in einer Sonderverkaufsaktion verramscht wird. Der Aufdruck lautet: „When it's gone, it's gone", also: „Wenn's weg ist, ist's weg". Das sei „reichlich unpassend" und sorge für viel Aufregung auf Twitter, beobachten die eifrigen Boulevardjournalisten, denen offenbar substanzielle Themen ausgegangen zu sein scheinen.

Fall Madeleine McCann: Fazit zur Medienberichterstattung

Weil es in den vergangenen zwölf Monaten seit dem zehnten Jahrestag des Verschwindens wieder weder wirklich gute, noch schlechte Nachrichten in dem Vermisstenfall Madeleine McCann gab, nutzten vornehmlich Boulevardmedien die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, um Kleinigkeiten aufzublasen und damit Leser zu ködern. Im deutschsprachigen Raum waren zum Beispiel die Webseiten von Bunte, Gala, Tag24, Huffington Post Deutschland, News.de, OK!Magazin, oe24.at und HNA.de vergleichsweise oft beteiligt.

Unfassbar bleibt allerdings, weshalb elf Jahre dauernde Ermittlungen von zeitweise bis zu 30 Beamten allein auf britischer Seite nicht mehr Licht in das Dunkel um das Geschehen am 3. Mai 2007 und danach in Praia da Luz an der Algarve bringen konnten. Viel Geld wurde ausgegeben - für wenige Erkenntnisse. Immer wieder ließ sich die britische Regierung bewegen, Geld nachzuschießen. Doch zum Schluss klang es so, als solle es ein letztes Mal sein. Der zunehmende Druck einiger Teile der britischen Öffentlichkeit zeigt offenbar Wirkung.

Für die Familie ist das alles entsetzlich. Es bleibt abzuwarten, ob die Eltern Kate und Gerry McCann noch privat gesammeltes Geld einsetzen können und werden, um die elf Jahre lang ergebnislose Suche nach ihrer Tochter fortsetzen zu lassen. Möglicherweise ist wegen vieler kostspieliger Kommunikations-Kampagnen und juristischer Maßnahmen gar nicht mehr so viel Budget vorhanden.

Für alle Beteiligten wäre es wohl die beste Klärung der Situation, dass bald einer von zwei Fällen eintritt: Madeleine McCann ist tot und ihre Leiche wird entdeckt und die Ursache ihres Todes ermittelt, oder - und das wünschen wir von Herzen - Maddie taucht lebend als 15-jährige wieder auf. Dann dürften von uns aus auch die Boulevardmedien wieder jubeln. Denn das wäre eine großartige, echte Nachricht: fast unglaublich, dafür aber wahr!

Madeleine McCann: Was wir bereits berichteten - vor einem Jahr

Schon vor dem zehnten Jahrestag des Verschwindens von Madeleine McCann an der Algarve versuchten vor allem englischsprachige Medien, den Fall noch einmal zur Auflagen- und Nutzerquoten-Steigerung zu missbrauchen. Sensationslüstern wurden angeblich wegweisende neue Erkenntnisse versprochen. Doch die Berichterstattung in Australien und Großbritannien blieb ziemlich vage und zum Teil widersprüchlich. Manche Medien aus anderen Ländern greifen diese Artikel und Sendungen auf; die Spirale der Spekulationen dreht sich weiter. Wie sich dabei die Menschen am Tatort des Geschehens vom 3. Mai 2007 fühlten, wie die Bevölkerung in Praia da Luz mit den Ereignissen von damals bis 2017 umgegangen ist, haben wir in unserem Bericht „ Maddie zehn Jahre verschwunden: Praia da Luz will zur Ruhe kommen " analysiert.

Eine sorgfältige Auflistung der wichtigsten Geschehnisse der Jahre 2007 bis 2017 im Fall Madeleine McCann können Sie in unserem Artikel „ 10 Jahre Madeleine McCann vermisst - Chronologie eines mysteriösen Falls " nachlesen.


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