“We don’t need another hero” singt Tina Turner im Abspann von Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel. Umgemünzt auf den Film, trifft das leider auch auf den komplett überflüssigen dritten Teil der Mad Max-Reihe zu.
Gleich zu Beginn verliert “Mad” Max (Mel Gibson) seinen ganzen Besitz und wandert alleine durch die Wüste. Er folgt der Spur seiner gestohlenen Kamel-Kutsche bis zur Stadt Bartertown. Dort bietet ihm die Herrscherin Aunty Entity (Tina Turner) ein Geschäft an. Max willigt ein, tritt in die Donnerkuppel und kämpft gegen die muskulöse Hälfte (Blaster) von Master Blaster, dem Herrscher der Unterwelt von Bartertown und somit demjenigen, der in Kontrolle der Energieversorgung (Schweinekot!) ist. Max hält sich nicht an die Abmachung und wird in die Wüste verbannt. Gerettet von einer Schar Kindern und Jugendlichen, die in Max den rettenden Messias Captain Walker sehen, der sie laut ihrer gedeuteten Prophezeihung ins gelobte Über-Übermorgen-Land führen wird.
Welcome, to another edition of Thunderdome!
Wieder scheint viel Zeit vergangen zu sein in der Welt von Mad Max. Der Großteil der Umgebung ist unter einer dicken Schicht Sand begraben, Max ist überhaupt nicht mehr mit einem Benzin getriebenen Fahrzeug unterwegs (und hat zusätzlich gewisse Ähnlichkeit mit dem Feral Kid aus dem zweiten Teil) sondern lässt sein Gefährt von Kamelen ziehen und Energiegewinnung besteht aus der Förderung von Schweinekot. Es stellt sich abermals (und im dritten Teil am deutlichsten) die Frage: Ist dieser Max noch der Original “Mad” Max? Er gibt zwar zu, früher Polizist gewesen zu sein, aber gleichzeitig ist die Ähnlichkeit mit Captain Walker tatsächlich verblüffend. Noch dazu scheint der Untergang der Menschheit viel länger zurück zu liegen. Leider Enden mit diesem Aspekt aber schon die interessanten und gelungenen Ideen in Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel (Originaltitel: Mad Max Beyond Thunderdome).
Auch wenn die Ausstattung und das Design nichts zu wünschen übrig lassen, allein Tina Turners Pop-Ballade im Vorspann passt einfach nicht in die Welt der Mad Max-Reihe. Die Idee der Donnerkuppel ist zwar nett, findet aber abseits einer Actionsequenz keine Verwendung. Überhaupt wird in Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel das wenige Positive schnell degradiert durch plumpe und teils lächerliche “Slogans” (“Zwei gehen rein, einer geht raus” oder “Brich den Vertrag und du drehst am Rad”). Wirklich in den Sand gesetzt wird der Film aber erst ab dem Zeitpunkt, wo Max auf die Kinder stößt, von ihnen gerettet wird und dann sogar dazu bereit ist, bei ihnen zu bleiben und es sich in der kleinen Oase gut gehen zu lassen und “ein schönes Leben” zu haben.
I’m the guy who carries Mr. Dead in his pocket.
Das große Problem mit Fortsetzungen, was George Miller mit Mad Max – Der Vollstrecker nicht nur umgangen, sondern ihm damit sogar eine Steigerung gelungen ist, schlägt im dritten Teil dafür umso härter zu. Was auf den ersten Blick womöglich noch als selbstironisches und -referenzielles Augenzwinkern verstanden werden kann (aber mit beiden Augen zudrücken), offenbart sich bald als simple Ideen- und Lustlosigkeit seitens der Filmemacher (George Miller drehte nicht den kompletten Film, sondern nur die Actionsequenzen und sein Freund George Ogilvie filmte den Rest). Ein konfuses, oberflächliches Machwerk, das selbst während seinen actionreicheren Momenten nicht für Spannung sorgen kann. Und warum?
Die Figuren sind schlichtweg nicht mehr glaubwürdig. Stattdessen sind sie zu absurden Karikaturen verkommen, keine Charakterzeichnung ist vorhanden, sondern bloße Schablonen. Nichts an Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel lässt sich ernst nehmen. Von den Figuren, über den Handlungsverlauf bis hin zu den Dialogen. Alles gleitet ins lächerliche, stellenweise sogar peinliche ab. Statt das Gefühl zu bekommen einen wahren Mad Max-Film zu sehen, kommt es einem eher wie eine billige Walt Disney/Peter Pan-Kopie vor. Was vielleicht auch mit dem Umstand zu tun hat, dass der Film ursprünglich gar keine Mad Max-Geschichte erzählen hätte sollen, sondern eine post-apokalyptische Herr der Fliegen-Version werden sollte. “Mad” Max wurde erst später in die Handlung geschrieben, genau so wie Bartertown, die Donnerkuppel und Aunty Entity.
Call it what you like. It still smells like shit to me!
Was nach diesem enttäuschend schlechten (für lange Zeit finalen) Mad Max-Teil bleibt, ist die Hoffnung, dass die Differenzen zwischen dem dritten Teil und seinen beiden Vorgängern so gravierend und offensichtlich sind, dass sich Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel, trotz seiner Namensähnlichkeit, in keiner Sekunde anfühlt wie ein wirklicher, ernstgemeinter Eintrag in diese beliebte Filmreihe rund um seinen ikonischen, mythischen Helden. Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel kann nicht nur, sondern sollte auch getrost ignoriert werden und man kann von Glück reden (bzw. ist es auch ein deutliches Indiz für die Brillanz von Mad Max und Mad Max II – Der Vollstrecker), dass es selbst einem so enttäuschend schlechten Machwerk wie diesem dritten Teil nicht gelungen ist, die Qualität und Bedeutung der Vorgänger zu untergraben und zu beschädigen. Und Mad Max: Fury Road macht vieles davon wieder gut (und spielt trotzdem überraschender- und mutigerweise auch auf den schwächsten Teil der Reihe an).
Regie: George Miller, George Ogilvie, Drehbuch: Terry Hayes, George Miller
Darsteller: Mel Gibson, Tina Turner, Bruce Spence, Frank Thring
Filmlänge: 107 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 07.06.2013