Macht nix

Macht nix Wahlumfragen und Deutschlandtrends muss man nicht immer glauben. Tun Sigmar Gabriel und die SPD auch nicht. Nur nicht aus der Ruhe bringen lassen. Zwar sieht es so aus, als würde man bei der nächsten Bundestagswahl einen historischen Tiefstwert einfahren, aber über den Kurs und den Kursleiter wird weiterhin nicht debattiert. Man ist zufrieden mit dem, was man erreichen kann und fegt Personalien unter den Teppich, hält fest an der Agenda der Stunde und an der von 2010, die schon vor dieser Jahreszahl thematisch falsch war. Manche sagen, der Parteivorsitzende mache das aus Machtversessenheit. Aber ist das ein Blick auf die Macht, wenn man kontinuierlich der kleine Terrier einer Bundeskanzlerin bleiben will, selbst wenn diese taumelt? Der Mann ist nicht geil auf die Macht, sondern auf die Machtlosigkeit seiner Partei.

Darum geht es ihm doch letztlich. Er hat sich verstiegen in der Ansicht, dass er persönlich nur wen darstellen kann, wenn seine Partei eine machtlose Splittergruppe bleibt. Wäre der Mann wirklich machtgeil, wie man ihm das zuweilen unterstellt, müsste er den müden Haufen ganz anders anpacken, ihn wecken aus diesem neoliberalen Halbschlaf. Er müsste die Richtung ändern, weg von Freihandelsabkommen rücken, faulen Asylpaketen einen Laufpass erteilen, die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik radikal umkehren und dem großen Geld und den noch größeren Steuerbetrügern klare Schranken aufzeigen. Kurz, Gabriel müsste dann das werden, was seine Partei namentlich vorgibt zu sein: Sozialdemokratisch. So gäbe es Aussichten auf die Macht, auf eine Regierung ohne Union, auf eine linke Alternative in Zeiten des Rechtsruckes. Aber er will ja viel zu gerne bloß Koalitionspartner ohne nennenswerte Machtperspektiven bleiben.
Mit dieser Umkehr könnte er nebenbei Wählerstimmen abfangen, die heute in Alternativen für Deutschland Hoffnungen investieren. Hoffnungen freilich, die sich bereits a priori zerschlagen und damit nichts als verlorene Anteile der Partizipation sind, weggeworfene Stimmen für eine weggeworfene Demokratie. Wäre dieser Mann am Ruder wirklich ein machtveressener Kapitän, wäre er dem Willen zur Macht verfallen, dann müsste er gegenteilig handeln. Nicht so, wie er es jetzt tut. Denn wie es jetzt läuft, gefällt er sich ganz gut in der Rolle seiner Machtlosigkeit, in der er ein bequemes Nischendasein im Merkelismus fristen darf. Ohne große Macht zwar, aber dafür ausgestattet mit einem Posten, Einladungen zu Feierlichkeiten und regelmäßigen Berichten in der Presse; außerdem hofiert von denen, die für ein Freihandelsabkommen richtig was springen lassen.
Nein, mit Macht hat das nichts zu tun. Nur mit seinem Gegenteil. Macht nichts! Braucht er nicht. Will er nicht. Nicht, dass er ohnmächtig wäre. So stellt er es freilich oft dar. Aber das wäre dieser Parteivorsitzende durchaus nicht, wenn er es anders wollte. Er könnte sich ja aufrappeln, wird nicht durch eine fremde Kraft am Boden gehalten. Er ist eher so wie einer, der pathologisch darauf abzielt, seine eigene Machtlosigkeit den anderen zur Schau zu tragen und in diesem Wissen brilliert, weil er mag, wenn seine masochistische Ader zur Kenntnis genommen wird. Und je öfter die anderen sagen, dass er mal die Arschbacken zusammenkneifen soll und es in der Hand hätte, desto sturer bleibt er ein machtloser Kerl, der sich in seiner Rolle sonnt und daraus eine Befriedigung filtert.

Sigmar Gabriel ist nicht die voluminöse Ausformung dessen, was man den Willen zur Macht nennen könnte. Der Psychotherapeut Alfred Adler meinte mal, dass der Wille zur Macht eine Überkompensation des Minderwertigkeitsgefühls sei. Insofern muss man Gabriel attestieren, dass er so ein Gefühl nicht kennt, er ist sich seines Selbstwertes bewusst, braucht keine Machtallüren. Oder er kompensiert es anders, indem er politisch machtlos bleibt und wirtschaftlich mächtig. Auch so kann man ja seinen Selbstwert bestimmen und sich honorieren lassen. Das Primat der Politik ist eben aus der Mode, dort gibt man sich schnell Machtlosigkeiten hin, nennt sie dann aber Ohnmacht, obgleich man sich ja tatsächlich auf die Beine stellen könnte, wenn man nur möchte. Aber da Macht heute Geld und ein Aufsichtsratposten ist, scheint der Wille zur Macht in die Privatwirtschaft und ihre Denkfabriken abgewandert zu sein.
Politisch betrachtet ist der Parteivorsitzende der deutschen Sozialdemokratie aber kein machtversessener Typ, nur weil er an seinem Stuhl klebt, obwohl die Aussichten auf einen Aufschwung an den Urnen so unrealistisch sind, wie die Einführung eines Winterdienstes und der Kauf von Streufahrzeugen in Kinshasa. Dort sitzt er in all seiner gewollten Machtlosigkeit. Es macht ihm nix. Er will keine politische Verantwortung, keine politische Macht, keine potentia. Seine Potenz ist, dass er bei der Wirtschaft was gilt und sie ihn um sich kümmert. Es ist geil auf seine Machtlosigkeit, mit der lebt er ganz gut.

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