Mach es doch wie die Kastanie!


Mach es doch wie die Kastanie!

Quelle: Helmut Mühlbacher


Ihr Lieben,
heute möchte ich Euch eine Geschichte von Ursula Möltnererzählen:
 
„Die drei Kastanien“

„Drei Kastanien wuchsen gemeinsam in ihrer Hülle auf einem Baum in der Bretagne.
Zuerst war die grüße Stachelkugel so winzig, dass man sie kaum sah.
Die Sonne beschien sie, der Wind wiegte sie und wenn es stürmisch war, hörten die kleinen Kastanien das Donnern der Wellen gegen die Dünen, denn ihr Baum wuchs im Wald an der Küste. Angst hatten sie keine, denn in ihrem Stübchen war es behaglich und warm, außerdem waren sie ja zu dritt. 

Mach es doch wie die Kastanie!

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Zu essen hatten sie immer genug, denn der gute Baum versorgte sie kräftig mit Saft, den die Blätter auf dem Sonnenlicht und dem Wasser für die kleinen Kastanien stets frisch zubereiteten. Das schmeckte köstlich. So mussten sie sich um nichts sorgen und führten ein glückliches Leben.
Langeweile kannten sie nicht. Der Wind und die Vögel erzählten ihnen viele Geschichten vom Meer, von anderen Tieren und vom Wald. So lebten die Kastanien glücklich und zufrieden, wurden größer, rund, prall und tiefrot.
Endlich, als sie dick und schwer geworden waren, kamen die Herbststürme und rissen ihre grüne Stachelkugel vom Baum. Sie prallte auf die Erde und platzte auf. Ganz verdutzt kullerten die drei Kastanien aus ihrem Stübchen und sahen sich um. Sie lagen zusammen mit vielen anderen Kastanien auf dem Waldboden, umgeben von gelben Kastanienblättern.
„Und jetzt, was wird nun aus uns?“, fragten sie neugierig.
Da trippelte ein kleines Feldmäuschen herbei und sagte: „Meine Kinder und ich haben Hunger. Bald kommt der Winter und nichts wächst mehr. Wir brauchen Euch, um nicht zu verhungern. Darf ich eine von Euch vor mein Mauseloch rollen, damit meine Kinder etwas zu essen haben?“

„Ja,“, sagte gutmütig die dickste von ihnen, „nimm mich mit. Mein ganzes Leben hat der gute Baum mich ernährt, die Sonne mich beschienen und Wind und Blätter haben mir Geschichten erzählt. Nimm mich ruhig mit, Deine Kinder sollen nicht weinen vor Hunger.“
Da rollte das Mäuschen die dicke Kastanie vor das Mauseloch.

„Ob auch zu uns ein Mäuslein kommt?“, fragten sich die beiden anderen Kastanien.
Da krabbelte ein Marienkäfer durch das Laub auf der Suche nach einem warmen Plätzchen für den Winter. Das leere Stachelstübchen der Kastanien kam ihm gerade recht.

Während er es sich gemütlich machte, sagte er zu den beiden:

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„Wartet ab, seht mal, jetzt kommt der Winter. Die guten Blätter, die Euch den ganzen Sommer über genährt haben, fallen ab und decken Euch warm zu, damit ihr nicht friert. So schlaft ihr sanft ein unter der dicken Blätterdecke. Im Frühjahr werden Euch die warmen Sonnenstrahlen wecken, Eure schöne, rotbraune Schale ist dann weich geworden und Euer Herz – die Menschen nennen es „Keim“ – wird wachsen, zwei Blätter gekommen und ein neuer, kleiner Kastanienbaum wird geboren.“

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„Oh, wie schön!“, freute sich die Kastanie. Da fiel wieder ein großes Blatt vom Baum und deckte sie sanft zu. Sie schleif ein und träumte davon, ein großer Baum zu werden, in dem die Vögel nisteten.
Die dritte Kastanie lag nun allein auf dem Waldboden.
„Ob es noch mehr Wunder im Leben gibt, als für eine Mäusefamilie zu sorgen oder ein neuer Baum zu werden?“, dachte sie.
Da kam ich, sammelte sie zusammen mit vielen anderen Kastanien ein, legte sie in mein Auto und fuhr sie viele hundert Kilometer bis hierhin.“ 

Mach es doch wie die Kastanie!

Quelle: Astrid Müller

Ihr Lieben,
als Junge im Alter von 8 Jahren wohnte ich mit meiner Familie mitten in Bremen.
Es war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Meiner Mutter war ich meist lästig und sie wollte nicht, dass ich ihr vor den Füßen herumlief. So hatte ich viel freie Zeit, die ich mit meinen Freunden verbrachte. Wir Jungs und auch die Mädchen waren sehr geschäftstüchtig. Wir suchten ständig nach Möglichkeiten, um einige Pfennige zu verdienen. 

Mach es doch wie die Kastanie!

Werner im Alter von 8 Jahren

Wir suchten in den Trümmergrundstücken (halb Bremen lag damals in Trümmern nach dem Krieg) nach altem Eisen und schleppten es zu dem Schrotthändler Herrn Miesegardes, dessen Name sich mir so eingebrannt hat, dass ich ihn bis heute nicht vergessen hatte. Für das alte Eisen bekamen wir dann einige Pfennige oder einen Groschen.
In der Weihnachtszeit schleppten wir für alte Leute die Tannenbäume nach Hause für 10 Pfennig und im Sommer holten wir für einen Stundenlohn von 25 Pfennig den Leuten in ihren Gärten das Obst von den Bäumen.

Im Herbst haben wir dann meistens Kastanien oder Bucheckern gesammelt und diese dann säckeweise zu jemandem geschleppt, der damit seine Schweine fütterte.
Für das verdiente Geld haben wir uns dann in einem kleinen Laden in unserem Viertel, der den sinnigen Namen „Schokolädchen“ trug, heiß ersehnte Süßigkeiten gekauft und diese dann voller Genuss verzehrt, ja, fast möchte ich sagen, verschlungen.

Mach es doch wie die Kastanie!

So ähnlich sah das Lädchen damals aus
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Von daher verbinde ich noch heute schöne Erinnerungen mit Kastanien und auch heute nehme ich im Herbst immer einige mit nach Haus.
Die Kastanien sind ein gutes Sinnbild für unser Leben.Ebenso wie die Kastanien müssen wir zunächst heranwachsen und reifen, bevor deutlich wird, was unsere Aufgabe ist.
Wir können den Sinn unseres Lebens wie die erste Kastanie darin finden, für andere Menschen da zu sein, anderen Menschen Freude zu machen, anderen Menschen das Leben zu verschönern, andere Menschen zu ermutigen.
Wir können den Sinn unseres Lebens wie die zweite Kastanie darin finden, ein neuer Kastanienbaum zu werden. Wir können vor allem jungen Menschen als starker Baum eine Möglichkeit bieten, sich anlehnen zu können, Schutz finden zu können, wenn sie unsere Hilfe brauchen, sich unter unserem Schutz entwickeln zu können zu eigenständigen starken Persönlichkeiten.
Wir können den Sinn unseres Lebens aber wie die dritte Kastanie darin finden, den Menschen, mit denen wir zusammenleben und denen wir begegnen, zu zeigen, wie vielfältige Möglichkeit das Leben bereit hält. Denn, wenn wir Kastanien so gerne mit nach Hause nehmen, dann hat das mit dem in uns tief verwurzelten inneren Wissen zu tun, was man mit einer Kastanie alles machen kann:
Man kann mit ihr spielen, man kann mit ihr basteln, man kann sie essen, man kann sie einpflanzen, man kann sie an das eigene Ohr halten und dann erzählt sie uns ihre Geschichte: von dem wundervollen Baum, auf dem sie groß geworden ist, von ihren Schwestern, von dem Wald, in dem sie wohnte…
 
So können wir den Menschen zeigen, welch vielfältige Möglichkeiten das Leben für sie bereit hält.
Die Kastanie weist uns aber auch auf die vielfältigen Möglichkeiten hin, die in uns stecken.
Viele Menschen wissen oft in ihrem Leben nicht mehr weiter, wenn sie ein Ziel, dass sie anstreben, nicht erreichen können, wenn ihnen der Weg versperrt ist.
Mach es doch wie die Kastanie!
In einem solchen Fall möchte uns die Kastanie zurufen:
Halte inne, es gibt keinen Grund, traurig oder deprimiert zu sein. Komm zur Ruhe, hör in Dich hinein und entdecke, welch vielfältige Möglichkeiten in Dir stecken. Du glaubst vielleicht, dass, wenn ein Weg versperrt ist, dass dann „alles“ aus ist. Die Wahrheit ist aber eine ganz andere: Wenn Du erkennst, dass ein Weg versperrt ist, dann ist die richtige Reaktion darauf nicht, zu sagen: „Das Leben ist ungerecht und ich habe kein Glück“, sondern zu sagen: „Ok, dieser Weg, den ich gehen wollte ist versperrt, also werde ich schauen, welche anderen Wege gangbar sind.“ Wenn Du das tust, wirst Du das große Geheimnis eines mutigen Lebens entdecken:
„Wo sich ein Weg verschließt, da öffnen sich in der Regel zwei neue Wege!“

Ich wünsche Euch für das Neue Jahr viel Mut zu Neuem, viel Hoffnung auf Veränderung, viel Zuversicht auf neuen Wegen, viel Kraft auf Eurem Weg und ganz liebe Menschen an Eure Seite
Euer fröhlicher Werner

Mach es doch wie die Kastanie!

Quelle: Karin Heringshausen



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