M. Night Shyamalan kehrt mit SPLIT zu seinen Mystery-Wurzeln zurück

Es gibt Filme über die man nicht viele Worte verlieren sollte. Filme, die mit Plot-Twists daher kommen oder enden, wie wir es niemals hätten voraus ahnen können. The Sixth Sense von Regisseur M. Night Shyamalan funktioniert so. Keine Sorge, auch wenn der Film bereits 1999 erschienen ist, soll hier nicht verraten werden, weshalb man die Geistergeschichte unbedingt noch ein zweites Mal ansehen sollte. Allerdings folgten schon mit Signs in 2002 die ersten Unstimmigkeiten unter Shyamalan-Fans. Es gab zwar den Twist, aber dieser wirkte nur noch wenig überzeugend. Dann kam der Absturz mit Die Legende von Aang und After Earth. Twists ade, Shyamalan ade. Der einst so großartige Mystery-Regisseur war nur noch ein Schatten seiner selbst. Aber 2015 inszenierte er mit The Visit einen durchaus atmosphärischen Horrorfilm. Jetzt legt er mit Split so richtig nach.

Die Gemeinsamkeiten? Beide Filme wurden von Jason Blum und seiner Horror-Produktionsfirma Blumhouse produziert. Hier versammeln sich zahlreiche erfolgreiche (nicht unbedingt gleichermaßen unterhaltsame) Franchises: Insidious, Ouija, The Purge, Sinister und Paranormal Activity. Aber noch viel wichtiger ist, dass sowohl The Visit, aber vor allem Split wieder diese großartigen, unvorhersehbaren Twists à la Shyamalan parat halten.

Bei Split funktioniert das so gut, dass man am Ende aus dem Kino kommt und ein dringliches Rede-Bedürfnis verspürt. Er ist so gut, dass er eine ganze Filmwelt erklärt, nachdem wir in sie eingetaucht wurden. Er ist so gut, dass wir auf der Stelle mehr sehen wollen.

M. Night Shyamalan kehrt mit SPLIT zu seinen Mystery-Wurzeln zurück

Split

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James McAvoy mit Anya Taylor-Joy. Im Hintergrund Haley Lu Richardson und Jessica Sula

In Split werden wir Zeuge, wie drei Teenagerinnen gekidnappt werden und sich orientierungslos eingesperrt irgendwo im Nirgendwo wiederfinden. Während Claire (Haley Lu Richardson) und Marcia (Jessica Sula) durchdrehen, bewahrt Casey (Anya Taylor-Joy) erst einmal die Ruhe. Aber das fällt auch ihr schwer, als sie ihren Entführer (James McAvoy) kennenlernen. In ihm versammeln sich 23 verschiedene Persönlichkeiten, von denen die Bösartigsten die Kontrolle übernehmen wollen, während sie von einer unheilvollen 24. Identität sprechen, die kommen wird, um die Mädchen zu holen.

Der Film lebt von James McAvoy. Er muss zwar nicht alle 24 Identitäten spielen – von manchen hört man nur in Erzählungen – aber er deckt eine breite Palette an unterschiedlichsten Charakteren ab. Diese unterscheiden sich vom kleinen Kind über eine Frau, zu einem homosexuellen Stereotyp bis hin zu einem Intellektuellen.

Zugleich schafft es McAvoy aber auch, seine Figur immer etwas abseits der gesellschaftlichen Normalität zu spielen. Egal mit welcher Figur wir es zu tun haben, sie wirkt immer ein wenig verrückt. McAvoy spielt absolut schizophren. Das zeigt sich am deutlichsten, wenn er seinen sehr eindringlichen Tanz aufführt, mit dem er Casey beeindrucken will. Der Tanz erinnert an eine Person, die zuerst stirbt und dann als Zombie wieder aufersteht. So verrückt das klingt, so absurd sieht es aus.

Dem Film gelingt es allerdings ebenso, das herkömmliche Horrorfilm-Muster zu brechen, bei dem es entweder einen großartigen Schurken gibt, aber nur eine Reihe von belanglos spielenden Darstellern (meist Darstellerinnen). Oder aber wir bekommen eine starke Hauptdarstellerin (selten einen Darsteller), die es aber mit einem eher langweiligen Schurken zu tun bekommt. In Split liefert uns Shyamalan einen hervorragenden Schurken und eine ebenbürtige Hauptdarstellerin. 

Sowohl James McAvoy in seinen multiplen Persönlichkeiten, als auch Anya Taylor-Joy als Casey spielen sich wunderbar durch diesen Mystery-Thriller. Taylor-Joy nutzt die Kraft ihres Otherworldly-Looks, der ihr schon starke Rollen in Filmen wie The Witch oder Das Morgan Projekt beschert hat, um unsere Aufmerksamkeit immer auf sie zu lenken, wenn der Film es benötigt.

M. Night Shyamalan kehrt mit SPLIT zu seinen Mystery-Wurzeln zurück

Split

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Anya Taylor-Joy in „Split“

Ebenso wie in der Figur von McAvoy mehr steckt als wir zuerst erfahren, hat auch Casey ihre Geheimnisse, die der Film nicht sofort entblößen möchte. Überhaupt ist Split oder Regisseur Shyamalan überaus mutig, wenn er uns als Zuschauer manches Mal keine Erklärungen liefert, sondern sich darauf verlässt, dass wir imstande sind, manche Lücke mit unserer Vorstellungskraft zu füllen.

So nimmt der Film mehrere Handlungsstränge auf – die Entführung, James McAvoy mit Betty Buckley als dessen Psychiaterin Dr. Fletcher, Flashbacks in Caseys Kindheit – führt aber nicht unbedingt all diese Erzählungen zu einem Ende. Aber das muss auch gar nicht passieren. Denn auch im wirklichen Leben gibt es bekanntlich nicht aus jeder unschönen Situation einen zufriedenstellenden Ausweg.

Und betrachten wir Split dann auch noch als Genrefilm des Horrors, bekommen wir ebenso einen wunderbaren Schocker geliefert. Es gibt dunkle, dreckige, unheimliche Settings. Es wird mit Spannung erzählt und ganz ohne Jump Scares Gänsehaut erzeugt. Shyamalan versteht es, die Bedrohlichkeit und Absurdität der Situation auszunutzen und muss nicht auf allzu viele Genre-Stereotype zurückgreifen.

Und dann kommen wir irgendwann am Ende der Geschichte an, nur um dann noch einmal mitten ins Gesicht geboxt zu werden. M. Night Shyamalan liefert ein Ende ab, von dem man nicht geglaubt hätte, dass es in der heutigen Zeit – jeder berichtet über alles – noch so geheim gehalten werden könnte, dass wir es wirklich nicht haben kommen sehen.


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