Luxemburg-Leaks: “geheime Absprachen mit staatlichen Stellen”

Von Hartstein

„Auf dem Weg zur Steuergerechtigkeit“.

Wie Dokumente belegen, die am Donnerstag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, haben hunderte Konzerne in Luxemburg dank geheimer Absprachen mit staatlichen Stellen Steuern in Milliardenhöhe am Fiskus vorbei jongliert.

Insgesamt 340 Firmen und Konzerne konnten demnach durch Geheimabsprachen ihr Steueraufkommen drastisch reduzieren. Darunter Amazon, die Deutsche Bank, Eon, Pepsi, FedEx und der US-Versicherungskonzern AIG. Obwohl sie ihr Hauptgeschäft in anderen Ländern hatten, gründeten sie im Großherzogtum Luxemburg Niederlassungen, wohin sie dann ihre im Ausland erwirtschafteten Gewinne verschoben. Praktisch handelt es sich bei einem Großteil der Niederlassungen um Briefkastenfirmen – so haben alleine 1 600 Firmen ihren Sitz an derselben Adresse, der „Rue Guillaume Kroll No.5“. Durch kreative Ausnutzung der Lücken in der internationalen Gesetzgebung sowie der Anpassung der luxemburgischen Gesetze im Sinne der Steuervermeidung konnten hunderte Milliarden Euro durch das kleine Land und am Fiskus der Nachbarn vorbei geschleust werden. Viele der beteiligten Konzerne kamen so auf legale Weise auf eine effektive Steuerrate von weniger als einem Prozent – in Luxemburg beträgt die Unternehmenssteuer offiziell 29 Prozent.

Eingefädelt wurden die Geheimdeals zwischen Staat und Wirtschaft von Spezialisten der Beraterfirma PricewaterhouseCoopers (PwC), die auch die meisten der geleakten Dokumente verfasst haben. Es handelt sich dabei vor allem um sogenannten Advance Tax Agreements, in denen im Voraus eine bestimmte steuerliche Behandlung zugesichert wird. Nachvollziehen lässt sich nun, wie die Experten der Beraterfirma die Konzerne anhielten, Schwestergesellschaften zu gründen, um so durch das hin- und herschieben des Vermögens Konzerngewinne als Verluste bilanzieren zu können, die dann steuerfrei sind.

Die PwC-Berater „nutzen jede Lücke in der internationalen Steuergesetzgebung und bauen so die Offshore-Konstrukte für ihre Kunden. Diese besprechen sie wenn nötig mit den Luxemburger Steuerbeamten. Am Ende schicken sie einen Antrag an die zuständige Behörde – der staatliche Stempel sichert dem Konzern dann zu, dass sein Steuersparkonstrukt als legal anerkannt wird“, fasst die Süddeutsche Zeitung zusammen. (2) In einem firmen-internen PwC-Papier wird das Großherzogtum als Ort mit „flexiblen Behörden“ beschrieben, die „leicht kontaktierbar“ und „dialogbereit“ seien. (3)

Chef der EU und Diener des Kapitals

Durch die Veröffentlichung der Geheimdokumente gerät vor allem ein Mann unter Druck, der laut Süddeutscher Zeitung „als Co-Architekt des Luxemburger Systems gelten kann“: Der frisch zum EU-Kommissionschef gekürte Jean-Claude Juncker. „Jener Juncker, der 24 Jahre lang, zuerst als Finanzminister, dann in Personalunion als Premierminister Luxemburgs und Vorsitzender der einflussreichen Euro-Gruppe, europäische Steuer- und Unternehmensgesetze beschließen und im eigenen Land derart kreativ hat auslegen lassen, dass die Wettbewerbsabteilung der EU-Kommission wegen absehbaren Schadens an ihrer Glaubwürdigkeit nicht mehr anders konnte, als gegen Luxemburg wegen des Verdachts auf Verletzung europäischen Beihilferechts vorzugehen.“ (4)

Möglich gemacht wurde der legale Schwindel durch ein Gesetz, das Jean-Claude Juncker 2007 unterzeichnete. Die Ermittlungen der EU-Kommission müssten sich demnach auch gegen den Mann richten, der nun an ihrer Spitze steht. Auf einer Pressekonferenz vor zwei Wochen wurde Juncker gefragt, ob er denn als EU-Kommissionspräsident im Fall der Ermittlungen gegen das „Steuerparadies Luxemburg“ nun gegen sich selbst ermitteln müsse. Seine Antwort: „Erst einmal glaube ich nicht, dass die Kommission ein Ermittlungsverfahren gegen das Steuerparadies Luxemburg eingeleitet hat, sondern gegen Luxemburg. Ich bitte Sie also um eine etwas präzisere Wortwahl. Zweitens: Juncker ermittelt nicht gegen Juncker.“ Er werde „keinen Einfluss auf die Geschehnisse“ nehmen und sein Amt „nicht missbrauchen, um in Sachen und in Richtung Luxemburg die Kommissare anders entscheiden zu lassen als sie in ähnlich gelagerten Fällen entscheiden würden.“

Während seiner Amtszeit als Finanz- und Premierminister des Großherzogtums erwies sich Juncker stets als treuer Interessenverwalter des Großkapitals. Unter seiner Regie stieg der Wirtschaftszwerg zu einer Finanzgroßmacht auf: Die in Luxemburg verwaltete Vermögenssumme beträgt heute drei Billionen Euro. Damit ist es nach den USA das weltweit größte Investment-Zentrum…“

Quelle und gesamter Text: http://www.hintergrund.de/201411063309/wirtschaft/finanzwelt/luxemburg-leaks-auf-dem-weg-zur-steuergerechtigkeit.html