Ein Beitrag von Nicole Kamphausen
Norwegischer Lundehund - FCI Gruppe 5, Section 2, 265 - Der Name 'Lundehund' leitet sich ab von dem Lundevogel (Fatercula arctica-artica). Er gilt als eine der Welt seltensten Hunderassen. Der Grund hierfür ist nicht nur in der weltweit geringen Population zu sehen, sondern insbesondere in der Tatsache, dass sich eine Anzahl seltener anatomischer Besonderheiten in derselben Rasse vereinigen. Einige dieser Merkmale finden sich bei anderen Hundeformen nur sporadisch. An jedem Fuß sind vornehmlich sechs Zehen ausgebildet, wobei oft eine siebente Zehe im Ansatz vorkommt. Er kann die Ohren so verschließen, dass der Gehörgang vor Staub und Feuchtigkeit geschützt ist; er hat Genickgelenke, die ihn in die Lage versetzen, seinen Kopf zurückzubeugen, so dass der Scheitel den Rücken berührt. Dies hat sich evolutionär deshalb so in der Wirbelsäule entwickelt, weil es für den hochspezialisierten Hund dann praktisch und lebensrettend sein kann, wenn er sich auf der Jagd in engen Erdgängen mit der Beute im Maul umdrehen muss. Darüber hinaus verfügt er über außergewöhnlich bewegliche Schultergelenke, die ihm ermöglichen, die Vorderbeine vollkommen zur Seite zu führen.
Der Lunde
Der Lundevogel (auch Papageientaucher genannt) wird gewöhnlich im August für zwei bis drei Wochen nachts bejagt. Da der Lundevogel es liebt, seine Nesthöhlengänge in steile Klippenabhänge zu graben, ist er für den Menschen unerreichbar. Der Lundehund aber bewegt sich dank seiner angepassten Füße sicher in dem unwegsamen Gelände. Er fängt den Lundevogel in diesen Steilhangnestern lebend und apportiert ihn so zum Jäger, der ihn dann auf traditionelle Art tötet.
Neben Fisch war der Lunde nicht nur abwechselungsreiche Delikatesse, sondern auch eine unverzichtbare Eiweiß-Zufuhr für die Ernährung der darbenden Inselbewohner. Der volkstümliche Pfarrer Petter Dass prägte das Wort: „Der Lunde schmeckt wie alles andere nach Fisch, da der Lunde vom Fisch lebt“. Die weitgehend mittellosen Insulaner waren angewiesen auf die begehrten 'Lunde-Daunen'. Diese boten der Inselbevölkerung ein wesentliches Zubrot zu dem Einkommen aus Fischerei und Bewirtschaftung des kargen Bodens. Der Lundehund stellte daher einen beträchtlichen Wert als Wirtschaftsfaktor da. Die meisten Bauern hielten sich zwischen 12-14, mitunter sogar 20 solcher Vogelhunde. Die Vogeljagd brachte dem Bauern weit mehr ein als seine Landwirtschaftseinkünfte. Darum kam es oft zu Streitigkeiten wegen der Anzahl der Hunde. Jeder beobachtete jeden sorgsam, denn: „Kein Bauer durfte mehr Lundehunde besitzen als sein Nachbar!" Auf der Vogelinsel (Flugløya) in Gildeskal bedeutete ein guter Lundehund genauso viel wie eine Kuh. Es wurde sprichwörtlich, dass in Måstad mit einem „Hundeleben“ nichts mehr zu vergleichen sei.
Vornehmlich gingen die Frauen und die halbwüchsigen Jungen und die Mägde mit den Hunden auf die Jagd. Da die Hunde das Jagen sehr selbständig durchführen, konnte sich regelmäßig ein nächtliches Plauderstündchen mit Kaffee-Kessel beim Schein der Mitternachtssonne entwickeln. Dies ist ein nicht zu vernachlässigender Gemeinschaft stiftender Faktor für eine kleine Not- und Trutzgemeinde. Ein Hund galt als gut, wenn er in einer Nacht 30 Vögel fing. Deshalb war ein Jäger darauf angewiesen, 2 bis 3 Hunde zu führen. Dann konnte die für einen Mann noch tragbare Last von 80-90 Vögeln erreicht werden.Überdurchschnittliche Hunde fingen sogar auf einem Jagdgang 80 Vögel. Verbürgt ist auch eine Einzelleistung von 130 Stück.
Eine außergewöhnliche Pfote
Die Pfote des Lundehundes weist fünf voll entwickelte dreigliedrige Zehen auf. Hinzu kommt eine zweigliedrige Zehe – entsprechend dem menschlichen Daumen. Dies ist auf einem Röntgenbild deutlich zu sehen. Zu diesen überzähligen Zehen gibt es Beuge- und Streckmuskeln, die fast den Muskeln im menschlichen Daumen entsprechen. Alle anderen Hunderassen verfügen über nur vier Zehen und die zugehörige Muskulatur.Der Lundehund hat acht Tretpolster (Ballen) an jedem Vorderfuß sowie sieben an jedem Hinterfuß. Hier hat das große Tretpolster eine ganz andere Form.
Die Ohren können aktiv geschlossen werden.
In Normalstellung stehen die Ohren gerade aufrecht. Der Lundehund ist aber in der Lage, seine Ohren selbstbestimmt nach vorn oder nach hinten zu schließen. Dies dient dazu, das Innenohr in den Nestgängen der Vögel vor Staub und draußen an den Felsenklippen vor Gischtwasser zu schützen. In dieser Stellung ist nur ein kleiner Trichter ganz außen am Ohr geöffnet. So kann der Lundehund dennoch die Laute der bejagten Vögel wahrnehmen.Die Rute dient der Kommunikation.
In unterschiedlichen Stellungen gehalten, macht er auf die augenblickliche Verfassung des Hundes aufmerksam. Während des Spiels und der Ruhe ist die Rute leicht aufgerollt. Wenn der Hund angespannt ist oder läuft, hängt sie in einem konvexen Bogen herab; bei schnellem Lauf ist sie nach hinten gerichtet. Wenn der Hund unsicher ist, neigt sich die Rute ganz herab und verbirgt sich zwischen den Hinterläufen.
Große Gewandtheit
Der Lundehund beeindruckt durch seine genetisch angeborene Fähigkeit, sich in Geröll, Fels und Steilhängen traumwandlerisch sicher zu Recht zu finden. Dabei kommen ihm nicht nur seine speziell angepassten Pfoten, sondern auch die außergewöhnliche Beweglichkeit seiner Schultern und seines Genick-Gelenkes zu Hilfe. Nimmt man den Hund bei den Vorderbeinen, kann man sie senkrecht nach oben oder waagerecht zur Seite führen, ohne dass der Hund deswegen Unbehagen zeigt. Das Genickgelenk ist bauartlich in der Lage, dem Hund zu ermöglichen, den Kopf so weit nach hinten zu beugen, dass der Scheitel den Rücken berührt. Dies befähigt den Hund, sich auf der Jagd in einem engen Erdgang wieder zurück zu wenden. Ansonsten bestände die Gefahr, stecken zu bleiben und dort zu verenden. Bekanntlich muss mancher Jäger seinen erfahrenen Teckel gelegentlich aus einem Fuchs- oder Dachsbau wieder ausgraben. Der Lundehund hingegen ist vollkommen auf seine Umgebung und Lebensgewohnheiten angepasst. Bei anderen Säugetieren ist eigentlich nur das Rentier in der Lage, seinen Kopf so weit zurück zu dehnen. Der heutige Lundehund hat denselben Kiefer wie der „Varangerhund“, den man 5000 Jahre zurück datiert. Diese beiden Hunde haben im Vergleich zu anderen Hunden in jeder Kieferhälfte einen Zahn weniger.
Im 15. Jahrhundert
Im Januar 1432 traf ein Fischer aus Røst mit seinen beiden Söhnen auf der Insel Sandø überraschend auf kleine dunkelhaarige Männer, die eine unbekannte Sprache sprachen. Es handelte sich um den Italiener Piero Overini mit seiner Mannschaft, die ein Jahr zuvor dort mit ihrem Schiff gestrandet waren. Røst besteht aus 365 Inselchen. Overini schrieb später ein bedeutungsvolles Buch über seine Begegnung mit den Nordland-Fischern. Dies bewegte den Italiener Francesco Negri 1664 zu einem einjährigen Aufenthalt auf den Lofoten, wo er die Lundejagd in der Finmark beschrieb. Er berichtete wie Schønnebøl (1591), ohne es selbst zu erleben, von der Jagd auf den Lunde mit Hilfe des Lundehundes.Der Bischof von Bergen, Erik Pontoppidan, schrieb 1753 über die Hunde des Landes in „Det første forsøg på Norges naturlige Historie“ (Der erste Versuch Norwegens Naturgeschichte zu beschreiben).
Der Hundeenthusiast Sigurd Skaun war der erste, der den Lundehund für die Außenwelt „entdeckte“. Schriften aus dem 15. Jahrhundert berichteten von Hunden auf der Insel Vaerøy und Lovunden, die zum Lundefang verwendet wurden. Nach einer Reise auf die Insel Bodøbeschrieb er 1925 die Rasse in der Zeitschrift der norwegischen Jäger- und Fischereivereinigung in dem Artikel: “Eine norwegische Vogelhunderasse, die in Vergessenheit gerät“. 1937 las Eleanor Christie den Artikel und beschloss, diese Hunderasse näher kennen zu lernen. Bei Monrad Mikalsen in Måstad fand sie schließlich noch eine Population von 50 reinrassigen Lundehunden. Die Abgeschlossenheit der Inseln nach Außen war wohl auch die Ursache für die genetische Einzigartigkeit des Lundehundes. Monrad Mikalsen beschaffte Eleanor Christie 4 große Welpen, die alle gegen Hundekrankheiten geimpft wurden. Es waren die Hündinnen „Hild“, „Lucy“, „Urd“ sowie der Rüde „Ask“, die Frau Christie im Februar 1939 bekam. Der Bestand erreichte 1943 noch 60 Hunde, im gleichen Jahr erkannte der Norwegische Kennel Klub den Lundehund als eigenständige Rasse an. 1942 kam die Staupeepidemie nach Vaerøy. Wegen des Krieges konnte kein Impfstoff beschafft werden und so starben alle Tiere bis auf einen Hund, der aber keine Welpen mehr bekam. Mikalsen verlor 1963 erneut seine Hunde durch die Staupeepidemie. Auf der Insel Vaerøy lebte dann kein reinrassiger Lundehund mehr. Frau Christie sandte Mikalsen sodann per Luftfracht wieder zwei Welpen. Ein netter Zufall brachte es mit sich, dass sie genau an Monrad Mkalsens 75. Geburtstag eintrafen. Erfreut meldete er sich und rief ins Telefon: „Sie liegen bei Katrine im Bett!“ Der Norwegische Lundehund Club wurde 1962 gegründet, mit dem Ziel, die Rasse zu erhalten und zu veredeln.
Besonderheiten und Wesen des Lundehundes auf einen Blick
Der Lundehund ist ein lebhafter, verspielter, menschenfreundlicher, aufgeweckter, kluger und sehr charmanter kleiner Hund mit eigenem Kopf. Seinen Bezugspersonen gegenüber loyal und anhänglich und niemals aggressiv. In Norwegen ist der Lundehund als Familienhund sehr beliebt. Er gilt als sauber wie eine Katze und verbringt viel Zeit damit, sich zu putzen.
Leider ist er eine wenig fruchtbare Rasse. Dies dürfte auch auf die genetische Anpassung an seinen ursprünglich kargen Lebensraum sein, der die Aufzucht von mehr Nachwuchs eigentlich unmöglich machte. Pro Wurf fallen nur 1 - 5 Welpen, vereinzelt wurden 6 Welpen gewölft. Die Lebenserwartung liegt bei circa 12-14 Jahren - wenn er gesund ist. Doch scheint die heutige Zuchtpopulation der Lundehunde stark von zuchtbedingten Erbkrankheiten belastet. Dazu im nächsten Artikel mehr.
Zur Autorin:
Nicole Kamphausen hält seit 2001 Lundehunde. Sie war von 2006 - 2008 Kassiererin (Geschäftsführender Vorstand) im DCNH der dem VDH untersteht. Sie engagiert sich für eine Wende in der Zucht dieser so besonderen Hunderasse, speziell hinsichtlich des Themas Lundehund-Syndrom.
Norwegischer Lundehund - FCI Gruppe 5, Section 2, 265 - Der Name 'Lundehund' leitet sich ab von dem Lundevogel (Fatercula arctica-artica). Er gilt als eine der Welt seltensten Hunderassen. Der Grund hierfür ist nicht nur in der weltweit geringen Population zu sehen, sondern insbesondere in der Tatsache, dass sich eine Anzahl seltener anatomischer Besonderheiten in derselben Rasse vereinigen. Einige dieser Merkmale finden sich bei anderen Hundeformen nur sporadisch. An jedem Fuß sind vornehmlich sechs Zehen ausgebildet, wobei oft eine siebente Zehe im Ansatz vorkommt. Er kann die Ohren so verschließen, dass der Gehörgang vor Staub und Feuchtigkeit geschützt ist; er hat Genickgelenke, die ihn in die Lage versetzen, seinen Kopf zurückzubeugen, so dass der Scheitel den Rücken berührt. Dies hat sich evolutionär deshalb so in der Wirbelsäule entwickelt, weil es für den hochspezialisierten Hund dann praktisch und lebensrettend sein kann, wenn er sich auf der Jagd in engen Erdgängen mit der Beute im Maul umdrehen muss. Darüber hinaus verfügt er über außergewöhnlich bewegliche Schultergelenke, die ihm ermöglichen, die Vorderbeine vollkommen zur Seite zu führen.
Der Lunde
Der Lundevogel (auch Papageientaucher genannt) wird gewöhnlich im August für zwei bis drei Wochen nachts bejagt. Da der Lundevogel es liebt, seine Nesthöhlengänge in steile Klippenabhänge zu graben, ist er für den Menschen unerreichbar. Der Lundehund aber bewegt sich dank seiner angepassten Füße sicher in dem unwegsamen Gelände. Er fängt den Lundevogel in diesen Steilhangnestern lebend und apportiert ihn so zum Jäger, der ihn dann auf traditionelle Art tötet.
Neben Fisch war der Lunde nicht nur abwechselungsreiche Delikatesse, sondern auch eine unverzichtbare Eiweiß-Zufuhr für die Ernährung der darbenden Inselbewohner. Der volkstümliche Pfarrer Petter Dass prägte das Wort: „Der Lunde schmeckt wie alles andere nach Fisch, da der Lunde vom Fisch lebt“. Die weitgehend mittellosen Insulaner waren angewiesen auf die begehrten 'Lunde-Daunen'. Diese boten der Inselbevölkerung ein wesentliches Zubrot zu dem Einkommen aus Fischerei und Bewirtschaftung des kargen Bodens. Der Lundehund stellte daher einen beträchtlichen Wert als Wirtschaftsfaktor da. Die meisten Bauern hielten sich zwischen 12-14, mitunter sogar 20 solcher Vogelhunde. Die Vogeljagd brachte dem Bauern weit mehr ein als seine Landwirtschaftseinkünfte. Darum kam es oft zu Streitigkeiten wegen der Anzahl der Hunde. Jeder beobachtete jeden sorgsam, denn: „Kein Bauer durfte mehr Lundehunde besitzen als sein Nachbar!" Auf der Vogelinsel (Flugløya) in Gildeskal bedeutete ein guter Lundehund genauso viel wie eine Kuh. Es wurde sprichwörtlich, dass in Måstad mit einem „Hundeleben“ nichts mehr zu vergleichen sei.
Vornehmlich gingen die Frauen und die halbwüchsigen Jungen und die Mägde mit den Hunden auf die Jagd. Da die Hunde das Jagen sehr selbständig durchführen, konnte sich regelmäßig ein nächtliches Plauderstündchen mit Kaffee-Kessel beim Schein der Mitternachtssonne entwickeln. Dies ist ein nicht zu vernachlässigender Gemeinschaft stiftender Faktor für eine kleine Not- und Trutzgemeinde. Ein Hund galt als gut, wenn er in einer Nacht 30 Vögel fing. Deshalb war ein Jäger darauf angewiesen, 2 bis 3 Hunde zu führen. Dann konnte die für einen Mann noch tragbare Last von 80-90 Vögeln erreicht werden.Überdurchschnittliche Hunde fingen sogar auf einem Jagdgang 80 Vögel. Verbürgt ist auch eine Einzelleistung von 130 Stück.
Eine außergewöhnliche Pfote
Die Pfote des Lundehundes weist fünf voll entwickelte dreigliedrige Zehen auf. Hinzu kommt eine zweigliedrige Zehe – entsprechend dem menschlichen Daumen. Dies ist auf einem Röntgenbild deutlich zu sehen. Zu diesen überzähligen Zehen gibt es Beuge- und Streckmuskeln, die fast den Muskeln im menschlichen Daumen entsprechen. Alle anderen Hunderassen verfügen über nur vier Zehen und die zugehörige Muskulatur.Der Lundehund hat acht Tretpolster (Ballen) an jedem Vorderfuß sowie sieben an jedem Hinterfuß. Hier hat das große Tretpolster eine ganz andere Form.
Die Ohren können aktiv geschlossen werden.
In Normalstellung stehen die Ohren gerade aufrecht. Der Lundehund ist aber in der Lage, seine Ohren selbstbestimmt nach vorn oder nach hinten zu schließen. Dies dient dazu, das Innenohr in den Nestgängen der Vögel vor Staub und draußen an den Felsenklippen vor Gischtwasser zu schützen. In dieser Stellung ist nur ein kleiner Trichter ganz außen am Ohr geöffnet. So kann der Lundehund dennoch die Laute der bejagten Vögel wahrnehmen.Die Rute dient der Kommunikation.
In unterschiedlichen Stellungen gehalten, macht er auf die augenblickliche Verfassung des Hundes aufmerksam. Während des Spiels und der Ruhe ist die Rute leicht aufgerollt. Wenn der Hund angespannt ist oder läuft, hängt sie in einem konvexen Bogen herab; bei schnellem Lauf ist sie nach hinten gerichtet. Wenn der Hund unsicher ist, neigt sich die Rute ganz herab und verbirgt sich zwischen den Hinterläufen.
Große Gewandtheit
Der Lundehund beeindruckt durch seine genetisch angeborene Fähigkeit, sich in Geröll, Fels und Steilhängen traumwandlerisch sicher zu Recht zu finden. Dabei kommen ihm nicht nur seine speziell angepassten Pfoten, sondern auch die außergewöhnliche Beweglichkeit seiner Schultern und seines Genick-Gelenkes zu Hilfe. Nimmt man den Hund bei den Vorderbeinen, kann man sie senkrecht nach oben oder waagerecht zur Seite führen, ohne dass der Hund deswegen Unbehagen zeigt. Das Genickgelenk ist bauartlich in der Lage, dem Hund zu ermöglichen, den Kopf so weit nach hinten zu beugen, dass der Scheitel den Rücken berührt. Dies befähigt den Hund, sich auf der Jagd in einem engen Erdgang wieder zurück zu wenden. Ansonsten bestände die Gefahr, stecken zu bleiben und dort zu verenden. Bekanntlich muss mancher Jäger seinen erfahrenen Teckel gelegentlich aus einem Fuchs- oder Dachsbau wieder ausgraben. Der Lundehund hingegen ist vollkommen auf seine Umgebung und Lebensgewohnheiten angepasst. Bei anderen Säugetieren ist eigentlich nur das Rentier in der Lage, seinen Kopf so weit zurück zu dehnen. Der heutige Lundehund hat denselben Kiefer wie der „Varangerhund“, den man 5000 Jahre zurück datiert. Diese beiden Hunde haben im Vergleich zu anderen Hunden in jeder Kieferhälfte einen Zahn weniger.
Im 15. Jahrhundert
Im Januar 1432 traf ein Fischer aus Røst mit seinen beiden Söhnen auf der Insel Sandø überraschend auf kleine dunkelhaarige Männer, die eine unbekannte Sprache sprachen. Es handelte sich um den Italiener Piero Overini mit seiner Mannschaft, die ein Jahr zuvor dort mit ihrem Schiff gestrandet waren. Røst besteht aus 365 Inselchen. Overini schrieb später ein bedeutungsvolles Buch über seine Begegnung mit den Nordland-Fischern. Dies bewegte den Italiener Francesco Negri 1664 zu einem einjährigen Aufenthalt auf den Lofoten, wo er die Lundejagd in der Finmark beschrieb. Er berichtete wie Schønnebøl (1591), ohne es selbst zu erleben, von der Jagd auf den Lunde mit Hilfe des Lundehundes.Der Bischof von Bergen, Erik Pontoppidan, schrieb 1753 über die Hunde des Landes in „Det første forsøg på Norges naturlige Historie“ (Der erste Versuch Norwegens Naturgeschichte zu beschreiben).
Der Hundeenthusiast Sigurd Skaun war der erste, der den Lundehund für die Außenwelt „entdeckte“. Schriften aus dem 15. Jahrhundert berichteten von Hunden auf der Insel Vaerøy und Lovunden, die zum Lundefang verwendet wurden. Nach einer Reise auf die Insel Bodøbeschrieb er 1925 die Rasse in der Zeitschrift der norwegischen Jäger- und Fischereivereinigung in dem Artikel: “Eine norwegische Vogelhunderasse, die in Vergessenheit gerät“. 1937 las Eleanor Christie den Artikel und beschloss, diese Hunderasse näher kennen zu lernen. Bei Monrad Mikalsen in Måstad fand sie schließlich noch eine Population von 50 reinrassigen Lundehunden. Die Abgeschlossenheit der Inseln nach Außen war wohl auch die Ursache für die genetische Einzigartigkeit des Lundehundes. Monrad Mikalsen beschaffte Eleanor Christie 4 große Welpen, die alle gegen Hundekrankheiten geimpft wurden. Es waren die Hündinnen „Hild“, „Lucy“, „Urd“ sowie der Rüde „Ask“, die Frau Christie im Februar 1939 bekam. Der Bestand erreichte 1943 noch 60 Hunde, im gleichen Jahr erkannte der Norwegische Kennel Klub den Lundehund als eigenständige Rasse an. 1942 kam die Staupeepidemie nach Vaerøy. Wegen des Krieges konnte kein Impfstoff beschafft werden und so starben alle Tiere bis auf einen Hund, der aber keine Welpen mehr bekam. Mikalsen verlor 1963 erneut seine Hunde durch die Staupeepidemie. Auf der Insel Vaerøy lebte dann kein reinrassiger Lundehund mehr. Frau Christie sandte Mikalsen sodann per Luftfracht wieder zwei Welpen. Ein netter Zufall brachte es mit sich, dass sie genau an Monrad Mkalsens 75. Geburtstag eintrafen. Erfreut meldete er sich und rief ins Telefon: „Sie liegen bei Katrine im Bett!“ Der Norwegische Lundehund Club wurde 1962 gegründet, mit dem Ziel, die Rasse zu erhalten und zu veredeln.
Besonderheiten und Wesen des Lundehundes auf einen Blick
Der Lundehund ist ein lebhafter, verspielter, menschenfreundlicher, aufgeweckter, kluger und sehr charmanter kleiner Hund mit eigenem Kopf. Seinen Bezugspersonen gegenüber loyal und anhänglich und niemals aggressiv. In Norwegen ist der Lundehund als Familienhund sehr beliebt. Er gilt als sauber wie eine Katze und verbringt viel Zeit damit, sich zu putzen.
Leider ist er eine wenig fruchtbare Rasse. Dies dürfte auch auf die genetische Anpassung an seinen ursprünglich kargen Lebensraum sein, der die Aufzucht von mehr Nachwuchs eigentlich unmöglich machte. Pro Wurf fallen nur 1 - 5 Welpen, vereinzelt wurden 6 Welpen gewölft. Die Lebenserwartung liegt bei circa 12-14 Jahren - wenn er gesund ist. Doch scheint die heutige Zuchtpopulation der Lundehunde stark von zuchtbedingten Erbkrankheiten belastet. Dazu im nächsten Artikel mehr.
Zur Autorin:
Nicole Kamphausen hält seit 2001 Lundehunde. Sie war von 2006 - 2008 Kassiererin (Geschäftsführender Vorstand) im DCNH der dem VDH untersteht. Sie engagiert sich für eine Wende in der Zucht dieser so besonderen Hunderasse, speziell hinsichtlich des Themas Lundehund-Syndrom.