Luminar 4 ist da!

Erstellt am 18. November 2019 von Markuswaeger @markuswaeger

Skylum hat heute wie angekündigt Luminar 4 freigegeben. Ich habe das Programm vor kurzem heruntergeladen und mir angesehen. Hier mein erstes kurzes Fazit.

Skylum hat im Vorfeld vor allem eine neue Funktion mit der sich Himmel tauschen lassen, groß angekündigt. Und tatsächlich ist Sky Replacement so beeindruckend, wie es in den Ankündigungsvideos zu sehen war. Die beiden Abbildungen unten zeigen erst eine meiner HDR-Aufnahmen und danach dasselbe Bild mit ersetztem Himmel. Das Resultat ist mit einem einzigen Klick entstanden. Zwar zeigen sich im Bereich des Horizonts Schwächen, hinter der Baumkrone jedoch ist die Integration des Himmels beeindruckend gut. Schwächen, wie über dem Horizont zu sehen, lassen sich natürlich durch Bearbeitung der Freistellungsmakse beseitigen.

Mit Aurora HDR erstelltes HDR aus fünf Belichtungen. Von Luminar mit einem Klick eingesetzter Himmel

Interessanterweise hat das bei einem der RAW-Originale des HDR oben nicht so gut geklappt. Die folgenden Bilder zeigen einen unbearbeiteten Abzug des RAW-Originals, darunter das Resultat nach Anwendung von AI Verbesserung und Sky Replacement.

Unbearbeiteter Abzug eines RAW-Bildes Das Sky Replacement hat am Horizont nicht gut funktioniert

Ich persönlich kann der Idee meine Aufnahmen auf diese Art zu pimpen ja wenig abgewinnen. Allerdings verstehe ich Fotografie nicht als Handwerk, indem nur erlaubt ist, Szenen möglichst naturgetreu abzubilden. Vielmehr sehe ich sie als kreative Ausdrucksform. So wie die Malerei nach neuen Ausdrucksformen suchte, nachdem sie in der Renaissance Perfektion erreicht hatte, und Stile wie Impressionismus, Expressionismus und verschiedene Formen abstrakter Kunst entwickelte, so muss es auch der Fotografie erlaubt sein neue Wege zu erkunden. Sky Replacement in Luminar 4 ist so ein neuer Weg. Diesen zu beschreiten ist ebenso legitim, wie ihm nichts abgewinnen zu können. Am Ende kommt es immer darauf an, was man daraus macht!

Sky Replacement ist aber nicht nur eine Option, um mit wenig Aufwand Aufnahmen kreativ zu verändern und fade Urlaubsbilder per Klick aufzupeppen. Vielmehr steht gerade der Berufsfotograf oft vor dem Problem, dass er ein Firmengebäude an einem bestimmten Tag abzulichten hat, der Himmel sich dabei aber nicht immer von der freundlichen Seite zeigt. In solchen Fällen ist es seit Jahren üblich einen ansprechenderen Himmel einzufügen. Das war bislang aufwändig und nur mit einem Mindestmaß an Expertenwissen in Programmen wie Photoshop möglich. Luminar 4 wird das in Zukunft sowohl leichter als auch schneller machen.

Neben AI Sky Replacement bringt Luminar 4 auch eine intelligente Funktion zur Gesichtsretusche mit.

Nun sind für mich jedoch weder Sky Replacement noch intelligente Gesichtsretusche Killer-Argumente für einen RAW-Konverter. Für mich sind andere Eigenschaften ausschlaggebend, und diesbezüglich wirkt Luminar 4 wenig sexy auf mich. Die Benutzeroberfläche von Luminar 4 ist nun extrem reduziert und aufgeräumt, was das exakte Gegenteil des komplexen Arbeitsbereichs des von mir primär genutzten Capture One Pro ist. Reduziert und aufgeräumt mag gut klingen. Allerdings scheint mir die Arbeitseffizienz darunter zu leiden. Skylum gibt dem Anwendern auch keine Möglichkeit zur Individualisierung der Benutzeroberfläche. Auch das ist ein Gegensatz zu Capture One, in dem der Anwender nahezu vollständige Freiheit hat die Benutzeroberfläche an seine Bedürfnisse anzupassen.

Dass Individualisierung in Luminar kein Thema ist, zeigt sich auch am winzigen Voreinstellungs-Fensterchen. Besonders schade: Luminar ist nahezu schwarz und der Anwender kann daran nichts ändern. Schwarze Interfaces mögen zwar en vogue sein, sind für die Bildbearbeitung aber problematisch. Ein schwarzes Umfeld lässt Farben besonders kräftig und hell wirken. Das ist schön anzusehen. Doch wenn am Bilder in einem schwarzen Umfeld optimiert, darf man sich nicht wundern, wenn sie in weißem Umfeld, wie in einer Broschüre oder einer Website mit weißen Hintergrund, zu matt und dunkel wirken.

Effizient arbeiten bedeutet für mich auch Shortcuts nutzen zu können. Luminar ist diesbezüglich mit Lightroom und DxO PhotoLab in bester Gesellschaft. Alle diese Programme sind armselig mit Tastaturkürzeln ausgestattet und bieten dem Anwender keine Möglichkeit daran etwas zu ändern. Anders Capture One: Kaum eine Funkton für die man nicht eigene Tastaturkürzel definieren kann.

Ich glaube allerdings, dass der Vergleich mit Capture One etwas hinkt. Skylum düfte für Luminar eine ganz andere Zielgruppe vor Augen haben, als Phase One für Capture One Pro. Ich denke das Programm ist für Anwender gedacht, die sich nicht mit jedem komplizierten Detail der Bildentwicklung befassen willen – mit Funktionen, wie Gradationskurven, die sogar schwierig auszusprechen sind. Anwender die ihre Aufnahmen mit wenig Aufwand verbessern und optimieren wollen. Die virtuelle Intelligenz von Luminar leistet diesbezüglich Enormes. Ein Klick und die meisten Bilder mit denen ich es versucht habe, gewinnen enorm. Vergleichbares kenne ich von keiner anderen Software.

Das heißt nicht, dass nicht alle Werkzeuge da wären, die auch Lightroom, DxO PhotoLab und Capture One zu professionellen Programmen machen. Nur möchte Luminar dem Anwender möglichst viel davon abnehmen. Das ist durchaus ein interessanter Ansatz, denn nicht jeder hat so viel Freude an der Bildbearbeitung, dass er Stunden damit verbringen will. Wer nach einem Programm sucht, das ihm möglichst viel manuelle Einstellung abnimmt, und trotzdem alle Türen zu den Funktionen der High-End-Bildentwicklung offen lässt, der sollte unbedingt einen Blick auf Luminar 4 werfen.