Luis Sellano. Portugiesische Rache

Luis Sellano. Portugiesische RacheWenn die Sehnsucht nach der Ferne allzu stark wird, träume ich mich gern mit einem Buch ganz weit weg … so kam es, dass ich am Wochenende in Lissabon war. Gemeinsam mit dem Ex-Polizisten Henrik Falkner bin ich durch die verwinkelten Gassen des Bairro Alto gelaufen und habe vom Senhora do Monte auf die Dächer Lissabons geschaut. Schon bei Portugiesisches Erbe mochte ich den perfekten Mix aus Spannung und aus politischer und sozialer Kritik. Weder extrem blutig noch ausufernd regional erzählt, war dieser Krimi auch gleichzeitig eine Liebeserklärung an diese bezaubernde Stadt am Rio Tejo. Davon wollte ich schon damals mehr! Et voilá, hier kommt der zweite Fall für den deutschen Ex-Polizisten Henrik Falkner. 

Wieder beweist er diese – dank jahrelanger Polizeiarbeit entwickelte – besondere Einfühlungsgabe. Lief jemand rein zufällig hinter ihm oder wurde er verfolgt? Erzählte jemand Lügen oder durfte man dessen Geschichte glauben? Henrik spürte es. Auch entdeckt er ziemlich schnell, dass viele der Bücher im Antiquariat seines Onkels Martin geheime Botschaften enthielten. Er hatte also nicht nur ein Lissaboner Haus voll zahlungsunfähiger Bewohner und mit einem verstaubten Antiquariat, sondern außerdem die Aufgabe geerbt, Martins Spuren weiter zu verfolgen. Und den mysteriösen Tod von dessen Freund und Geliebten João aufzuklären.

Die Story beginnt damit, dass der durch mehrere Messerstiche schwer verletzte IT-Spezialist Ruben Mendes in der Bar Esquina zusammenbricht. Henrik, der versucht den Unbekannten zu retten, erinnert sich, dass dieser kurz zuvor ein Buch bei ihm gekauft hatte. Welches das aber gewesen ist, will ihm vorerst nicht einfallen. Hatte der Mord an Mendes mit dem Buch zu tun?
Kurze Zeit später betritt ein geheimnisvoller alter Mann das Antiquariat, um nach einer ganz bestimmten Ausgabe von O fin da mundo zu fragen. Er suche das Exemplar aus dem Jahr 1972. Dieser Mann ist Nelson Pereira, ehemals hochrangiger Offizier des Geheimdienstes in der Zeit des Estado Nevo. Unter der Militärdiktatur von Ministerpräsident Salazar wurden damals politische Gegner verfolgt und die Opposition von der PIDE (geheime Staatspolizei) beobachtet. Auch der Dichter Ricardo Grão war ein Verfolgter des Regimes und Opfer von Pereira. Und so dreht sich diesmal alles um das Buch O fin da mundo. Das Ende der Welt von Ricardo Grão aus dem Jahre 1972.

Nicht alles wird gelöst in diesem zweiten Fall. Offen bleibt nicht nur der mysteriöse Tod von João, sondern auch, was mit Catia, Henriks Mitarbeiterin vom Antiquariat passiert ist, die nach der Entführung durch Pereiras Leute spurlos verschwunden bleibt. Und so fiebere ich nun der Fortsetzung dieser rasant und klug erzählten Story entgegen. Auch wenn die Aufklärung des Mordes mich diesmal nicht zu 100 % überzeugte, fühlte ich mich mit Sellanos Krimi aufs Beste unterhalten und würde ihn jedem Lissabon-Urlauber von Herzen weiterempfehlen.

Die Begegnungen Henriks mit der jungen Polizistin Helena bringen zusätzlich eine knisternde Spannung in die Geschichte. Henrik, der vor einiger Zeit auf tragische Weise seine geliebte Nina verloren hat, ist bereits wieder offen für eine Begegnung und auch für Zärtlichkeiten mit einer Frau. Ich mag diesen gut aussehenden Polizisten, der weder depressiv, alkohol- oder drogenkrank ist. Und der manchmal sehr sensibel oder extrem selbstbewusst auftritt. Nicht immer in den richtigen Momenten, aber genau das macht ja auch seinen Charme aus.

Luis Sellano. Portugiesische Rache. Ein Lissabon-Krimi. Wilhelm Heine Verlag München 2017. 352 Seiten. 14,99 €



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