Wie dünn die Jacke ist, die hauptamtliche Europäer wie den gerade erst im Block zum Europaparlamentchef gewählten Sozialdemokraten Martin Schulz vor dem kalten Wind der Wirklichkeit schützen, zeigte Schulz´ ehemaliger slowakischer Amtskollege Richard Sulik bei „Anne Will“, die auch noch sendet, wenn auch unter weitgehendstem Ausschluss der Öffentlichkeit.
Sulik, dessen liberale Partei lieber die Regierungsverantwortung verlor als den hanebüchenen Rettungsplan-Plänen der europäischen Mehrheit zuzustimmen, konfrontierte Schulz einfach mit dem Lissabon-Vertrag, der als Quasi-Verfassung des vereinten Europa weder den Ankauf von Staatsanleihen durch die gemeinsame Staatsbank noch die Übernahme von Schulden der einen Länder durch die anderen vorsieht oder gar erlaubt.
Ein wunder Punkt, wie Schulz´ erschütternde Reaktion zeigt. Nein, Argumente wusste der von fern wie ein Billig-Nachbau des ehemaligen EU-Kommissars Verheugen wirkende Buchhändler ohne Abitur nicht gegen Suliks Vorhalte geltend zu machen. Stattdessen kreischende Bosheit, Empörung und der aus einem aufgeregten Speichelregen nebelnde Vorwurf, gerade Sulik als Osteuropäer müsse doch dankbar sein, dass er überhaupt und sowieso und frech sei das, keine Solidarität zeigen zu wollen, nur weil griechische Rentner viermal so hohe Renten kassieren wie slowakische.
Bis dahin peinlich, aber was soll er machen, der Schulz, wenn doch alle Verträge gegen seine Forderung sprechen, alle Europäer müssten für alle Europäer haften und je mehr, desto besser. Dann aber stieg der Spaßbadbauer, dem sie in Würselen bis heute kein Denkmal gebaut haben, zu allem Unglück auch noch in die Keller der Geschichte, um Hitler und den 2. Weltkrieg als Zeugen für die Richtigkeit seiner Solidaritätsappelle und für die Verderbheit aller hervorzuholen, die ihm zu widersprechen wagen.
Damals nach dem Krieg, so Schulz (Film unten), hätten Belgier, Luxemburger, Niederlände und Franzosen, deren Länder der deutsche Faschismus niedergemacht hatten, aus Solidarität gesagt: „Die Deutschen kriegen mehr Marshallplanhilfe als wir, weil Deutschland seine Demokratie aufbauen muss.“ Und das sei, hätten die damals gefunden, auch gut so, denn nur so könne Deutschland ja in die Völkerfamilie zurückkehren.
Diese Solidarität habe es Deutschland überhaupt erst erlaubt, ein wohlhabendes Land zu werden, und das sei „der Gedanke von Europa“, flunkerte der Chef des Europaparlaments offensichtlich von der eigenen Rede gerührt und nebenbei völlig losgelöst von historischen Fakten. Denn wie sehen die aus?
Nun ja, Deutschland erhielt 1,4 Milliarden Dollar Marshallplanhilfe aus den USA, deutlich mehr als Belgien und Luxemburg (555 Millionen) und mehr auch als die Niederlande (977 Millionen). Frankreich aber erhielt 2,8 Milliarden – doppelt so viel wie Deutschland.
Pro Kopf der Bevölkerung sieht es sogar noch sehr viel übler aus für Schulz‘ entweder aus purer Unkenntnis oder aus schamloser Demagogie angestellten historischen Vergleich: Jeder einzelne von 65 Millionen Franzosen erhielt 43 Dollar.Jeder von der zehn Millionen Belgier 55 Dollar, jeder einzelne von 16 Millionen Niederländern sogar 61 Dollar.
Jeder Deutsche erhielt 17 Dollar. „Das ist der Gedanke von Europa, das ist der Gedanke von Solidarität unter Völker“, schwingt Martin Schulz nach seinem frei erfundenen Beispiel dennoch eine eingebildete Moralkeule gegen Richard Sulik, die wahrscheinlich nich in der Sendung auf seinem eigenen Kopf gelandet wäre, hätte sie dort irgendetwas von Belang treffen können.