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Ein Küstenörtchen, brummelige Einwohner und eine Idylle im Ferienwohnortstil. Das alles lässt sich in „Die große Versuchung“ finden und macht von Anfang an klar, worum es sich bei diesem Film handelt. Um eine reine Feel-Good-Komödie nämlich, die auf eines der ältesten filmischen Rezepte zurückgreift, die es gibt. Die Gegenüberstellung einer eingeschworenen Gemeinschaft gegenüber einem Neuankömmling. Doch wo sonst Misstrauen herrscht, dreht Regisseur Don McKellar („The Last Night“) den Spieß um. In „Die große Versuchung“ sind die Hafenbewohner daran interessiert, ihren Neuzugang Taylor Kitsch („Lone Survivor“) möglichst in ihrem Ort zu halten. Sonst drohen weitere Jahre der Arbeitslosigkeit und das langsame Aussterben des Dorfes, da nur durch einen dauerhaft stationierten Arzt eine neue Fabrik gebaut werden kann.
Dank der großartigen Besetzung kann sich der Film zu fast jederzeit vom üblichen Genre-Einheitsbrei abheben. Brendan Gleeson verpasst seiner Rolle des Bürgermeisters einen spröden Charme und hat die Sympathien, sowie die Gags sofort auf seiner Seite. Ähnlich, wie im diesen Jahr gestarteten „Am Sonntag bist du tot“ ist er auch hier wieder die Autoritätsperson in einer geschlossenen Gesellschaft. Allerdings wirkt „Die große Versuchung“ eher wie der kleine und immer gut gelaunte Bruder im Geiste. Zwar werden auch hier ernste Töne angeschlagen, doch diese werden rasch von Situationskomik entschärft oder lösen sich in Wohlgefallen auf. So kann „Die große Versuchung“ nie die Durchschlagskraft eines „Am Sonntag bist du tot“ erreichen, was er aber auch gar nicht will. Viel mehr ist der Film eine leise Komödie, die mit pointierten Dialogen zu gefallen weiß. Regisseur McKellar findet stets den Mittelweg, um die Dorfbewohner nicht als Deppen vorzuführen. Der Zuschauer fühlt sich in diesem bunten Haufen wohl und kann sich – wie der Arzt – einer gewissen Sympathie ihnen gegenüber nicht erwehren. Hinzu kommen schlichtweg umwerfende Impressionen der kanadischen Natur, sowie des Örtchens, um das sich alles dreht.
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Da verzeiht man das allzu schnelle Ende, das nicht annährend das dramatische Potenzial ausschöpft, oder die marginal ausformulierten Bedenken Richtung Ölgesellschaft und Existenzkrise. Denn in „Die große Versuchung“ versteckt sich ein kleiner Kommentar zur Beziehung zwischen Mann und Frau. Wenn Gleeson von seinem stolzen, arbeitenden Vater erzählt und im nächsten Schritt seine eigene Arbeitslosigkeit dargestellt wird, trifft das. Wie soll ein Mann, der immer daran geglaubt hat der Ernährer der Familie zu sein, damit klar kommen, die Frau ans Ruder zu lassen? Doch ist das nur ein winziger Punkt, dessen Ausführung nicht zur Art des Films passen würde. Trotzdem sorgen solche Ecken und Kanten für eine vielschichtige Charakterzeichnung Gleesons.
„Die große Versuchung“ ist amüsantes, angenehmes Kino, das den Zuschauer mit einem warmen Gefühl zurücklässt. So, wie es sein soll.
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BEWERTUNG: 07/10Titel: Die grosse VersuchungLaufzeit: 109 MinutenGenre: KomödieErscheinungsjahr: 2014FSK: ab 6 freigegebenRegisseur: Don McKellarDarsteller: Brendan Gleeson, Taylor Kitsch, Lian Balaban, Anna Hopkins, Gordon Pinsent