Kürzlich hatte ich da so eine Idee. Ich wollte mal ein bisschen an meinen hündischen Methoden der Verhaltenskorrektur meiner Artgenossen Pfote anlegen. Natürlich wollte ich diese verbessern (obwohl die an sich ja gut funktionieren). Ich habe nämlich gehört, man könne Erziehung am besten gestalten, indem man absolut gewaltfrei arbeitet.
Bei der Erziehung von Hunden durch Menschen soll das jedenfalls voll gut funktionieren, hab ich gehört. Also, anders herum ausgedrückt ist es absolut verpönt, sogenannte aversive Methoden der Erziehung anzuwenden. So eine aversive Methode wäre z.B. wenn ich dem kleinen Hundeklugscheißer von nebenan eine Tracht Prügel androhe, indem ich ihn anknurre, wenn er nicht SOFORT aufhört, auf mir rumzuhüpfen.
Hab ich einen Knall?
Tja, mein Frauchen meint dazu, ich hätte einen Knall! Was das denn soll und wie ich mir das überhaupt bitteschön vorstelle? Ob ich jetzt demnächst immer mit Futterbeutel um den Hals rumlaufen möchte? Und überhaupt, wie das funktionieren soll?
Ich habe mir dazu überlegt, mit dem kleinen Hundeklugscheißer von nebenan könnte ich z.B. mit positiver Verstärkung arbeiten. Ich würde ihm einfach jedes Mal, wenn er von mir runter springt, ein Leckerchen einwerfen. So dass er lernt, es gibt immer was leckeres, wenn er mich in Ruhe lässt. Und wenn er auf mich drauf springt, ignoriere ich das einfach.
Hm, naja, könnte natürlich sein, dass ich dann eine Weile mit Rückenschmerzen zu tun bekomme. Meistens dauert das ja etwas, bis so eine Konditionierung (so nennt man diese Vorgehensweise, ich weiß nur jetzt nicht recht ob das eine klassische oder eine operante Konditionierung wäre. Aber ich will mich ja jetzt nicht blamieren, deshalb sag ich lieber nix) sitzt. Aber ist ja egal, Hauptsache, der kleine Hundeklugscheißer verbindet damit nicht mehr das Gefühl, er müsse das Verhalten unterbrechen, da sonst etwas Unangenehmes folgen könnte …
Eine Konversation
Und so kam es mal wieder zu einer Konversation zwischen meinem Frauchen und mir. Außerdem hat sich da noch ein netter Herr eingemischt, der den Namen Günther Bloch führt …
Frauchen: “Lucy du spinnst! Lebst du eigentlich in einer rosaroten Welt? Glaubst du wirklich, es ist als real einzustufen, dass einem niemals nie etwas Unangenehmes begegnet?”
Lucy: “Ja, wieso nicht? Das sind wissenschaftlich bestätigte Lernmethoden!! Was soll daran denn falsch sein?”
Günther Bloch meint:
“Keine geordnet strukturierte Gruppenwelt ist immer rosarot. Soziale Freundlichkeit ist weder ein Dauerzustand noch ein erstrebenswertes Ziel …”
“Alles soll harmonisch verlaufen, alle sollen immer glücklich sein. Wie schön und unrealistisch zugleich.”
Frauchen: Siehst du, Lucy, ich bin nicht alleine mit meiner Meinung. Es gehört doch zum Leben dazu, dass man auch mal unangenehme Erfahrungen macht. Außerdem sind Hunde doch nicht doof! Was machst du denn bitteschön, wenn der kleine Hundeklugscheißer daraus lernt, es ist toll, auf deinen Rücken zu springen, weil immer wenn man runter springt, gibt es was Leckeres.
Lucy: Hm, naja, deshalb ignoriere ich das raufspringen ja und verstärke das unten sein. Das muss der Klugscheißer doch wohl kapieren …
Frauchen: “Das würde er aber viel schneller kapieren, wenn du ihm mal kurz die Zähne zeigst. Dann müsstest du auch keine Rückenschmerzen in Kauf nehmen. Hunde sind nämlich durchaus in der Lage, assoziativ zu lernen. Der Klugscheißer kapiert also ziemlich genau, dass du ihn anknurrst, weil du nicht willst dass er auf deinen Rücken springen soll. Und ich hatte bisher auch nicht den Eindruck, dass er nach deinen bisherigen aversiven Verhaltenskorrekturen völlig verstört war. Im Gegenteil, ich hatte sogar den Eindruck, er respektiert dich jetzt viel mehr, als vorher. Wenn du nun anfängst mit Wattebäuschen äh Leckerchen durch die Gegend zu werfen, könnte es auch sein, dass du den Respekt wieder verlierst und er dich als Witzfigur betrachtet”
Günther Bloch meint:
“Hundeartige sind hoch entwickelte Säugetiere, für die es selbstverständlich ist, auf hohem sozialen Niveau zu interagieren, zu kommunizieren und zu spielen. Diese Fähigkeit wurde ihnen quasi in die Wiege gelegt, schließlich stammen sie vom Wolf ab …”
“Wir führen endlose Diskussionen darüber, warum man einen mitunter hemmungslosen Hund nicht zurechtweisen darf. Wehe dem, der dafür plädiert, so ein Tier zur Not auch einmal körperbetont in die Schranken zu weisen, indem man es zum Beispiel schubst oder zwickt”
Lucy: “Hm, ihr meint also, ich soll nicht mit Wattebäuschen äh Leckerchen werfen? Ich soll ihn lieber anknurren, bzw. wegschubsen, wenn er zu frech wird? Hm, ja, eigentlich tut ihm das ja auch gar nicht weh. Und sterben tut er davon sicher nicht …”
Günther Bloch meint:
“Wenn soziale, emotionale, kollektive und Lebensraumintelligenz auf klar erkennbares besonnenes Auftreten trifft, wenn sich Altersweisheit, souveräne Zurückhaltung und gelegentliches Grenzensetzen verbinden, dann entsteht ein Bild, das der Idealvorstellung eines „Rudelführers“ sehr nahe kommt.”
Das ist mal ein tolles Abschlusswort zu dieser Konversation. Ich habe daraus gelernt, dass es absolut ok ist, wenn ich einem kleinen Hundeklugscheißer auch mal die Grenzen zeige. Und auch, dass es ok ist, wenn meine Menschen mir hin und wieder mal Grenzen zeigen. Denn sie trauen mir zu, dass ich verstehe, warum sie dies tun. Sie sind überzeugt davon, dass ich ein auf hohem sozialem Niveau interagierendes Hundewesen bin und durchaus in der Lage, auf assoziativen Wegen zu lernen.
Die Zitate von Günther Bloch stammen aus dem Buch “Was fühlt mein Hund? Was denkt mein Hund?” von Nina Ruge und Günther Bloch. Die beiden haben ein Gespräch darüber geführt, wie die Gefühlswelt der Vierbeiner, sprich Hunde aussieht. Es ist ein sehr einfühlsames, nahe an der Realität geschriebenes Buch, das viel Aufschluss über eben diese Gefühlswelt gibt. Sie lösen das Rätsel um die Seele des Hundes, beschreiben die Intelligenz von Hunden, erklären, was Hunde wirklich verstehen. Ein Buch das Spaß macht, spannend ist und viele Fragen beantwortet.
Anmerkung: Natürlich sind auch wir gegen rohe Gewalt und lehnen es ab, einen Hund mit selbiger zu erziehen. Ebenso lehnen wir “harmlose” Methoden wie mit Wasser bespritzen, mit Gegenständen bewerfen, Haltis, Elektrostromhalsbänder, Stachelhalsbänder usw. selbstverständlich ab und kämen nie auf die Idee, solche Methoden anzuwenden!
Wir hoffen, der Beitrag hat dir gefallen und sagen bis zum nächsten mal.
Bis dahin wünschen wir dir und deinem Hund eine schöne Zeit, macht es gut …