Luc Jochimsen: Eine Woche in Iran, Teil 2

Dr. Lukrezia Jochimsen (Foto: Bundestag.de)

Dr. Lukrezia Jochimsen (Foto: Bundestag.de)

Auf der Fahrt durch Teheran kommen wir am Theater vorbei. Dort hängen große Plakate. Was spielt man? Heiner Müllers „Hamletmaschine“.

In der provisorisch bei den Briten untergebrachten deutschen Schule, berichtet der Direktor Wolfgang Selbert, dass im kommenden Frühjahr zum ersten mal nach 30 Jahren (!) wieder acht Schüler das deutsche Abitur ablegen werden.

Danach fahren wir zur Eglise Sacré Coeur und besuchen die Sonntagsmesse. Vielleicht hundert Männer und Frauen, auch einige Kinder sind in der alten Kirche. Erzbischof Jean-Paul Aimé Gobel sagt hinterher: „Es gibt die Freiheit des Kults – aber nicht die Freiheit der Religion.“ Eine Konversion zum Christentum ist unmöglich. Christen können studieren. Ämter in der Verwaltung oder Justiz sind ihnen versperrt. Ein Christ als Richter – unmöglich! Mischehen sind eine „Tragödie“. Die Zahl der Christen im Iran nimmt ab.

Gleiches berichtet am nächsten Tag der Präsident der jüdischen Gemeinde des Iran, Siamak Marehsedegh. Er ist Arzt, leitet das jüdische Krankenhaus in Teheran und vertritt die jüdische Gemeinde auch als Abgeordneter.

Iranische Verfassungsbestimmungen zu religiösen Minderheiten:

Artikel 13:
Iranische Bürger des zaroastrischen, jüdischen und christlichen Glaubens sind als offizielle religiöse Minderheiten anerkannt, die vollständig frei ihre religiösen Pflichten im Rahmen des Gesetzes ausüben können. Die Personenstandsangelegenheiten und die religiöse Erziehung erfolgen nach der entsprechenden eigenen Religion.

Artikel 64 (2):
Zaroastrier und Juden wählen je einen Abgeordneten, assyrische und chaldäische Christen zusammen einen und armenische Christen im Süden und Norden des Landes je einen Abgeordneten.

„Die seit 700 Jahren im Iran lebende Minderheit gehört zu diesem Land“, sagt er und er sagt auch, dass die heutige Gemeinde kleiner und kleiner wird. Wir sitzen in einem nüchternen Besprechungsraum. An der Stirnwand: die iranische Fahne, ein Thora-Text und das Großfoto einer Moses-Skulptur. Israel kritisiert er scharf. Einen Staat, der Menschen so unterdrückt wie Israel, sollte es nicht geben. „Ich bin Anti-Zionist. Wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich Ihnen dies genau erklären.“

So haben viele Zeitgenossen Herzl’s auch geredet, das muss man in Erinnerung rufen. Es war Herzl, von dem ich gelernt habe, dass man mit Feinden des Friedens reden muss, wenn man Frieden will. Mit wem sonst kann man Frieden erreichen? Alle anderen Wege führen in Krieg.

Auf dem Weg wieder zum Parlament halten wir beim Museum für Zeitgenössische Kunst. Da gibt es eine sensationelle Ausstellung in einem sensationellen Bau. Gegründet, errichtet und eröffnet von Farah Diba als Vorzeigeobjekt des damaligen Regimes: die künstlerischen Moderne zu Gast im modernen Persien. Eine Nachahmung des MoMA in New York, daher auch MoCA genannt. Von Arp über Francis Bacon, Max Beckmann, Umberto Boccioni, Edgar Degas, Chillida, Max Ernst, James Ensor, Georg Grosz, Giacometti, Gaugin, Edward Hopper, Fernand Leger, Magritte, Roy Lichtenstein, Monet, Miro, Picasso in Hülle und Fülle, Robert Rauschenberg, Kandinsky, Henry Moore… um nur einen Teil aufzuzählen. Da trifft man auf die Kunst der westlichen Welt. Und sie wird nun wieder ausgestellt: vom Ministerium für Kultur und islamische Führung. Titel der Ausstellung: „Meisterwerke der größten Künstler der Welt“. Und das ist nicht gelogen. Jahrelang waren die Bilder in Teheran nicht zu sehen, das Museum geschlossen. Jetzt sind sie wieder da, auch in einem großartigen Katalog dokumentiert.

Quelle: lukrezia-jochimsen.de


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