Die Windsurfsaison ist leider vorbei und wenn ich nicht erkältet wäre, bliebe mir noch die Stand up Paddelei. Aber nun sitze ich mit Husten und Schnupfen, bei heißem Tee und Knabberzeugs, in der Bude und überlege, wie ich diese so häufig gestellte Frage der Überschrift richtig beantworten könnte. Die Kurzfassung lautet nämlich NEIN.
“Lohnt sich das überhaupt?” bezieht sich natürlich auf die Herstellung meiner Parfums und die Frage wird immer genau dann gestellt, wenn man den Leuten erklärt, was die Rohstoffe kosten, wenn man in Kleinstmengen herstellt, einkauft und vertreibt. Wenn ich Iso e Super, Javanol und Hedione einkaufe, dann schwanken die Kilopreise (die den von mir bestellten 100-1000g zugrunde gelegt werden) zwischen 100 und 1000 Euro. Wenn ich 100 Flaschen bestelle, dann haben die natürlich einen ganz anderen Preis, als wenn ich 5000 Flaschen bestelle. Alleine die Vapos haben einen Stückpreis von fast 2 Euro und immer wieder kommt es vor, das weder Flaschen noch Vapos lieferbar sind. Demnächst wird es auch eine einfache, einheitliche Verpackung geben. Klarsicht Steckschachteln aus mattem PVC. 500 Stück (wohin nur mit den ganzen Dingern?) und fragen sie mich nicht was die kosten. Bliebe noch der Druck. Gehen sie mal in eine richtige Druckerei und erkundigen sie sich, was es kostet, 100 Flaschen im Tampondruck, vielleicht noch zweifarbig, zu bedrucken. Wenn sie nicht sofort rausfliegen bekommen sie vermutlich einen Herzinfarkt und meine Flaschen sind nur so schön und aufwendig gestaltet, weil der Leipziger Künstler Jo Zarth ein guter Freund und der Chef der Druckerei Rahn mein Segelfluglehrer war. Früher zog es mich nämlich mehr in die Luft – heute doch lieber auf`s Wasser. Ich könnte auch fragen, ob sie sich vielleicht schon mal in einer Apotheke so richtig guten Weingeist gekauft haben. Für lecker Rumtopf oder Eierlikör. Keine Frage, Selbstgemachtes wird immer besser schmecken, doch preiswerter ist es garantiert nicht. Unvergällter Ethanol ist teuer und die Steuer freut sich.
Doch damit noch nicht genug. Wenn ich ein Rezept fertig entwickelt habe, heißt das noch lange nicht, das ich das Parfum dann auch verkaufen darf. Das Kosmetikrecht der EU verlangt nämlich eine kosmetikgutachterlich erstellte Sicherheitsbewertung eines jeden kosmetischen Produkts. Finde ich von der Sache her völlig in Ordnung. Nur der Preis von ca. 500 Euro ruiniert auch noch die letzten Gewinnaussichten und der bürokratische Aufwand ist enorm. Ich darf meine Rohstoffe nämlich nicht bei Perfumers Apprentice oder The Good Scent Company kaufen, weil mir dort zu den Chemicals keine Material safety data sheets (MSDS) mitgeliefert werden. Das wäre doch viel zu einfach. Nein, ich brauche für jeden Rohstoff einen wenigstens 5 Seiten starken Papierstapel, aus dem hervorgeht, das der Rohstoff für Kosmetik zugelassen und geeignet ist, und dem der Kosmetikgutachter die zu deklarierenden allergene Bestandteile (z.B. Citral, Farnesol, Geraniol) entnehmen kann. Erst wenn das alles erledigt ist, darf ich meine Parfums verkaufen. Zu diesem Zeitpunkt bin ich mit ca. 1500-2000 Euro in Vorleistung gegangen und kann nur hoffen, das sich der Duft verkauft.
Werbung wäre schön. Werbung wäre wirklich wichtig. Doch dafür ist echt kein Geld mehr da und deshalb freue ich mich, wenn hier auf NOW SMELL THIS oder hier auf Ca Fleure Bon der Steampunk vorgestellt wird.