Lohnt es sich wirklich, mit Nachtspeicher-Öfen und Schwarmstrom Stromkosten einzusparen?

Von Energystar @energynet

Der ursprüngliche Sinn von flächendeckendem Betrieb für Nachtspeicher-Öfen (NSÖ) lag darin, Überkapazitäten der Stromkonzerne in klingende Münze umzuwandeln. Die speziell für diesen Zweck eingeführten Nachtspeichertarife sorgten am Anfang tatsächlich für billige Heizungswärme. Strom kostete damals quasi nichts. Auch die Tatsache, dass keine Ascheentsorgung oder Schornsteine für die Abgase notwendig war und fossile Brennstoffe im Haus weder gelagert noch verbrannt werden mussten, bescherte knapp 1,9 Millionen Betreibern eine Elektroheizung mit Nachtstromtarif.

Doch die Tarife für Nachtspeicherstrom zogen an. Auch die Primärenergiekosten für die Stromerzeugung durch Atomkraft, Gas und Kohle stiegen. Das einst als Zukunftsmodell bezeichnete Modell „Nachtstromspeicher“ rechnet sich heute nicht mehr.

Elektroheizungen, welche nach dem thermodynamischen Prinzip arbeiten, werden zu Recht von den Umwelt- und Verbraucherverbände als umweltfeindlichste Energieverschwendung tituliert. Denn die Geräte wurden älter und verbrauchen mehr kWh für die gleiche Wärmemengenerzeugung. Leistungswerte von 4 kWh und höher pro Alt-Gerät sind eher die Regel, als die Ausnahme. Die Stromkosten gehen durch die Decke, bei weiterhin extrem schlechtem Wirkungsgrad für Elektroheizungen.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung das bereits in gesetzliche Rahmen eingearbeitete Nachtstromspeicherverbot wieder aufgehoben hat. Etwa zur gleichen Zeit gingen Pressemeldungen einiger Stromkonzerne durch die Nachrichtenticker, dass diese Elektroheizungen mit Nachtspeicherstrom als temporärer Energiespeicher von den Stromkonzernen vorgesehen sind. Ob es da wohl einen Zusammenhang gibt?

Der große Nachteil dieser industriefreundlichen „Lösung“ wäre, dass die Konzerne auf neue, zusätzliche Kunden hoffen, aber weiterhin die Stromlieferungen kontrollieren.

Warum der Heizungsnutzer mit bestehenden NSÖ dann aus einem höheren Stromangebot nachts mehr Nutzen als bisher erzielen soll, entzieht sich der Logik. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass die Bewohner dann vermehrt vor der Wahl stehen: bis zum Beginn des Nachtstromtarifs frieren oder mit dem teuren Tagestarif heizen.

Der zweite Nachteil ist, dass jeder Stromlieferant an der Nachtstrom-Preisschraube drehen kann. Wann immer er will, bestimmt er die Konditionen – und der Endenergieverbraucher darf zahlen.

Die meisten NSÖ-Betreiber sitzen damit in der Falle. Das aktuelle Angebot von einem Ökostromanbieter mit Schwarmstrom und eigenen Nachtspeichertarifen ändert nichts an der grundsätzlichen Abhängigkeit, vor allen bei den Bewohnern von Mietwohnungen.

Die Einsparung des Ökostromanbieters soll 40 Euro in Hamburg und bis zu 260 Euro pro Haushalt in Leipzig betragen. Hierbei liegen die Stromkosten für NSÖ weit über denen von vergleichbaren Öl- oder Gasheizungen. Wie heftig das ist, zeigt folgende Beispielsrechnung:

Bei einer durchschnittlichen 4-Zimmer-Wohnung mit 4 Personen und 6 Heizkörper, 200 Heiztage, 3kWh pro Gerät (= Leistung eines neuen NSÖ-Gerätes), 7 Betriebsstunden am Tag mit Leistungsaufnahme aus dem Stromnetz und Nachstromsondertarif von 15 Cent kWh liegen die Heizungskosten für NSÖ-Betreiber pro Heizperiode:

6 x Heizungskörper  x 7 Stunden pro Heizungstag x 3 kWh pro Gerät   x 0,15 Euro / kWh * x 200 Heizungstage (Herbst-Frühling)

6*7*3*0,15*200=3.780 Euro (25.200 kWh) in der Heizperiode

Zur Information:

a)   Für die gleiche Wohnung fallen bei einer Ölheizung ca. 2000 Euro Heizkosten und 1000 Euro normale Hausstromkosten pro Jahr an

b)   die Heizungsrechnung kann mit jeder NSÖ-Heizung durchgeführt werden, wenn sich am Umfeld (Nutzerverhalten, Dämmung, Tarife) nichts ändert.

c)   der Nachtstromtarif liegt laut Internetseite vom Ökostromanbieter bei 18,76 Cent/kWh für Nachtstrom=Niedertarif NT und beim Tagestarif: 24,49 Cent/kWh = HT.

d)   Oft wird auch die Erwärmung des Warmwasserbedarfs für Dusche und Waschbecken mit Strom versorgt. Dies ist hier nicht berücksichtigt.

Eine wirtschaftliche Alternative ist der NSÖ-Ersatz durch Wärmewellenheizungen (WWH). Jedes Gerät wird durch programmierbare Zeit- und Temperaturregler exakt auf individuelle Bedürfnisse pro Wohnraum eingestellt. Besonders an Tagen, wo niemand zuhause ist, kann die Taupunktunterschreitung und damit die Schimmelgefahr, wirksam verhindert werden.

Echte WWH funktionieren entgegen der klassischen Thermodynamik nach dem physikalischen Prinzip der Direktstrahlung, welche der Wärmestrahlung der Sonne im Infrarotwärmebereich bei ca. 10.000 Nanometer nahe kommt. Dort liefern diese Geräte die gleiche Heizwärmeleistung, allerdings bei wesentlich geringerem Strombezug.

Im Vergleich zu NSÖ betragen die Strombezug-Einsparungen wie hier in der folgenden Berechnung fast 50 % der extern bezogenen kWh. Die Umwelt- und Verbraucherverbände sagen zu Recht: jede nicht verbrauchte kWh ist der beste Umweltschutz.

Die durchschnittliche Stromaufnahme für große Wohnzimmer liegt bei nur 500 Watt/h = 0,5 kWh pro Gerät, also nur 1/6 von fabrikneuen NSÖ. Zu beachten ist hierbei, dass die Aufstellung der Geräte und die Wärmewirkungsfläche im Verhältnis zur Wohnraumgröße optimiert sind.

Mit diesen technischen Grundlagen ist der WWH-Betrieb alles andere als Energieverschwendung. Denn mit den gleichen Berechnungsdaten wie oben ist sogar ein Betrieb mit Normalstromtarif von durchschnittlich 0,28 Cent / kWh wirtschaftlich:

6*7*0,5*0,28*200=1.176 Euro (13.500 kWh) in der Heizperiode.

Zum Vergleich: die Einsparungen mit Nachtspeicherstrom sollen durchschnittlich nur 260 Euro betragen.

Der Heizungsbetreiber muss beim Ökostromanbietermodell weiterhin für seine fabrikneuen NSÖ ca. 3.520 Euro Heizkosten bezahlen, wohlgemerkt ohne großen Einfluss auf Temperatur, Betriebslaufzeit, Altersverschleiß der Geräte und Stromkosten.

Mit WWH steht der Heizungsbetreiber dagegen am Ende der Heizperiode mit nur 1/3 der NSÖ-Kosten sehr gut da. Generell gehören Einsparquoten unter 20% in die Rubrik: ineffizient.

Die WWH können zudem individuell auf Laufzeit, Wärmeabgabe und Verbrauch eingestellt werden. Kleinere Zimmergrößen benötigen weniger Leistung pro Gerät. So braucht ein kleines Badezimmer oft nur ein 350 Watt/h-Gerät.

Zudem verweisen die WWH-Hersteller auf einen gesundheitlich relevanten Aspekt bei Asthmatiker und stark verminderte Schimmelgefahr aufgrund des Direktstrahlungsprinzips.

Besonders wirtschaftlich ist der Kombibetrieb mit Kleinwindanlagen/Photovoltaikstrom (mit Speicher). Mit einer auch für Mieter geeigneten Balkonanlage und vor allem mit Photovoltaik auf dem Dach, kann der Hausstromverbrauch, und damit auch der Heizungsaufwand, nochmals erheblich gesenkt werden.

Selbst bei einer Einsparquote von nur 20% reduzieren sich die Heizkosten auf ca. 940 Euro. Zusätzlich vermindern sich auch die normalen Hausstromkosten von 4 Personen = 1.000 € um mindestens 200 Euro.

Einsparquoten von Balkonkraftwerke reichen aktuell bis ca. 25%. PV-Dachanlagen bringen weitaus höhere Einsparwerte. Mit Speicher sind damit mindestens 70% aller Hausstromkosten durch Eigenstrom abgedeckt.

Warmwasser liefert dann eine Solarthermieanlage oder Wärmepumpe nur für Brauchwasser. Beide Varianten sind als Zusatzheizung für Heizung und Warmwassererzeugung durch hohe Energieunabhängigkeit wirtschaftlich vertretbar.

Die wichtigsten Vorteile der Heizungs-Alternativen sind:

a)   während des Kleinwind/Photovoltaikbetriebs wird zum NULL-Tarif geheizt, da die Wärmeabgabe über Wind/Sonnenenergie erfolgt und durch Speicher unterstützt wird. Die Einflüsse durch dunkle und kalte Wintertage sind in den Berechnungen enthalten.

b)   die relativ niedrigen Investitionskosten für WWH amortisieren sich wegen den hohen Energieeinsparungen in kurzer Zeit

c)   zukünftige Energiekostensteigerungen kann einem Energienutzer relativ egal sein

d)   der absolute Fremdstrombezug in kWh sinkt um fast die Hälfte. Das bedeutet auch erhebliche Senkung der Schadstoffe durch Großkraftwerke

e)   Im Gegensatz zur kaum nennenswerten Einsparquote beim Nachtstromspeichermodell liegen die Einsparquoten mit Einsatz von regenerativen Energien (auch für Mieter möglich!) im oberen zweistelligen Bereich, teilweise bis 90%.

Man darf aber keine WWH für Wohnräume aus dem Baumarkt holen. Auch sollte man nicht auf Empfehlungen von mehr oder weniger kompetenten und neutralen „Experten“ hören, welche entweder die Technik nicht kennen oder die eigenen Produkte vor einem Systemwechsel schützen wollen.

Die Physik gibt einige grundlegende Voraussetzungen für erhebliche Sparerfolge vor:

  1. Die Leistung pro Gerät sollte 800 Watt nicht übersteigen
  2. einen hohen Wert im Wärmewellenspektrum aufweisen
  3. den Raumbedingungen in Bezug auf Deckenhöhe, Dämmungsstandard und qm angepasst sein.

Fazit:

a)   Im Gegensatz zum ineffektiven Nachtstrommodell muss jedes Objekt individuell und einzeln auf optimierte Einsparquoten berechnet werden. Der wirtschaftliche Nutzen ist und bleibt Hauptentscheidungsgrund für Energieeinsparmaßnahmen.

b)   Statt den Bewohnern von Mietwohnungen zu raten, Einsparungen bei NSÖ-Betrieb durch Fremdlieferungen an/von Dritten oder Dämmungsmaßnahmen vorzunehmen, sollte besser ein genereller Systemwechsel vorgenommen werden. Denn viele der NSÖ-Betreiber sind Mieter und haben kaum Einfluss auf Eigentümermaßnahmen.

c)   Nachtspeicheröfen gehören aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen unbedingt so schnell wie möglich ersetzt. Selbst bei neuen Geräten und günstigen Nachtstromtarifen rechnen sich sogar fabrikneue NSÖ bei extrem niedrigen NSÖ-Tarifen nicht mehr. Außerdem breitet sich immer mehr Energiearmut aus. Besonders Mieter kleiner Wohnungen mit entsprechend geringen Einnahmen sind nicht mehr in der Lage, ihre Heizungskosten zu bezahlen.

d)   Energetische Abhängigkeiten von Eigentümer und Fremdstromlieferanten werden mit einem Systemwechsel aufgehoben

e)   Mit WWH stehen den stark gebeutelten NSÖ-Betreiber erstmals Alternativen für einen grundlegenden Heizungswechsel mit erheblichen Kosteneinsparungen zur Verfügung.

f)   In den meisten Fällen rechnet sich eine neutrale und fachkompetente Energieberatung sowie ein Tausch der NSÖ durch WWH, die auch Infrarotheizungen genannt werden.

Oft wird bemängelt, dass erst einmal die Investitionskosten aufgebracht werden müssen. In Zeiten der immer häufiger auftretenden Finanzierungsblockaden durch Banken, ist der Einwand berechtigt.

Doch meist liegen die Einsparquoten bei klassischen Maßnahmen mit sehr hohen Investitionskosten weit unter dem Level, welche vernünftige Rückzahlraten ermöglichen. Die Folge ist, dass sinnvolle Maßnahmen, wie die Installation einer Photovoltaikanlage, nicht erfolgen.

Wenn aber allein schon durch den Ersatz NSÖ gegen WWH über 2.500 Euro pro Jahr frei werden, sind Finanzierungen von 9.000 Euro für optimale Photovoltaik (Balkonkraftwerk) und WWH allein durch die Einsparungen nach max. 4 Jahren amortisiert. Einspareffekte durch Geräte mit weniger Leistungsaufnahme, günstigere Tarife als der Durchschnitt, Teildämmungen (wie Rolllädenkästen abdichten) oder höhere Stromspeicher erhöhen die Effizienz bei gleichzeitiger Senkung der noch zu zahlenden zukünftigen Kosten. Dies wirkt natürlich positiv auf die Rentabilität.

Außerdem existieren neue Finanzierungsformen wie Contracting oder Crowdfounding-Angeboten für Effizienzmaßnahmen.

Das Ökostromanbieterangebot hätte allein wegen den extrem niedrigen Einsparquoten, dem nicht genau definierbaren Eigenenergieanteil und dem in fast allen Bereichen bestimmenden „Dritten Vertragspartner“ keine Chancen auf eine alternative Finanzierung.

Über Jürgen Eiselt