Locked in -Wach auf, wenn du kannst von Holly Seddon – Rezension

Beeindruckend und ungewöhnlich

Alex Dale ist eine brillante Journalistin. Doch sie hat ein Alkoholproblem. Mehr als ein paar Stunden am Tag hält sie ohne Drink nicht aus, beruflich hangelt sie sich von einem Freelance-Job zum nächsten. Bei der Recherche für einen Artikel stößt sie auf den Fall von Amy Stevenson, die seit vielen Jahren im Koma liegt. Und plötzlich erwacht Alex’ untrüglicher journalistischer Spürsinn wieder. Sie ahnt, dass Amy ein Geheimnis hat. Aber wer soll einer Alkoholikerin schon glauben? (Klappeninnentext)

Das Locked-in-Syndrom bezeichnet laut Wikipedia einen Zustand, in dem ein Mensch zwar bei Bewusstsein jedoch körperlich fast vollständig gelähmt und unfähig ist, sich sprachlich oder durch Bewegungen verständlich zu machen. Eine schreckliche Vorstellung, aber genau das ist Amy widerfahren. Zunächst lerne ich den unbeschwerten Teenager Amy kennen und schon im nächsten Kapitel finde ich mich auf der Krankenstation für Wachkomapatienten wieder. Dort begegne ich ebenfalls Alex, die für einen Artikel dort recherchiert und zufällig am Bett von Amy landet. Ab diesem Moment nimmt das Schicksal seinen Lauf und das Leben beider Frauen wird sich verändern. Alex, die eigentlich nur noch für ihre Sucht lebt, sieht plötzlich einen neuen Sinn, sie hat ein Ziel und ihr Jagdinstinkt wird neu geweckt. Sie will unbedingt heraus finden, was damals vor 15 Jahren mit Amy passiert ist und hilft sich damit auch selbst. Ihre Vergangenheit ist ebenfalls dramatisch, allerdings auf eine ganz andere Art. Der Dritte im Bunde ist Jacob, den ich zunächst gar nicht zuordnen konnte und dann ist er eine wichtige Schlüsselfigur. Deshalb möchte ich hier gar nicht so viel über seine Passagen sagen, damit die Spannung erhalten bleibt. Ja, ich erlebe immer wieder Spannungsmomente, aber auch viele leise Passagen, die nachdenklich machen.

Holly Seddon baut ihren Roman sehr gekonnt auf. Sie widmet die einzelnen Kapitel Alex und Jacob, springt ein wenig zwischen den Zeiten hin und her und lässt auch Amy zu Wort kommen. Das habe ich als besonders dramatisch und emotional empfunden. Der Rest liest sich ein bisschen wie ein Thriller. Aber es ist definitiv kein Thriller. Wer das erwartet, wird enttäuscht sein. Es gibt zwar viele Spannungsmomente, aber das Hauptmerkmal dieses Romans ist ein anderes. Denn die leisen Passagen, die mich unweigerlich nachdenklich machten, machen diesen Roman zu etwas Besonderem. Auch wenn mich die Gedanken von Amy sehr berührt haben, so geht mir auch das Schicksal von Alex sehr nah. Sehr einfühlsam und dann wieder knallhart berichtet Holly Seddon über ihre Exzesse. Mitgefühl mischt sich mit Ekel und wandelt sich zu Achtung vor dem eisernen Willen, den die junge Frau an den Tag legt. Und auch Jacob hat ein schweres Päckchen zu tragen, das völlig anders geartet ist und mir einen interessanten Blickwinkel bietet. Am Ende fügt sich alles zusammen zu einem stimmigen und sehr emotionalen Ganzen.

Fazit: Beeindruckender Roman über das Locked-in-Syndrom, informativ, berührend und mit vielen Spannungselementen!

Die Autorin:

Holly Seddon wuchs im Südwesten Englands auf und lebt mittlerweile mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Amsterdam. Sie arbeitete fünfzehn Jahre lang in verschiedenen Nachrichtenredaktionen. Als freie Journalistin schreibt sie für Magazine, Tageszeitungen und Onlinemedien.

Locked in – Wach auf, wenn du kannst ist im Heyne Verlag erschienen.

Leseprobe

Interview mit Holly Seddon

Meine Rezension bei Amazon und weitere Infos zum Buch findet ihr hier


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