Löcher in die Luft schlagen

Seit einigen Wochen hat uns der Fitnesswahn wieder voll im Griff. Jetzt heißt es für uns zweimal in der Woche „Sport macht Spaß!“, denn wir sind jetzt Mitglied in einem Fitnessclub. Keine dieser überfüllten „16 Euro im Monat und du kannst kommen wann du willst“ Muckibuden, sondern ein Edelfitnesscenter wo schon die Berühmten unter den Berühmten trainiert haben. Der Vorteil der meist viel teureren Center ist das zusätzliche Angebot wie Wellnessbereich und Kursangebote. Zusätzlich ist die durchschnittliche Bevölkerungsdichte in diesen Studios (zumindest in unserem) meist nur ein Drittel von der in den großen preiswerten Ketten.
Was fängt man also mit den ganzen Mehrangebot an. Ganz klar, man nutzt es natürlich. Also Kursplan ausgedruckt und studiert. Yoga, Aerobic, Gymnastik, BBP oder Step das klang mir alles nicht männlich genug, also weiter gesucht. Aha, was stand da - Tae Boe – das klingt nach Kampfsport. Gut, warum sollte man das nicht mal ausprobieren. Da gab es einen Kurs über 45 Minuten für Anfänger geführt von einer Trainerin und den Kurs für Fortgeschrittene über 60 Minuten bei einem Trainer. Die Entscheidung war klar und männlich - wir machen natürlich das Training für Fortgeschritte. So ein paar Löcher in die Luft schlagen kann doch jeder und da brauchen wir kein Kindergartenkurs.
Für die Sportmuffel, Tae Boe ist eine Fitness-Sportart mit Elementen aus dem asiatischen Kampfsport verbunden mit Aerobic. Der Name mag an asiatischen Kampfsport erinnern ist aber ein Akronym für den Slogan des Erfinders Billy Blanks und steht für:
  • Total commitment to whatever you do (= Volles Engagement für das, was du tust)
  • Awareness of yourself and the world (= Bewusstsein deiner selbst und deiner Umwelt)
  • Excellence, the truest goal in anything you do (= Perfektion, das wirkliche Ziel in all deinem Tun)
  • the Body as a force for total change (= der Körper als die Macht für totale Veränderung)
  • Obedience to your will and your true desire for change (= Gehorsam deinem Willen gegenüber und deinem wirklichen Verlangen für Veränderung)
Es kam natürlich wie so oft, die Arbeit verhindert den Besuch bei dem fortgeschrittenen Kurs. Da wir nicht wieder eine Woche warten wollten und es zeitlich genau passte, entschieden wir uns 3 Tage später für den Kindergartenkurs. Vorher noch schnell 1 Stunde Muskeltraining absolviert und dann ab in den Kurs.
Die Trainerin richtete ein paar Worte an alle Neulinge und erklärte einige Sachen. Sie wies daraufhin, daß man soweit mitmachen soll soweit man kann. Es wäre keine Schande auch mal kurz auszusetzen. Ich schaute selbstsicher in die Runde und hoffte das alle Neulinge wirklich gut aufgepasst haben.
Dann ging es los! Vor, Zurück, Schlag, Tritt, zur Seite, langsam, schnell...wir verprügelten die Luft im Raum und bewegten uns dazu mehr oder weniger anmutig zu der Musik. Anfangs kam ich mir etwas albern vor und ich wusste es muss witzig aussehen was ich hier machte. Bald aber war mir ziemlich egal wie das aussah. Plötzlich hieß es nur noch durchhalten und überleben! Nach 15 Minuten schrie mein Körper um Hilfe und mir wurde bewusst, daß die Trainerin in der Ansprache vorhin auch mich meinte – den Neuling. Mir war das jetzt innerlich bewusst aber ein Mann ist kein Mann, wenn er das jetzt auch noch nach außen zeigen würde und schwächelt. Also hieß es Zähne zusammenbeißen und weiter Schlagen und Treten. Hier und da fand man Situationen, wo man unbemerkt etwas bescheißen, Entschuldigung natürlich Schummeln, konnte und etwas Energie sparte. Nach 30 Minuten war der Kampfteil geschafft und es kamen noch ein paar kleinere Kraft- und Entspannungsübungen. Dabei wurde mir klar, dass ich das Training für Fortgeschrittene nicht überlebt hätte und als von der Luft (oder von der Selbstüberschätzung) geschlagener Mann aus der Arena hätte fliehen müssen.
Die 45 Minuten waren richtig anstrengend und haben den ganzen Körper gefordert. Trotzdem war ein gewisser Spaßfaktor dabei und man hat den Antrieb besser zu werden. Deshalb werde ich mich jetzt öfters in diesem Kurs (weiterhin für Anfänger ;-)) sehen lassen. Vielleicht darf ich dann irgendwann mal bei den Großen mitmachen...

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