Lob für Gauck, Schelte für die Kanzlerin

Dennoch kalkulierte man bei der ARD angesichts des jüngsten parteipolitischen Gezänks nicht mit einer solch schnellen Einigung. Und so musste Jauch seine noch vor der Gauck-Wahl vorbereitete Sendung «in die Tonne hauen», wie er es selbst formulierte, und mit seinen Gästen improvisieren. Seine oft wiederholte Frage, was Kanzlerin Angela Merkel zur Umkehr bewegt haben könnte, blieb allerdings weitgehend unbeantwortet.

Geißler: Warum keine Frau?

Schade. War das doch einigermaßen überraschend, weil die Union Gauck als Nachfolger eigentlich verhindern wollte und es deshalb kurzzeitig nach einer handfesten Koalitionskrise ausgesehen hatte. Andrea Nahles (SPD) erklärt Merkels Zögern bei Jauch so: «Sie hätte eingestehen müssen, dass sie vor zwei Jahren einen Fehler gemacht hat. Und das musste sie letztlich auch.» Dies empfindet sie als Niederlage für die Kanzlerin. Ex-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert hingegen spricht Merkel Stärke zu. «Sie ist über ihren Schatten gesprungen», sagt er.

Egal, ob man das Einlenken der Kanzlerin nun als Schwäche oder Stärke interpretieren möchte – Recht gemacht hat sie es mit ihrer Entscheidung scheinbar jedem in der Jauch’schen Runde. Zufrieden sind sie mit Gauck als künftigem Bundespräsidenten jedenfalls alle. «Er wird die Herzen der Menschen erreichen. Das ist das Entscheidende im Moment», glaubt Wolfgang Bosbach (CDU). Gauck habe eine Art zuzuhören, die in der Politik oft abhanden gekommen ist, ergänzt Nahles.

Auch Wickert und Hildegard Hamm-Brücher (FDP), selbst im Jahr 1994 Kandidatin für das Bundespräsidentenamt, haben nur schwärmende Worte für den DDR-Bürgerrechtler übrig. Er habe das Potenzial, die Kluft zwischen Bürgern und Politikern zu verkleinern, sei glaubwürdig und integer. Einzig Heiner Geißler (CDU) gibt zu, dass er gerne eine Frau im Amt gesehen hätte, etwa Ursula von der Leyen oder Margot Käßmann. Viel wichtiger ist ihm aber das Anliegen, die Bürgergesellschaft zu stärken und mehr Beteiligung zu ermöglichen. Bei der Wahl des Bundespräsidenten, vor allem aber in Sachfragen.

Parteipolitisches Geklüngel ist allgegenwärtig

Das trägt er auch gleich Gauck als Hausaufgabe auf. Doch hier beißt sich die Katze gleich doppelt in den Schwanz. Denn der Bundespräsident hat keinen Einfluss auf das politische Tagesgeschäft, kann lediglich Impulse geben und dürfte es somit schwer haben, plebiszitäre Elemente voranzubringen. Auch eine Direktwahl seiner Person würde daran nichts ändern. Vielmehr müssten damit einhergehend auch seine Befugnisse erweitert werden, so Geißler.

Bisher habe man fürs Kritischsein als Bundespräsident «immer auf den Deckel bekommen», sagt Hamm-Brücher. Eine Volkswahl könne dazu beitragen, das zu ändern, glaubt sie. Und während Bosbach und Nahles damit die im Grundgesetz verankerte Machtbalance zwischen Kanzler und Präsident in Gefahr sehen, bleibt die Erkenntnis, dass die Parteipolitik sich nicht ausschließen lässt. Auch bei der Wahl des Bundespräsidenten nicht.

Denn so sehr Gauck als «Konsenskandidat» gehandelt wird, so sehr steckt auch hinter seiner Nominierung parteipolitisches Kalkül. Ob nun seitens der FPD, die mit ihrem Dafürsprechen vorpreschte, oder seitens der Union, die klein beigab. Die Linke – 2010 gegen Gauck – wurde in der Sache ganz außen vor gelassen. Laut Nahles «ein Fehler von Frau Merkel». Wenn Konsens, dann richtig. So bleibt Gauck, dessen endgültige Wahl durch die Bundesversammlung nur noch Formsache ist, vorerst ein Fast-Allparteienpräsident. Aber vielleicht kann der parteilose Hoffnungsträger das während seiner Amtszeit ja ändern.

Quelle:
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«Günther Jauch» – Lob für Gauck, Schelte für die Kanzlerin


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