Schicksale wie das von Cem Özdemir, der vom billig eingekauften Krawattenmodell zum geachteten Grünenchef und Elvis-Imitator wurde, oder das des ehemaligen Zentralratschef-Aspiranten Michel Friedman, der mit dem Geld, das er nach seiner "Drogenbeichte" (Bild) für die Verpflichtung ukrainischer Nymphen sparte, die Moral für alle Zeiten pachten konnte, könnten ebensogut für Guttenbergs strategischen Fehler sprechen.
Doch mit der "Fall Käßmann", zitiert die "Welt" einen älteren Beitrag des "Spiegel", begann "ein neues Kapitel in der langen Geschichte im Umgang mit Schuld“. Nicht Möllemann, der wegen eines Einkaufwagenchips ging, Köhler, der die Kanzlerinnenpolitik zu einer immer stärkeren Abgabe von Souveränitätsrechten aus Berlin nach Brüssel ablehnte, oder Seiters, der über die vom Star-Journalisten Hans Leyendecker ausgedachte Geschichte eines Mordes in Bad Kleinen stolperte, sind Vorbild. Sondern die krassen Comebacks gefallener Engel, denen die Offenbarung von Fehlbarkeit nicht Rufschaden, sondern den Ruf der Unverbiegbarkeit bescherten. Käßmann hätte kürzlich wahrscheinlich sogar den Preis angenommen, mit dem eine Stiftung ihren unumgänglichen Rücktritt im Nachhinein zur mutigen zivilcouragierten Tat aufblasen wollte. Das Unverständnis der Menschen aber war noch zu groß, Käßmann lehnte die Annahme pikiert ab. Guttenberg wird das nicht tun müssen. "Auf die Dialektik von Selbsterniedrigung von Selbsterhöhung verstehen sich nur wenige so meisterhaft wie Käßmann", urteilt die "Welt". Guttenberg eingeschlossen.