Lily Verner blickt auf erfolgreiche Jahrzehnte als Direktorin des Familienbetriebes zurück. Nun hat ihr Sohn die Führung in der Seidenweberei übernommen und Lily bereitet sich darauf vor das Kastanienhaus, in dem sie seit ihrer Kindheit und später mit ihrem Mann lebte, an die nächste Generation zu übergeben. Im Kastanienhaus sind auch die Erinnerungen an die turbulenten Zeiten der Firma nicht fern und die entbehrungsreichen Kriegsjahre.
Lily erinnert sich an die Zeit zurück, als ihre Familie mit der Produktion von Fallschirmseide beginnt und sich so als kriegswichtiger Betrieb durch die Kriegsjahre rettet. Aber der Krieg verlangt nicht nur im Geschäftsleben Opfer, sondern auch in der Liebe.Ich mag historische Romane sehr gerne und ganz besonders, wenn sie in mehreren Zeitebenen erzählt werden. Das trifft in gewisser Weise auch auf "Das Kastanienhaus" zu, allerdings werden hier nur Anfang und Ende von einer gereiften Lily erzählt, während sich der komplette Mittelteil den Jahren von 1938 bis 1945 widmet.
Neben Lily ist der zweite Weltkrieg hier die zweite Hauptfigur und ich fand es bewundernswert wie gut Autorin Liz Trenow hier Fakten, dramatische Ereignisse und Gefühle miteinander verwebt hat. Nebenbei erfährt man auch noch so einiges interessantes zur Geschichte der Seidenproduktion und den Familienbetrieb, da jedes Kapitel mit einem Abschnitt aus einem fiktiven Buch über dieses Thema eingeleitet wird. Noch schöner hätte ich es nur gefunden, wenn über den Kapiteln noch eine Zeitangabe gestanden hätte, da mir manchmal die genaue zeitliche Orientierung gefehlt hat.
Lily ist mir sehr ans Herz gewachsen. Ihre Geschichte ist fiktiv, aber ihre Emotionen und ihre Verluste spiegeln das Leben vieler Betroffener während des zweiten Weltkrieges wieder. Zudem widmet sich dieses Buch Aspekten des Krieges, die mir zuvor nicht so bewusst waren, obwohl ich schon viele Bücher gelesen habe, die sich mit dieser Epoche beschäftigen. Zum einen die Situation von "feindlichen" Staatsangehörigen, die zu Kriegszeiten in England lebten und zum anderen die Besonderheit des "Luftkrieges" im zweiten Weltkrieg.
Ganz besonders hat mich jedoch beeindruckt wie sehr es die Autorin verstanden hat den Leser mit den dramatischen Ereignissen zu verknüpfen und in der Geschichte gefangen zu halten. Ich habe mit Lily gelacht und geweint und gehofft, auch wenn schon lange klar ist, dass der Krieg wenig unbeschadet lässt. "Das Kastanienhaus" wirkte auf mich zu Anfang nicht so, als wenn es mich wirklich packen könnte, aber mit jeder Seite die ich umblätterte hat es mich mehr in seinen Bann gezogen. Empfehlen kann ich dieses Buch daher an alle Leser, die gerne historische Roman aus der Zeit des zweiten Weltkrieges lesen, in denen insbesondere die emotionale Seite der Geschichte überzeugen kann.
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