Listenterror #02 - Meine 10 liebsten Comics in 2011

Listenterror #02 - Meine 10 liebsten Comics in 2011
Einmal mehr eine Lieblingsliste - diesmal die 10 grandiosesten Comics organisisiert ohne Hierarchie.
Oneshots
Baru - Hau die Bässe rein, Bruno!
Baru kann es immer noch - Sozialkritik ohne Schonung, immer wieder Uppercuts, immer wieder Zorn & Wut in Farben gegossen. Dabei erzählt er noch ganz beiläufig von den grossen Reisen ins Glück, dem Elend des Exils & der Flucht nach vorn, dem schäbigen Leben der sans-papiers & den verlogenen Versprechungen der Ferne. Brillantes Stück politische Comickunst, das in jeden Sammelschrank gehört.
Amir & Khalil - Zahras Paradise
Endlich ist der mutige Webcomic auch als Holzmedium zu haben, zwar hat der Verlag ein wenig an dem Designmöglichkeiten gespart - das Buch wirkt leider etwas schulbuchig, aber der Inhalt ist über jeden Zweifel erhaben & der hervorragende (von Knesebeck) angefügte Appendix entschuldigt auch den Coverstolperer. Immer noch einer der berührendsten Comics über die aktuelle Lage im Iran und eine faszinierende Dokumentation  der blutigen Niederwerfung der grünen Revolte & des tagtäglichen Widerstand demokratischer Stimme gegen eine alles zensierende Theokratie. Wichtig.
Murat - Der Mörder weinte
Ein Mörder weint, ein Kind zähmt eine Bestie - eine eindrucksvolle Literaturadaption fand 2011 ihren Weg auf die Präsentationsflächen der Comicläden. Bitter, schonungslos, frei von emotionalem Zierrat - hart & unausweichlich. Selten hat mich ein so kurzer, textarmer Comic derartig fesseln können. Schwer zu beschreibender Titel, dessen Überzeugungskraft sich aus dem unwiderstehlichen Sog der Bilder speist. Großartig.
Corbeyran / Murat - Lauras Lied 
Auch die zweite Romanadaptiuon von Murat überzeugte auf gesamter Linie. Die knallharten, direkten Schilderungen des Missbrauchs bescheren sicherlich nicht die allererheiterndste Lektüreerlebnis, aber diese Narrativ ist zwingend und möglicherweise die mutigste Veröffentlichung des Jahres. Murat beweist, dass ein kritischer Comic keine hinweisstarke Schraffur benötigt, Ohrfeigen kann man auch in Pastelltönen verteilen. 
Deadpool - Wade Wilsons War
Der irrste Antiheld (nach Chu) macht einfach nur Spass. Anarchisch, bösartig, satirisch, sardonisch. Es gab wenige Comics bei denen das WTF!-Moment so oft auftrat. Der fixheilende, mehrstimmige Typ im roten Gewand konnte sogar mich konsequenten Superheldenverächter für das Genre einnehmen. Brillanter Pulp, der nach deutlich mehr schreit, leider bewiesen die Folgenbände (Ausnahme Deadpool - Pulp) weniger Finesse, Klasse & Bösartigkeit. Aber dieser Sonderband ist ein wunderbarer Hieb mit dem Satirehammer.
Fabio Moon / Gabriel Ba - Daytripper
Was passiert mit uns wenn wir  sterben? - eigentlich ist diese Frage leicht zu beantworten, man ist tot - Punkt. Aber welche Wege hätte unser Leben nehmen können, wenn wir dieses Rendezvous mit Joe Black ausschlagen hätten können? Die beiden irrwitzig guten Comicbrüder aus Brasilien bieten auf diese Frage eine äusserst charmante Antwort. In kleinen (phantastisch colourierten) Meisterwerken der Comicerzählkunst, bebildern sie farbenfroh diese Möglichkeitswelten. Der magische Realismus ist im Comic angekommen & er wurde dort vollendet! Tut mir leid liebes Feuilleton - Punkt, Satz & Sieg für die diffamierte Neunte Kunst. Literarisch, anspruchsvoll, feinsinnig, emotional übergriffig. 
Serien
Layman / Guillory - Chew
Ein Geschmacksknospentelephat, halbrobotisierte Assistenten, illegale Hühner, sinistre Ausserirdische, fiese Sowjetvampire, ausschweifende Tiersexparties am Nordpol, französische Gourmetterroristen, eine süffisant erzählte Liebesgesichte zwischen Mutanten voller Magensäure & Fieberträume ... wem es gelingt all diese Zutanten zu einer vollschmeckenden Suppe zu verrühren - dem gebührt schon Respekt. Gelingt es dem Macher zusätzlich (nach der Ablehnung des Manuskripts durch verschiedene Comicgroßverlage) independent noch einige Harveys & Eisner einzuheimsen, so muss man jubelieren. Wunderbar durchgeknallte Story, voller überdrehter Ideen, die ganz zu Recht durch die Decke geht.
Dorinson / Lauffray - Long John Silver
Piraten - eigentlich ist zu diesem Thema alles gesagt worden - dachte ich bis ich den ersten Band dieser Serie in Händen hielt. Zwar grafisch durchaus dem traditionellen Comic verpflichtet überzeugt der Titel durch eine raffinierte Licht-Schatten-Inszenierung und hervorragende Seitenlayouts. Der Titel oszilliert im Spannungsfeld zwischen impressionistischer Malerei und klassischer frankobelgischer Comicgrandezza. Und ich habe mich bislang noch nicht zu dem klugen Szenario geäußert, welches hochkomplex mit dem gesellschaftlichen Strukturen der Viktorianischen Ära spielt. Aussergewöhnlich & ein Beweis mehr, dass die wirklich klugen Graphic Novels sich noch immer im Gewand des seriellen Comics kleiden. Lasst all die Spötter anderes behaupten - an diesem illustrierten Erzählexperiment der Sonderklasse führt kein Weg vorbei.
Morvan / Buchet - Sillage
Und auch 2011 garantiert der Sci-fi-Klassiker aus dem Hause Carlsen hochwertige Unterhaltung. Kritisch, philosophisch, bissig, ironisch ... hier ist für jeden was dabei. Auch 15 Jahre nach dem ersten Titel hat der Sillage-Kosmos kein Quentchen seiner Klasse eingebüsst und er bleibt mehrfach lesbar, ob als Sci-Fi-Abenteuer für die Jugend, ob als kluges Antidot zum stark vereinfachten Sternenkriegkosmos für die Genrejünger oder als intelligentes Umrunden der Natur des Menschen - quasi eine Art illustrierte Sternenphilosophie - ein jeder wird sich hier wiederfinden können. Wegen des konsequent hohen erzählerischen Niveaus, der technischen Finesse des Zeichners & den immer wieder überraschenden Storytwists immer wieder ein Genuss.     
Bendis / Mallev - Scarlet
Bitterböse. Gallig. Knochenhart. In den USA schon als der Nachfolger von V for Vendetta gefeiert - nach dem ersten Teil kann ich diesen Lobgesängen nur zustimmen, dieses Rachedrama ist möglicherweise ein neuer Genremeilenstein - ein monolithisches Etwas, dass in die spröde gewordene Comicwelt hineinkracht wie die Krisedellen in den Dax. Hier wird nichts ironisch ins Entfernte verschoben, man gewährt keine  eskapistische Hintertür. Scarlet mordet im korrupten Heute, im Jetzt - und ihr Morden ist eine extreme Reaktion auf die Kaltblütigkeit ihrer Umwelt. Sie war fast tot, hingerichtet aus kurzer Distanz, jetzt kehrt sie wieder als zornige rothaarige Rachegottheit, deren Sinne unempfänglich sind für Milde oder Mitleid. Ein überzeugendes, schockierendes &  kontroverses Stück Comicirrsinn.

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