Lissabon

Von Rockthekitchen @Kitchenthe

Am frühen Nachmittag war es soweit, der Zug erreichte den Bahnhof Santa Apolonia und somit Lissabon, die letzte Station der Reise.

In dem Häuser- und Gassengewirr der kleinen Anhöhe nördlich der Baixa zwischen den großen Plätzen Praça dos Restauradores und Praça Martim Moniz befand sich das Appartement in der Rua Convento da Encarnação.

Convento Apartment
Rua Convento da Encarnação 23

Eine gemütlich renovierte 2-Zimmer-Wohnung mit allem, was man für einen angenehmen Aufenthalt braucht. In der Nachbarschaft findet sich ein altes, kulturell buntes Wohnviertel mit einigen kleinen Geschäften und Restaurants/Kneipen.

Verlässt man das Viertel in südlicher Richtung (irgenwie auch der einzig sinnvolle Ein-/Ausgang) steht man fast unweigerlich vor einer echten Lissabonner Institution, der Bar A Ginjinha. Hier gibt seit 150 Jahren nur das Getränk selbigen Namens. Der Sauerkirsch-Likör wird in kleinen Plastikgläsern mit Kirschen ausgeschenkt und muss eigentlich auch genau hier probiert werden. Einige Touristen und Einheimische stehen fast immer an und trinken bzw. verschütten die gut gefüllten Gläser und das Geräusch der am Boden klebenden Schuhsohlen mischt sich mit dem Stimmengewirr.


Ginjinha
Largo São Domingos 8

Der restliche Nachmittag fing also gut an und ging auch so weiter. Auf dem Praça de Dom Pedro IV (Rossio) war eine Veranstaltung mit Musik und Theater. Auf dem Praça da Figueira ein Markt mit den unterschiedlichsten portugiesischen Lebensmitteln bzw. Speisen.

Genug also um den restlichen Tag “rumzubringen”. Während frittiertes Brot aus Madeira gut ist, kann ich das über Porto Tonic (weißer Portwein mit Tonic, Eis und Zitrone) leider nicht so sagen. Irgendwie ist das Getränk nicht ganz mein Fall, hier gehen die Geschmäcker aber natürlich auseinander. Vielleicht lag es aber einfach an der Temperatur. Kaum war nämlich die Sonne verschwunden, wurde es doch recht kalt. Laut der Vermieterin würde der Sommer jetzt aber richtig beginnen.

Der Sommer meldete sich dann auch gleich am nächsten Tag mit einer unglaublichen Lichtinenstität der Sonne. Ich glaube, ich war noch nirgendwo, wo es so hell war. Selbst mit Sonnenbrille war es manchmal zu hell. Riskiert man dann aber doch einen Blick, sieht die Stadt irgendwie anders aus, hat fast schon eine Art Leuchten. In Bezug auf Lissabon hört man ja öfter von einer ganz besonderen Lichstimmung, das kann ich soweit bestätigen. Nichtsdestotrotz ging es nach Belém, dem traditionellen Hafen von Lissabon. Früher ging es hier unter anderem für Vasco da Gama auf große Reise, heute trifft man vor allem viele Touristen und das hat natürlich seine Gründe.

Neben den beiden Weltkulturerben Mosteiro dos Jerónimos und Torre de Belém gibt es natürlich auch Nata. Aber jetzt nicht irgendwelche Pastel de Nata sondern quasi das Original. Die Pastelaria Casa Pastéis de Belém stellt die kleinen Törtchen seit 1837 unter dem Namen Pastéis de Belém her und verkauft sie natürlich auch.

Der prophezeite Sommer erreichte, sicherlich sehr zur Begeisterung der Sonnenbrillenverkäufer, pünktlich diesen touristischen Ort. Es war mittlerweile nicht mehr einfach nur zu hell sondern auch heiß, zu heiß. Dieser Umstand beinträchtigte etwas den Erkundungswillen brachte ihn aber noch nicht ganz zum Erliegen. Unbedingt muss hier noch folgende Entdeckung erwähnt werden: Champalimaud Center for the Unknown, eine private Forschungseinrichtung für Krebs und Neurowissenschaften. Nach außen hin beeindruckt die moderne Architektur, welche einen wunderschönen Kontrast zu den umliegenden “alten” Gebäuden erzielt. Anders als bei manch anderen neuen Gebäuden stimmt hier aber einfach alles.

Am späten Nachmittag ging es wieder zurück in Richtung Zentrum bis zur Station Cais do Sodre. Direkt gegenüber befindet sich die Markthalle Mercado da Ribeira. Neben einem “normalen” Marktreiben gibt es hier auch eine grosse Halle mit vielen verschiedenen “Essensständen” und Bars. Von klassischen portugiesischen Speisen über Burger und Pizza bis zu Süssspeisen und natürlich den passenden Getränken gibt es hier alles was das kulinarische Herz höher schlagen lässt.

Mercado da Ribeira
Avenida 24 de Julho

Kühle Getränke, ein kleiner Imbiss und das schützende Dach der Halle über dem Kopf hatten einen positiven Einfluss auf die Unternehmungslustigkeit. Einen kleinen Spaziergang durch das Bairro Alto später war der Jardim de São Pedro de Alcântara erreicht, ein kleiner Park mit einem wunderbaren Ausblick auf Lissabon und das Castelo de São Jorge. Ein wirklich guter Platz für eine kleine Pause.

Jardim de São Pedro de Alcântara

Da es mittlerweile doch schon Abend war, konnte man natürlich auch gleich das vielfältige Angebot an Restaurants und Kneipen im Bairro Alto (Oberstadt) nutzen.

Die Entscheidung fiel auf den einzig freien Tisch in der Tapas-Bar 52. Die Einrichtung kann man durchaus mit einem Filmset vergleichen, die Lautstärke war beachtlich aber das Essen hat gepasst. Alles in allem war es dann doch sehr gemütlich, einzig die Preise verhindern ein zu langes Verweilen. Die Tapas-Bar war sehr gut besucht und die vielen schlechten Bewertungen kann ich, bis auf die Preise, nicht nachvollziehen. Ich fand es hier sehr schmackhaft und das Ambiente war wirklich der Knaller – sehr zu empfehlen!

Tapas-Bar 52 el gordo
Rua Dom Pedro V, 52
1250-094 Lissabon

Zurück ging es an der Standseilbahn Elevador da Glória vorbei über den nächtlichen Praça dos Restauradores zur Unterkunft und zur wohlverdienten Ruhe.

Nach einem Kaffee am Rossio ging es am nächsten Tag hin und her durch die rechtwinklig angelegten Straßen der Baixa mit dem Ziel Praça do Comércio und somit ans Ufer. Der ganze Stadtteil wurde nach dem großen Erdbeben 1755 komplett neu aufgebaut und beherbergt neben normalen Straßen auch eine große Fußgängerzone. Bis auf heute wurde hier irgendwie recht wenig Zeit verbracht, einzig beim irgendwo hinlaufen bzw. zurücklaufen wurde dieses Viertel passiert. Was haben wir alles verpasst?

Durch ein großes Tor betritt man den Praça do Comércio, einen recht großen freien Platz umringt von langestreckten Gebäuden welche Restaurants in ihren Arkaden beherbergen. Ähnlich einer Uferpromenade gibt es auch hier in der Nachbarschaft eine größere Zahl an Cafes/Kneipen und Restaurants. Weiter östlich am Ende der Rua da Alfândega gibt es ein Tor, welches die dichte Bebauung durchbricht und den Weg in Richtung der Sé de Lisboa, der Katedrale von Lissabon, ermöglicht. Im Schatten der hohen Kathedralen-Mauer gab es ein verspätetes Frühstück und somit eine erste Pause.

In Lissabon gibt es eine größere Anzahl an auf Dosenfisch spezialisierte Geschäfte. “Dosenfisch-Spezialitäten” klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas seltsam aber hier ist es ganz normal und nicht nur die Verpackung der kleinen Döschen ist ansprechend. Dosenfisch schafft es auch auf die eine oder andere Speisekarte und so gab es zu Auberginen- und Olivenpaste Thunfisch in Öl und portugiesische Wurst.

Caso Sério
Rua Cruzes da Sé 5
1100-192 Lisboa
Portugal

Alles in allem sieht die Gegend nach einem guten Pflaster für Restaurants aus.

Nach der Kathedralen-Begutachtung (wer auf die Straßenbahn warten kann, kann hier ein schönes Foto machen) galt es den Weg zur Burg zu finden und den Anstieg zu meistern. Beides recht einfach und so waren das Eingangstor und auch die Kasse schnell gefunden. Der äußere Bereich mit schönen Altstadtgassen ist frei zugänglich. Die Burg selbst und der Burggarten sind kostenpflichtig. Der Ausblick über die Stadt und die voll begehbaren, mit Zinnen bewährten, Mauern und Türme, sind es aber wert. Von hier aus sieht man gut die tiefer liegende Baixa und auch das Bairro Alto mit dem Jardim de S. Pedro de Alcântara, den Aussichtspunkt von gestern.

Aussicht hin- oder her, irgendwann muss man ja immer weiterziehen. Das nächste Ziel war der alte maurische Stadtteil Alfama. Vom großen Erdbeben unversehrt geblieben, hofften wir hier auf die passende Atmosphäre für einen Abend in engen Gassen. Wenn man die Burg in südöstlicher Richtung verlässt, trifft man fast automatisch auf den Largo Santa Luzia und die Kirche Santa Luzia. Der schön begrünte Platz ist ein beliebter und auch wirklich schöner Aussichtspunkt oder um mal etwas portugiesisch einzubringen: Miradouro.

Schöne Aussichten machen durstig und irgendwann auch hungrig also ging es weiter. Was enge Gassen betrifft, wird Alfama niemanden enttäuschen. Nach einer Treppe geht es um einige Ecken um dann wieder über eine Treppe etwas weiter nach unten zu gelangen. Einen ganz besonderen Flair hat das Viertel im Juni, wenn das Fest des Santo Antonio, des Schutzheiligen von Lissabon, gefeiert wird. Girlanden hängen über den Straßen, portugiesische Flaggen über dem Rest, Bierbänke stehen in den schmalen Gassen und die Bewohner sorgen für Speis, Trank und Musik. So lässt es sich definitiv aushalten.

Auf Treppenstufen einer Kirche wurde mit Ginjeira und Bier der erste Durst gelöscht und das fröhliche Treiben beobachtet. Es war eine gute Mischung aus Einheimischen und wenige Touristen. Eigentlich ja die ideale Möglichkeit um diverse Straßenstände testen zu können, die Entscheidung fiel aber dann doch etwas gediegener aus. Guter Rotwein und Tenderloin Steak.

Restaurante Santo António De Alfama
Beco São Miguel 7
1100-538 Lisboa
Portugal

Ein schönes Lokal mit gutem Essen, einer freundlichen Bedienung und schattigem Außenbereich. Auf dem Nachhauseweg ging es an einigen Fado-Kneipen vorbei über die Baixa zurück zum Appartement.

Letzter Tag in Lissabon und gleichzeitig auch letzter Urlaubstag. Auch, wenn es sicher noch viel zu sehen gab, war der Tag eher entspannt. Die letzten Tage gab es doch drei Städte und immer vieles zu sehen – da muss man auch mal Urlaub machen.

Ein Kaffee irgendwo am Rossio hat sich als Start in den Tag bewährt. Nicht weit davon entfernt befindet sich mit dem Elevador de Santa Justa ein Wahrzeichen der Stadt. Der Aufzug aus der “guten alten Zeit” verbindet zwei Stadtteile auf kraftsparende Art und Weise. Von der Aussichtsplattform aus hat man einen schönen Blick auf das Castelo de São Jorge, den Rio Tejo und die Kathedrale. Direkt hinter dem Aufzug sieht man die Ruinen des Convento do Carmo, einem ehemaligem Kloster welches beim großen Erdebeben zerstört wurde. Die Spitzbögen ragen wie ein Gerippe in den Himmel und geben ein einmaliges Bild ab.

Vor dem Kloster läuft man über den Largo do Carmo, einem kleinen, von Jacaranda-Bäumen umsäumten, geschichtsträchtigen Platz. Ein sehr gemütlicher Ort, die Jacaranda-Blüten, der Brunnen und die ganze Stimmung haben etwas malerisches. Genau richtig für ein “Frühstück”.

Malerisch war auch der nächste Platz. Lissabon hat anscheinen eine riesige Anzahl und Aussichtspunkten und immer wieder entdeckt man einen neuen Punkt und somit einen neuen Blick auf die Stadt. In dem Fall bieten sich die Ausblicke am östlichen Ende der Calçada do Duque an.

Café Buenos Aires
Calçada do Duque 31

Der Rest des Tages wurde gemütlich “verschlendert” und endete, wo er angefangen hat, am Rossio. Es warteten noch zwei portugiesische Würste darauf probiert zu werden. Alheira und Linguiça.
Erstere enthält neben mehreren Fleischsorten (außer Schwein) auch Brot und wurde frittiert serviert, letztere ist geräuchert und erinnert an eine Chorizo.

Gepaart mit Gin Tonic in einer hübschen Bar wurde der Tag entspannt beendet.

Sicherlich hat Lissabon im Herbst eine ganz eigene Stimmung und die vielzitierte Melancholie kommt hier mehr zum Tragen. Wer aber im Frühjahr /Anfang Sommer der Stadt einen Besuch abstattet und die Blüte der Jacaranda-Bäume erlebt kann sich sicher sein, einen guten Zeitpunkt erwischt zu haben. Lissabon wird mit dem ganz eigenen hellen Licht, den vielen Aussichtspunkten und den markanten Straßenbahnen in Erinnerung bleiben.

Wie immer, hätte es natürlich noch viele Dinge zum Anschauen gegeben, eine Auswahl als Merkzettel für das nächste Mal: Mehr Bairro Alto und Alfama, Mode- und Design-Museum Mude, mehr Tram 28, A Brasileira, Christus-Statue (Christo Rei), “Cacilheiro”-Bootsfahrt, Parque Eduardo VII., Sintra. Habt ihr noch Tipps?

Mit der Tram 28 muss man wahrscheinlich fahren, leider war die aber immer sehr gut gefüllt und vieles ist auch einfach Fuß zu erreichen. Ein verregneter Tag mit der Straßenbahn auf dieser Linie kann aber sicher etwas ganz Besonderes sein.