„Die Blumenuhr“ erschien in der Reihe Thorbeckes Kleine Schätze. Ich bin erst jetzt darauf aufmerksam geworden und möchte das Buch gerne vorstellen, damit in möglichst vielen Gärten individuelle Blumenuhren entstehen.
An blühenden Zeitmessern kann man nämlich nicht nur erkennen, was die Stunde geschlagen hat, sondern auch, wie sich Pflanzen im Lauf des Jahres entwickeln und von welchen Tieren sie Besuch bekommen. Als es keine Uhren gab, wussten noch viele Bauern anhand von Blüten, wann es beispielsweise Zeit fürs Mittagessen war: Der Wiesenbocksbart schließt seine pünktlich zur Mittagszeit.
Schon als Kind war Carl von Linné von Pflanzen fasziniert. Als Junge sammelte er sie mit seinem Vater, später auf seinen zahlreichen Reisen. 1742 gestaltete Linné den Botanischen Garten in Uppsala und erweiterte die Sammlungen der Universität.
Er unterrichtete Botanik und mittwochs und samstags mit seinen Studenten und Gasthörern in die Natur, um Pflanzen und Insekten zu sammeln und zu bestimmen. Bei seinen Naturbeoachtungen fielen ihm die unterschiedlichen Blühzeiten auf. Als Grund sah Linné das Zusammenspiel von Blumen und ihren Bestäubern, doch nicht für alle Blüten seiner 1745 angelegten Blumenuhr trifft diese Kausalität zu.
Linnés Blumenuhr besteht aus zwölf Feldern, auf denen die Blüher gepflanzt sind, die zur entsprechenden Stunde ihre Blüten öffnen oder schließen. Insgesamt 21 verschiedene Blütenarten reihen sich im Uhrzeigersinn aneinander:
Das Habichtskraut öffnet um acht Uhr morgens, der blaue Acker-Gauchheil ist eher Spätaufsteher und folgt gegen 9 Uhr, die Wunderblume erst am späten Nachmittag, zwischen 16 und 17 Uhr. Dafür bleiben ihre Blüten bis spät in die Nacht geöffnet und werden von Nachtfaltern besucht. Der Waldsauerklee, der sich bei mir im Garten ausbreitet, öffnet seine weißen Blüten überhaupt nur bei Sonnenlicht.
Jede Pflanze ist im Buch mit Infotext und bezaubernden Farbzeichnungen oder Farbfotos portraitiert, eine doppelseitige historische Illustration der Blumenuhr zeigt die Blumen in der Reihenfolge ihrer Öffnungs- und Schließzeiten. Auch die Blumenuhr der Insel Mainau ist zu sehen.
Wer jetzt Lust bekommen hat, eine eigene Blumenuhr zu pflanzen, muss dafür nicht zwingend Linnés Blüten verwenden. Eine Blumenuhr kann ganz nach Gusto und vor allem nach den Gegebenheiten im eigenen Garten gestaltet sein. Klatschmohn zum Beispiel regt sich schon in der Morgendämmerung und die Passionsblume zeigt ebenfalls, wann Zeit fürs Mittagessen ist.
Wer seine Pflanzen genau beobachtet, wird es wahrscheinlich nicht ganz zu Linnés exakten Zeitangaben schaffen – das Wetter lässt sich mit vielen Blüten aber oft zuverlässiger vorhersagen, als mit meteorologischen Instrumenten und Messdaten. Zum Buch sind außerdem Postkarten mit den jeweiligen Pflanzenzeichnungen erschienen – für schöne Grüße aus dem Blumenuhrgarten.
Die Blumenuhr, 64 Seiten mit Farbfotos und Farbillustrationen, Hardcover mit Halbleinen, 9 Euro 90, Thorbecke Verlag