ERFURT. (hpd) Am letzten Samstag trafen sich Laizisten aus der Partei DIE LINKE im thüringischen Erfurt, um sich bundesweit zu organisieren. Bisher gab es nur anerkannte Arbeitsgemeinschaften auf Länderebene in Thüringen, Bayern und NRW. In Vorbereitung sind ebensolche in Hessen, Baden-Württemberg und Berlin.
von Rolf Michalowsky
Bundesweit haben sich inzwischen etwa 280 Laizisten in Arbeitsgemeinschaften (AG) organisiert. Um den Status einer anerkannten Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) zu erlangen, sind etwa 360 Mitglieder erforderlich. Daraus würden sich dann Delegiertenmandate auf Parteitagen und finanzielle Unterstützungen der politischen Arbeit ergeben. Eines der vorrangigen Ziele ist denn auch in den nächsten Monaten die Mitgliederwerbung.
Nach einigem unvermeidlichen Gründungsformalkram und Wahlen standen inhaltliche Fragen zum Laizismus auf der Tagesordnung. Die Landesarbeitsgemeinschaften hatten im Vorfeld schon einige laizistische Forderungen im Bundestagswahlprogramm unterbringen können. Die Neuordnung der kirchlichen Arbeitnehmerrechte, eine andere Orientierung im schulischen Religionsunterricht (weg von der Glaubensunterweisung und hin zum Wissen über Religionen), die Umsetzung des seit 1919 bestehenden Verfassungsauftrags zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen und die Abschaffung der Militärseelsorge stehen bereits im Wahlprogrammentwurf.
Die Gründungsversammlung will den Forderungskatalog um zwei weitere Punkte erweitert wissen:
- Alle Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften sollen ihre Beiträge (z.B. Kirchensteuern) künftig selber eintreiben und der Austritt aus Kirchen und sonstigen Weltanschauungsgemeinschaften soll künftig kostenfrei, direkt und ohne den Gang zu einem Amtsgericht oder Standesamt erfolgen.
- Das öffentliche Leben soll entklerikalisiert werden. Religionsunterricht, Schulgebete, Schulgottesdienste und religiöse Symbole haben an öffentlichen Schulen nichts zu suchen. Verfassungen dürfen keine religiösen Bezüge haben. Religiös motivierte Sonderregelungen und Privilegien wie das Blasphemiegesetz (§ 166 StGB), Feiertagsgesetze (Tanzverbot) sind zu streichen. Alle Eidesformeln mit Gottesbezug sind abzuschaffen.
In der Diskussion kamen immer wieder besonders abstruse Auswirkungen staatlich vollstreckter religiöser Sonderregelungen zur Sprache; auf einvernehmliches Unverständnis stößt bei den Laizisten beispielsweise das Verbot von Schachturnieren an religiösen Feiertagen. Wen könnte so etwas wirklich stören, fragte sich die Runde.
Sonderfinanzierungen der Kirchen im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips, kirchliche Sondergerichtsbarkeit beim Arbeitsrecht, geringere Löhne bei 1,3 Mio. kirchlichen Beschäftigten, weitgehende Freistellung der Kirchen von der Grundsteuer und mangelhafte Transparenz bei der Gewährung von Sonderrechten für die Kirchen wurden ausführlich diskutiert.
Auf der Bundesebene werden die linken Laizisten für ein Jahr von Rainer M. Lindner (Bayern), Siegfried R. Krebs (Thüringen) und Ralf Michalowsky (Nordrhein-Westfalen) vertreten. SprecherInnen neuer Landesarbeitsgemeinschaften rücken automatisch in das Leitungsteam des BAG-Vorstandes. Auf dem Bundesparteitag vom 14. bis 16. Juni vertreten Kristin Kretschmer (Thüringen) und Ralf Michalowsky (NRW) die Laizistinnen und Laizisten als beratende Delegierte.
Rolf Michalowsky