Lina Ben Mhenni ist eine Aktivistin, die mit Blogs und sozialen Netzwerken dazu beitrug, den tunisischen Diktator Ben Ali zu verjagen. Sie selbst sieht sich als eine unter Vielen. Und berichtet in diesem Buch über ihre eigenen Erfahrungen, Erlebnisse und Hoffnungen.
Der Ullstein-Verlag hat nach den beiden Hessel-Büchern das Format und den Anspruch dieser Kleinserie aufrecht erhalten. Zwar nennt er das vorliegende eine “Streitschrift”, aber meiner Meinung nach ist des das am wenigsten zum Widerspruch reizende der drei genannten.
Mhennis Text lebt von seiner unbedingten Authentizität; es ist kein literarisches Meisterwerk und nicht so sprachgewaltig wie Hessels Texte. Und hat doch etwas sehr packendes an sich. Lina Ben Mhenni war von Beginn an dabei. Und ich bin mir relativ sicher, dass es auch ihre Videos waren, die in unseren Nachrichten mit der Quellenangabe “Internet”1 gesendet wurden.
Es ist ein irgendwie atemloser Text; so atemlos wie es jemandem vorkommen muss, der eine revolutionäre Situation erlebt. Und der Text macht denen Mut, die sich (auch hierzulande) weigern, innerhalb verfestigter Strukturen zu wirken. Er zeigt, dass “networking” funktioniert – eine Erfahrung, die wir ja auch aus Iran kennen. Wenn die Autorin berichtet, unter welch zum Teil abenteuerlichen Bedingungen sie ihre Texte, Bilder und Videos in den öffentlichen und freien Raum des Internets publiziert – dann kann man als Leser mitfühlen, dass das nicht nur einer persönlichen Befriedigung dient (was sicherlich auch mitspielt), sondern, dass nicht nur Mhenni begriffen hat, dass man sich durch Öffentlichkeit zwar auch gefährdet, aber auch schützen kann. Sie selbst beschreibt einen Fall, an dem ein bekannter Anwalt und Blogger unter anderem deshalb schnell aus der Gefangenschaft entlassen wurde, weil er durch das Internet bekannt war.
Heutzutage haben viele junge Leute den Traum, ich auch: ich will, dass die Welt sich verändert. Sie wird sich aber nur verändern, wenn die Informationen in Umlauf geraten, wenn die Wahrheit verbreitet wird, wenn wir uns vernetzen. Sämtliche Diktatoren der Welt fürchten das Netz. Denn sie wollen mit allen Mitteln Informationskontrolle betreiben, während wir modernen jungen Leute die neue Technologie beherrschen und über neue soziale Netzwerke verfügen. [S. 44 - Siehe dazu auch den heutigen Telepolis-Artikel]
Das Netz kann ein Werkzeug sein, eine Waffe oder ein Mittel zu weiteren Verdummung der Massen. Es liegt allein an uns, wie wir es nutzen!
Nic
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