Lights Out
3HorrorDavid F. Sandberg hat einen tollen kleinen Horrorstreifen namens Lights Out gedreht, aber der ist von 2013 und umsonst im Internet zu sehen. Die gleichnamige Spielfilmfassung hat nur einen Bruchteil des Gruselfaktors der Vorlage.
Letzte war knapp unter drei Minuten lang. Ungefähr für diese Zeitspanne unterhält die einzige Idee, die der von James Wan produzierte Sommerlochfüller zu bieten hat. Voraussetzung: Man hat den Kurzfilm nicht gesehen. Aber das hat so ziemlich jeder im Publikum, denn die Anfangsszene setzt das Original fast identisch um, nur dass auf der Leinwand der blutige Ausgang nichts der Fantasie überlässt. Von da an ist alles eine endlose Wiederholung des gleichen Buh!-Moments. Das ist bei Weitem nicht die einzige Schwäche des Plots, der mit irritierender Radikalität das Thema Depression bearbeitet. Das Monster als Metapher für mentale Erkrankung wurde zuletzt wesentlich geschickter und sensibler von Jennifer Kent in The Babadook inszeniert. Alles, was die Regisseurin in ihrer Adaption eines eigenen Horror-Quickies richtig machte, macht Sandberg in seiner falsch. Der offensichtlichste Defekt seines Kinodebüts ist neben permanent versagenden Lampen eine festgefahrene Story, die den Figuren keinen Raum zur Entwicklung lässt.
Die junge Rebecca (Teresa Palmer) machte eine Kehrtwende von der Individualistin zur Ersatzmutter ihres kleinen Halbbruders Martin (Gabriel Bateman), der von Mamas Monsterfreundin geplagt wird. Einmal mehr sind hier Metal-Poster, dunkle Kleidung und weibliche Unabhängigkeit klinische Symptome eines kindlichen Traumas. Schuld daran ist Rebeccas depressive Mutter Sophie (Maria Bello), die Wurzel allen Übels oder, wie der Film es formuliert, seine „einzige Verbindung zu dieser Welt.“ Die muss gekappt werden!
Das krude Diktum der Abfolge billiger Schrecksekunden lautet: Nimm deine Psychopharmaka oder stirb! Sicherheit finden die Geschwister in den Armen von Rebeccas anhänglichem Rockerfreund Bret (Alexander DiPersia), der die, durch Sophies als Egoismus dargestellte Krankheit, zerstörte Kernfamilie wieder komplettiert. In diesem Licht betrachtet bleibt wenig Spannung und kaum Stimmung in dem Fließbandfilm, der noch mehr Angst vor suggestiver Dunkelheit hat als seine Protagonisten. Selbst das allerletzte Detail muss ans Licht gebracht werden, nichts bleibt der Fantasie des Publikums überlassen.
Das gilt nicht nur für das Monster, das überdeutlich als Schauspielerin in einem wenig überzeugenden Kostüm a la The Ring erkennbar ist. Wie die Figuren an Informationen gelangen, provoziert statt Schauern bestenfalls Lacher. Sophie hat als Kind von ihren Psychiatrieaufenthalten offenbar kistenweise vertrauliche Arztdokumente mitgebracht und alles bei sich zu Hause rumstehen. Verstörende Tonaufnahmen, Fotos und seitenweise Originalberichte, die einen extrem ungewöhnlichen Fall kindlichen Wahnsinns und einen durch ein medizinisches Experiment verursachten Todesfall beweisen, liegen da rum und niemand vom medizinischen Stab hat sie je vermisst.
Noch mehr Augenroll-Momente gefällig? Rebecca geht auf der Suche nach Leuchtmitteln an einer Lampe vorbei, Martins Vater (Billy Burke) unterhält sich mit seinem Sohn via Lautsprecher, während das Icon auf dem Bildschirm deutlich sichtbar auf „aus“ ist und die Geistererscheinung führt ein persönliches Tagebuch an der Hauswand. Das Gruseligste an der Kinoerfahrung ist die gnadenlose Vermarktung jedes Funkens filmischer Kreativität, der im Prozess der kommerziellen Vereinheitlichung zwangsläufig ausgelöscht wird.
Regie: David F. Sandberg, Drehbuch: Eric Heisserer, Darsteller: Teresa Palmer, Gabriel Bateman, Billy Burke, Maria Bello, Alexander DiPersia, Filmlänge: 81 Minuten, Kinostart: 04.08.2016, www.lightsoutmovie.com
Autor
Lida Bach&post;