Lifestyle X: Was ich aus 12 verrückten Selbstversuchen gelernt und beibehalten habe

In 2018 habe ich mich 12 Selbstversuchen ausgesetzt. Warum? Um meine eigenen Vorurteile und Handlungsmuster zu hinterfragen, meine Komfortzone zu erweitern und damit auch andere Menschen zu inspirieren. Was ist geblieben nach diesem verrückten Jahr?

Als ich am 31.12.2018 den Monatsbericht des letzten Experiments veröffentlichte, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Am Neujahrstag ging ich noch leicht verschlafen allein am Strand spazieren und mir wurde bewusst, dass ich mich erstmals nach 12 Monaten nicht auf einen komplett neuen Lebensstil einzustellen habe. Ein gutes Gefühl.

Mir fällt es immer noch schwer zu begreifen, was in diesem einen Jahr alles passiert ist. Nicht wenige Leute sagten mir, dass sie in ihrem gesamten Leben nicht so viel gesehen und probiert haben, wie ich in dieser kurzen Zeit. In 2018 durfte ich so viele neue Dinge kennenlernen, vor allem auch mich selbst.

Zudem hat sich das Schubladendenken gegenüber alternativen Lebensentwürfen wie dem Naturismus, extremen Diäten oder Aussteigern in Empathie verwandelt. Ich durfte eigene Erfahrungen machen, die Vorurteile ersetzten, welche bis dahin nur auf Meinungen anderer basierten.

Aber ich muss ebenso eingestehen, dass die Experimente mit zunehmender Dauer anstrengender wurden, sowohl über das Jahr betrachtet, als auch in jedem einzelnen Monat. Zum Schluss war die Luft raus. Das Gehirn hatte keine Kapazitäten mehr für neue Eindrücke. Vieles ging spurlos an mir vorbei, was ich vor allem bei der 600 km langen Pilgertour merken durfte.

Jeweils die ersten 10 Tage der Selbstversuche waren aufregend, da es so vieles zu lernen und zu entdecken gab. In den darauffolgenden zwei Wochen entstand so etwas wie eine Routine. Zum Monatsende hin wich die anfängliche Neugier meist der Vorfreude auf das kommende Experiment.

Für 30 Tage reichte die Disziplin immer aus. Es ist ein guter Zeitraum, um neue Dinge auszuprobieren. Nach Ablauf dieser Zeit konnte ich für mich gut einordnen, welche neuen Gewohnheiten ich beibehalten möchte und welche mich zu sehr anstrengen oder mir nicht gut tun. Das Verhältnis lag geschätzt bei 20 zu 80.

In diesem Beitrag ziehe ich ein vorläufiges Fazit. Mit etwas Abstand geht es darum, welche Spuren die Selbstversuche hinterlassen haben, was geblieben ist und was ich dir empfehlen möchte.

Selbst-Bewusstsein durch Selbstversuche

Ich möchte noch einmal betonen, dass es mir bei Lifestyle X nie darum ging, jemanden zur Nachahmung der extremen Selbstversuche anzuregen. Die Experimente sind Sinnbilder für das Neue, für den Schritt raus aus der Komfortzone, in der so viele von uns auf der Stelle treten.

Deshalb vergleiche dich bitte nicht mit den Zahlen und Fakten, die ich Monat für Monat veröffentlicht habe. Verstehe die einzelnen Versuche als Inspiration. Wie an einem Buffet solltest du dir das nehmen, was sich für dich gut anfühlt.

Durch die Experimente habe ich jeden Monat meine Komfortzone verlassen und das Leben aus verschiedenen Perspektiven gesehen. Dadurch habe ich mich selbst viel besser kennengelernt. Die Unterscheidung zwischen inneren Bedürfnissen und sozialer Konditionierung fällt mir heute leichter. Das führt letztendlich dazu, dass ich bewusstere Entscheidungen treffen kann.

Wir alle kennen die Bilder von schwimmenden Plastikteppichen im Meer, sehen Armut in der Ferne durch Dokumentation und wissen, welche krebserregenden Stoffe im Fast Food sind. Der Kopf glaubt, diese Dinge zu kennen, aber es ist kein echtes Verstehen.

Wenn ich mit Kindern in Slums gesprochen, meine Ernährung einen Monat lang komplett verändert oder jeglichen Müll vermieden habe, dann ist dieses Bewusstsein auf eine tiefere Ebene gerutscht. Dann habe ich etwas gefühlt. Anders als beim Lesen oder YouTube-Schauen macht das Erlebte etwas mit mir. Ich nicke nicht nur, um dann doch regungslos zu bleiben, sondern kann das Nichthandeln nicht mehr rechtfertigen.

Viele Gewohnheiten und Denkweisen haben sich ungebeten in mein Leben eingeschlichen und werden mir erst wieder bewusst, wenn ich den Blickwinkel darauf verändere. Nur durch ein echtes Bewusstsein über bestehende Handlungsmuster kann ich Automatismen steuern.

80% der neuen Routinen haben sich nach dem jeweiligen Experiment schnell wieder eingestellt, aber ich habe aus jedem Monat ein paar kleine Dinge beibehalten, die mein Leben bereichern. Ich esse immer noch viel Obst zum Frühstück, vermeide Plastik wie die Pest, spende 10% meines Einkommens, mache Power Naps und gehe sehr bewusst mit meinen Daten um.

Der Anonyme - Keine Datenspuren hinterlassen

Was ich gelernt habe : Erschrocken habe ich mich darüber, wie gleichgültig ich mit meinen privaten Daten umgehe. Bewusst oder unbewusst verkaufe ich Privatsphäre gegen die Nutzung von Services, die mich im nächsten Moment mit meinen eigenen Daten zum Kauf manipulieren. Die Downside der Anonymität: Fühlen sich Menschen unbeobachtet (wie im Darknet) zeigen sie ihre wahre, oft hässliche Seite, welche sie in der Öffentlichkeit so mühsam verbergen.

Insgesamt war es schön, wieder mehr mit Fremden ins Gespräch zu kommen, anstatt meine Freundschaft mit Siri zu vertiefen, ohne GPS zu navigieren, zum Verabreden an Türen zu klopfen und die Phantom-Vibrationen in der Hosentasche loszuwerden. Aber es war zugleich auch anstrengend, ohne Skype, Gmail und WhatsApp weiterhin mein Business zu betreiben und Freunde zu treffen.

Was geblieben ist : Auf dem Smartphone blieben die Ortungsdienste für Apps deaktiviert. Beim Surfen im Internet verwende ich neben einem VPN den Firefox-Browser, in dem ich nicht bei Facebook & Co angemeldet bin. Im Handy nutze ich den Browser Firefox Klar.

Zum Arbeiten finde ich mich mit weniger anonymen Tools ab, privat versuche ich, meine Daten bestmöglich zu schützen. Die neue DSGVO habe ich als Chance verstanden, das Tracking über meine eigene Website drastisch zu reduzieren und transparenter zu sein.

Der Frutarier- Von Früchten und Nüssen ernähren

Was ich gelernt habe : In Asien lebt es sich dank der Verfügbarkeit an frischem, lokalen Obst sehr gut als Frutarier. Die zweite Monatshälfte in Deutschland lagen hingegen meist nur Karotten und Kohl auf dem Teller.

Ich habe gelernt, wieder mehr auf meinen Körper zu hören. Die eigentlichen Bedürfnisse und die Gelüste, die durch Werbung, schlechte Gewohnheiten und pseudowissenschaftliche Propaganda der Lebensmittelindustrie hervorgerufen werden, sind komplett unterschiedlich.

Auch hat sich die Verlustangst („Hilfe, ich darf keinen Kaffee mehr trinken") schnell ins Positive verwandelt (Ich habe kein Tief nach dem Kaffee am Vormittag). Generell war ich erschrocken, wie wenig ich über Ernährung weiß und frage mich, warum sowas nicht im Lehrplan von Schulen steht.

Was geblieben ist : Mein Frühstück besteht immer noch oft aus Früchten. Auch der Fleischkonsum ist reduziert. Wenn ich fettig oder süß esse, tue ich das bewusster. Das Kalorienzählen habe ich schnell wieder aufgegeben, dafür nehme ich meine Mahlzeiten ohne Ablenkungen (telefonieren oder auf den Laptop schauen) zu mir.

Der Philanthrop - Jeden Tag eine gute Tat

Was ich gelernt habe : Als Mitteleuropäer gehören die meisten von uns zu den reichsten 10% der Weltbevölkerung. Industrieländer geben scheinheilige Entwicklungshilfe, die an absurde Bedingungen geknüpft ist. Dabei wird immer darauf geachtet, dass sich das Wohlstandsgefälle nicht verkleinert.

Bisher habe ich selbst zu wenig getan. Das liegt auch daran, dass es gar nicht so leicht ist, zu geben. Wo soll ich anfangen? In der Nachbarschaft oder in der Ferne? Geld spenden, Mitgefühl ausdrücken, Zeit opfern? Ein guter Mix macht es wohl am Ende.

Egal, wie viel ich beitragen kann, es geht um die Intention. Hilfebedürftigen durch selbstlose Handlungen oder Spenden Möglichkeiten zu schenken, erfüllt mein Leben mit einem tiefen Sinn. Damit muss ich nicht warten, bis ich X Euro verdiene oder mehr Zeit habe.

Was geblieben ist : In den letzten 10 Monaten habe ich 2.500 Euro gespendet, Fundraiser in der Citizen Circle Community mitorganisiert, Kids in einer brasilianischen Favela beschenkt und anderweitig versucht, zurückzugeben.

Ich bin immer noch dabei zu lernen, welche Unterstützung benachteiligte Menschen neben Geld und Mitgefühl brauchen und werde dieses Jahr ein eigenes gemeinnütziges Projekt starten, in das 10% der Einnahmen durch Wireless Life fließen. Im Moment gehen die 10% zum größten Teil an die 22Stars Foundation, die Kindern in Uganda Zugang zu Bildung verschafft, sowie die Mikrokredite-Plattform Kiva.

Der Muskelmann - In einem Monat zum Sixpack

Was ich gelernt habe : Auch wenn ich eine Grundfitness besitze, waren meine Beweglichkeit, Körperhaltung und Stabilität alles andere als optimal. Der eigentliche Muskel aber, den ich in diesem Monat trainierte, war das Durchhaltevermögen. Damit konnte ich mir neue Referenzwerte für Ernährung und Fitness schaffen.

Diese Standards sind jetzt Normalität. Nackenschmerzen nach zwei Stunden am Laptop nicht mehr akzeptabel. Durch das Anheben von Standards verbessere ich mein Leben. Mit Disziplin kann ich vieles erreichen (z.B. einen Sixpack bekommen), aber um nachhaltig etwas zu verändern, reicht Disziplin nicht aus. Dafür brauche ich eine innere Motivation.

Was geblieben ist : Die Übungen zum Kraftaufbau habe ich nach dem Monat sporadisch fortgesetzt, sie fühlten sich aber bald wie Zwang an. Was ich weiterhin mache, sind Dehnübungen am Morgen und das Ausrollen der Faszien. Spürbar geholfen hat mir das vor allem bei meiner Pilgerreise im Oktober.

Der Selbstversorger - Autark leben auf Korsika

Was ich gelernt habe : Fernab von Leistungsdruck, technologischen Abhängigkeiten und Vereinsamung hat die Natur im korsischen Bergdorf Vitulettu das Tempo aus meinem Alltag genommen. Anstatt ständig in Aktivismus zu verfallen, habe ich begriffen, dass nicht immer alles schnell gehen muss. Mein Getriebensein hat sich etwas gelegt. Auch heute achte ich noch darauf, Sätze wie „ich gehe mal schnell auf die Toilette" oder „kurz telefonieren"aus meinem Sprachschatz zu verbannen.

Bei dem Zusammenleben auf so engem Raum bekam ich in jedem Moment gespiegelt, was mich gerade selbst belastet, ärgert oder bewegt. Diese inneren Konflikte zu lösen, anstatt die Konfrontation nach außen zu suchen, war eine Bereicherung.

Bewusst geworden ist mir auch wieder, dass warmes Wasser, Strom und frische Nahrung nicht selbstverständlich sind. Das führte zu einer aufgefrischten Wertschätzung. Ich habe eine ganz neue Verbindung zur Natur bekommen und frage mich seitdem oft, wo das Essen auf meinem Teller sowie die Energie für meinen täglichen Bedarf herkommen.

Was geblieben ist : Die Freude an Wäldern und Weite ist nach wir vor groß. Im restlichen Jahr habe ich auf langen Spaziergängen sehr viel mehr Zeit im Freien verbracht, als das vorher der Fall. Außerdem ist der Wunsch nach Handarbeit erstarkt. Noch weiß ich nicht genau, wie es umsetzbar ist, aber ich möchte mir in Zukunft wieder öfter die Hände dreckig machen.

Der Naturist - Nackt im Nudistencamp Montalivet

Was ich gelernt habe : Das Nacktsein ist ein Symbol für die Selbstachtung sowie Respektierung der Andersdenkenden. Wir gehen anders miteinander um, wenn wir uns ohne äußere Hülle gegenüberstehen. Die Verletzlichkeit führt zu weniger Vorurteilen und mehr Offenheit. Es ist schwerer, nackte Menschen in Schubladen zu stecken.

Auch wenn ich nicht zum Campingfan geworden bin, hat mich das Leben unter einfachsten, natürlichen Bedingungen entschleunigt. Das Fehlen von Lärm durch Internet, Werbebotschaften und Leistungsdruck des Umfelds trug seinen Teil dazu bei, den Moment stärker zu genießen.

Was geblieben ist : Der Sonnenbrand am Hintern ist verheilt. Die schönen Erinnerungen und Gespräche aus Montalivet aber bleiben im Kopf. Bis auf meine Zeit in Schweden bin ich außerhalb meiner Wohnung zwar nicht mehr nackt herumgerannt, aber das Verständnis bleibt. Nicht nur für Nudisten, sondern auch andere Lebensstile, die im ersten Gedankengang komisch erscheinen mögen.

Der Müllsammler - Eigene Abfälle auf dem Rücken tragen

Was ich gelernt habe : Das globale Müllproblem ist im Bewusstsein der meisten Menschen, aber doch zu weit weg, um wirklich aktiv etwas dagegen zu unternehmen. Der Grund: ein Mix aus Unwissenheit und Bequemlichkeit. Zumindest ersterer Punkt kann mir jetzt nicht mehr als Ausrede dienen.

Je stärker etwas verpackt ist, desto schlechter ist es für unseren Körper und die Umwelt. Diese pauschale Regel mag Ausnahmen haben, ist für mich aber zu einem guten Indikator für Einkäufe geworden.

Gesunde Gewohnheiten stecken einfach an. Je ungesünder ich mich ernähre, umso mehr Abfall produziere ich, umso schlechter für meine Fitness und damit auch mein Wohlbefinden. Diese Spirale dreht sich natürlich in beide Richtungen.

Was geblieben ist : Neben Wasserflasche und Thermobecher für Tee benutze ich im Bad weiterhin einen Rasierhobel, Rasierseife, Ajona-Zahnpasta und Waschseife. Auch Stofftaschentücher und Jute-Beutel sind meine ständigen Begleiter. Das fühlt sich gut an und vermeidet auf Dauer viele Abfälle.

Der Einsiedler - Allein in einer schwedischen Blockhütte

Was ich gelernt habe : In der Vergangenheit bin ich oft vor der Gesellschaft mit mir selbst geflohen. In Schweden musste ich diese akzeptieren, genauso wie die Langeweile. Als die ununterbrochene Verbundenheit und Beeinflussung pausiert war, wurde es still. Dann bekam der Kopf seine Ruhe, um lange Zeit nicht gedachte Gedanken an die Oberfläche zu holen.

Was anfangs eine Qual war, konnte ich bald als Geschenk sehen: Allein zu sein mit meinen Gedanken, ohne mich abzulenken, sie mit anderen zu teilen oder mich mit Genussmitteln oder Social Media zu betäuben. Der Kopf war klar nach diesem Monat, der Zugang zu meinem Selbst gefestigt. Das Alleinsein hat mir dabei geholfen, den mentalen Müll im Kopf von den Dingen zu trennen, die ich behalten möchte.

In Schweden ist mir auch bewusst geworden, warum ich nicht gerne allein bin: Es ist die heimliche Sehnsucht nach Bestätigung. Mein Selbstbewusstsein wird normalerweise durch andere Personen oder die Arbeit bestärkt. Im Alleinsein muss dieser Selbstwert aus der Selbstakzeptanz kommen. Zu erkennen, wo die Erwartungen von anderen enden und die eigenen Empfindungen beginnen, ist keine leichte Aufgabe. Dafür brauche ich eine Ruheoase, ohne ununterbrochene Verbundenheit.

Was geblieben ist : Ich achte immer noch sehr darauf, jeden Tag mindestens eine Stunde lang ein Date mit mir selbst zu haben. Ganz ohne Internet, Telefon und andere Menschen. Meist gehe ich spazieren, manchmal sitze ich einfach nur am Strand oder liege auf dem Sofa.

Ich bin fest entschlossen, auch in den kommenden Jahren ein bis zwei Wochen in Einsamkeit zu verbringen, um gewissermaßen meinen Kopf von all den täglichen Einflüssen zu reinigen. In diesen Ruhephasen möchte ich gewonnene Reize verarbeiten und neue Gedanken ohne Bewertung von außen reifen lassen.

Der Schlaflose - 22 Stunden Wachzeit pro Tag

Was ich gelernt habe : Nicht nur die Länge des Schlafes ist entscheidend, sondern vor allem die Qualität. Neben der richtigen Matratze und Stille können dazu absolute Dunkelheit, eine gleichbleibende Aufwachzeit, die Verbannung von Blaulicht aus dem Schlafzimmer und das Ausrichten an 90-minütigen Schlafzyklen beitragen.

Gefragt habe ich mich in diesem Monat oft, ob der 8-Stunden-Schlaf wirklich ein Grundbedürfnis oder soziale Konditionierung ist. Tageweise bin ich mit zwei Stunden am Tag ausgekommen, aber wie die Ernährung hat die Nachtruhe auch eine soziale Komponente. Selbst wenn sich mein Körper an Gegebenheiten gewöhnte, die weit außerhalb meiner Vorstellung lagen, konnte ich die zusätzliche Wachzeit nicht richtig genießen.

Vorübergehend hat der polyphasische Schlaf funktioniert. Langfristig hätte ich jedoch große Sorgen wegen der sozialen Unverträglichkeit und Auswirkungen auf meine Gesundheit. Ich denke, es gibt aus gutem Grund einen natürlichen 24-Stunden-Zyklus, der den Körper hinsichtlich Temperatur, Hormonproduktion oder Gehirnaktivität beeinflusst.

Was geblieben ist : In einem Monat bin ich vom Nickerchen-Feind zum -Fan geworden. Dafür waren eine Schlafmaske und In-Ear Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung eine großartige Investition, die sich bis heute auszahlen. Mir fällt es deutlich leichter, meine Akkus durch einen Power Nap aufzuladen. Dabei mache ich mich nicht mehr verrückt, wenn ich nicht sofort einschlafen kann, sondern genieße die Ruhephase für Körper und Geist.

Sobald in meinen Alltag wieder eine echte Routine eingekehrt ist, werde ich versuchen, meine Nachtruhe an einer gleichbleibenden Aufwachzeit auszurichten. Außerdem achte ich darauf, eine Stunde vor dem Schlafengehen keine neuen Reize durch elektronische Geräte oder tiefgehende Gespräche aufzunehmen.

Der Pilgerer - Laufend von Florenz nach Rom

Was ich gelernt habe : Mein Körper ist in der Lage, sehr viel mehr zu leisten, als ich es für möglich halte. Die 600 km mit täglich 1.000 Höhenmetern waren noch lange nicht das Limit. „Mind over matter" bedeutet, dass das Fleisch dem Kopf gehorcht. Wenn das Ziel fest im Blick ist, haben selbst blasenüberzogene Füße nicht mehr viel zu melden. Der Muskelkater in den Oberschenkeln und die schmerzenden Schultern erinnerten mich zudem bei jedem Schritt daran, im Moment zu bleiben.

Eine weitere wichtige Erkenntnis war es, dass gute Ausrüstung und das Gewicht des Rucksacks wichtig sind. Noch viel wichtiger aber ist es, einfach loszulaufen. Und das wird umso schwieriger, je mehr Zeit mit der Planung verbracht wird.

Was ich in diesem Monat auch extrem merke, ist, dass mein Kopf voll ist. Er ist komplett überladen, hat keinen Platz mehr für die gewonnenen Eindrücke. Es fiel mir zunehmend schwerer, neue Informationen und Emotionen zu verarbeiten.

Was geblieben ist : Spaziergänge sind ein fester Bestandteil meines Alltags geworden. Auch längere Wege, die ich normalerweise mit Taxi oder Bahn zurückgelegt hätte, laufe ich immer öfter. Das stundenlange Laufen, die frische Luft und die körperliche Belastung sind keine Zeitverschwendung. Sie helfen bei der Verdauung von Gedanken.

Liebgewonnen habe ich außerdem T-Shirt und Socken aus Merinowolle, die den Schweißgeruch tagelang absorbieren. Was sonst noch geblieben ist, sind stechende Schmerzen am linken Schulterblatt, die auch Chiropraktiker und Osteopath nicht wegbekommen.

Der Sinnsucher - Antworten auf große Fragen finden

Was ich gelernt habe : Sinnempfinden gibt Kraft, Mitgefühl und fördert sogar die Gesundheit. Das sagen sowohl Spirituelle als auch Wissenschaftler, mit denen ich mich unterhalten habe. So unterschiedlich die benutzten Wörter sind, so sehr meinen wir ganz ähnliche Dinge, wenn wir über den Sinn im Leben sprechen. Eine Schande, dass Missverständnisse und Engstirnigkeit dennoch zu so viel Leid führen.

Die Wahrscheinlichkeiten aus den empirischen Studien bestätigen und ergänzen vieles, dass ich von Geistlichen gehört habe. Wissenschaft und Religion füllen die gegenseitigen Lücken, anstatt unvereinbar zu sein. Wo beispielsweise die Kirche von „Liebe Gott, Dich und Andere" spricht, findet die Sinnforschung die Wichtigkeit von Transzendenz, Selbsterkenntnis und Gemeinschaft.

Was ist nun also der Sinn des Lebens? Ich habe natürlich keine endgültige Antwort, dafür aber neue Fragen. Diese Fragen quälen nicht, sie sind hilfreich. Die Suche nach dem Sinn treibt mich an.

Was geblieben ist : Dieser Monat hat mich darin bestärkt, mein eigenes Handeln noch stärker zu hinterfragen. Sowohl bei geschäftlichen als auch persönlichen Entscheidungen frage ich, welcher Sinn dabei für mich und andere entsteht.

In Momenten, in denen es mal nicht so rund läuft, stelle ich mir die Frage, was mich das Leben gerade lehren will. Warum mache ich diesen schmerzhaften Erfahrungen? Was kann ich daraus lernen? Diese Einstellung macht aus dem passiven Opfer einen aktiven Gestalter.

Der Selbstoptimierer - Tracking des kompletten Lebens

Was ich gelernt habe : Es fiel mir schwer, vorbehaltsfrei in diesen Selbstversuch zu gehen. Zu sehr sorge ich mich um meine Privatsphäre und darum, was die Abhängigkeit von Algorithmen mit meinem Selbstempfinden macht. Dennoch versuchte ich, mich mit großer Offenheit auf das letzte Experiment einzulassen.

Lernen durfte ich, dass mir die Quantifizierung durchaus dabei helfen konnte, das Bewusstsein zu steigern. Ich kann nicht jederzeit sagen, wie ich mich gerade fühle. Ich weiß, ob ich glücklich oder unglücklich bin, kenne aber nicht immer die Auslöser. Tracking unterstützte mich dabei, Muster aufzudecken, die ich nicht rein durch meine Intuition erkannt hätte.

Was geblieben ist : Alle Gadgets sind verschenkt und Tracking-Apps deinstalliert. Mit einem Monat Abstand ist mir klar geworden, dass ich mein Leben nicht quantifizieren möchte, auch wenn es an einigen Stellen sicher helfen kann.

Vielleicht werde ich punktuell mal Werte für Gesundheit und Produktivität messen, wenn dabei nicht Daten für unbekannte Zwecke weitergegeben werden müssen. Jedoch möchte ich nicht jede meiner Handlungen bewerten, sondern eher den Zugang zu meiner Intuition stärken.

Wie geht es jetzt weiter?

Dieses Jahr hat so viele neue Fragen aufgeworfen. Ich möchte verstehen, wie die Welt funktioniert, gleichzeitig auch mich selbst noch besser kennenlernen. Du kennst das: Wenn du einmal angefangen hast, die bestehende Realität zu hinterfragen, kannst du damit nicht mehr aufhören.

Warum lernen wir in der Schule nichts über das globale Müllproblem, eine ausgewogene Ernährung oder den Schlaf? Sind das nicht wichtigere Themen als Gedichte auswendig zu lernen oder Teenager zum Singen zu zwingen?

Was wäre alles möglich in unserer Welt, wenn mehr Menschen den Autopilot ausschalten? Was, wenn wir alles erreichen könnten, was für uns vorstellbar ist?

Menschen fasten einen Monat lang, kommen mit weniger als vier Stunden Schlaf pro Tag aus oder leben den Großteil des Jahres in sozialer Isolation. Vor dem letzten Jahr konnte ich mir nicht vorstellen, wie diese Dinge möglich sind, geschweige denn, die Motivation dahinter verstehen. Das hat sich geändert. Vieles, was vorher unvorstellbar war, liegt jetzt im Bereich meiner Vorstellungskraft.

Dabei hat die Betitelung als Experiment geholfen, denn sie macht die neuen Gewohnheiten nicht zwanghaft, sondern unbeschwert. Bei diesem spielerischen Ansatz kannst du nicht verlieren, nur lernen.

Ich möchte dich gerne dazu motivieren, ab und an mal einen verrückten Selbstversuch zu unternehmen. Mache es nur für dich oder teile es öffentlich. Suche dir etwas, das dir Angst einflößt oder dich den Kopf schütteln lässt. Dann bringe die Disziplin auf, um die neue Gewohnheit zwei bis vier Wochen durchzuziehen. Danach ziehst du ein Fazit und kannst dir eine echte Meinung bilden.

Einen Selbstversuch, den ich jedem von uns empfehlen möchte, ist die Einsamkeit. Du musst nicht gleich einen Monat lang in die Isolation, aber nimm dir nach Möglichkeit mal eine Woche oder zumindest ein Wochenende. Eine gewisse Zeit mit dir und deinen Gedanken komplett allein zu sein, ist eine Erfahrung, die du gemacht haben solltest.

Was mich angeht, werde ich auch weiter experimentieren. Nicht so extrem wie in 2018, aber hin und wieder verrückte neue Gewohnheiten ausprobieren. Das mache ich nicht zur Show, sondern um mich selbst aus meinen Routinen herauszureißen. Mich auf Neues einstellen zu können, ist wie ein Muskel, den ich trainiere.

Im ersten Halbjahr jedoch werde ich mir vor allem viel Ruhe gönnen, um all die Erlebnisse des Vorjahres zu verdauen. Bei der Verarbeitung hilft mir das Schreiben, denn es wird ein Buch über die Selbstversuche geben. Sehr wahrscheinlich im Herbst 2019.

Dann bleibt mir an dieser Stelle nur, ein ganz großes Dankeschön für alle auszusprechen, die mich während der Experimente von nah und fern begleitet haben. Danke für eure Motivation, den Zuspruch und auch die Kritik. Ihr habt dafür gesorgt, dass Aufgeben keine Option war.

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