ich bin eine jener stillen Seelen, die Ihr Buch in sich aufgenommen haben und womöglich auf Ewig mit sich herum tragen werden. Sie sehen im Schreiben den Sinn Ihres Lebens. Das konnte ich Ihrem Roman anmerken. Er vibriert vor Leidenschaft, die Sie ihm beim Verfassen jeder einzelnen Zeile eingeflößt haben. Und Sie, großartiger Schriftsteller, sind dermaßen bescheiden, dass Sie sogar ihr größtes Glück mit Ihren Lesern teilen: die Freundschaft zu einem ganz besonderen Mann. Harry Quebert hat nicht nur Sie verändert, Marcus. Sondern auch all ihre Leser. Harry Quebert hat mich an sich gerissen und durchgeschüttelt. Wie ein tosender Sturm Möbelstücke und Hausfassaden durch die Luft wirbeln lässt, so sind meine Gefühle hart aufeinander gestoßen. Hohe Erwartungen und entsetzliche Enttäuschungen gingen Hand in Hand. Mein Herz zerriss bei all seinen lieblichen Botschaften für Lola. L-O-L-A. Nur vier Buchstaben. Und doch bedeuten sie so viel. Trauernd schwärmte ich für diese Liebesgeschichte. Sie hat enorm viel Beifall und noch viel mehr Tränen verdient. Wann hat mich das letzte Mal ein harmloses Buch wortwörtlich überfordert? Woher kam die geballte Energie, die mich unwahrscheinlich hart getroffen hat?Ihre Geschichte, Marcus, die ja eigentlich gar nicht die Ihre ist, hat mich zutiefst berührt. Wie konnten Sie so intensiv die Gefühle aufgreifen, die ihr treuer Freund tief empfunden hat? Ich befürchte, dass ich dieses Buch nie mehr fortgeben kann. Kein Mensch, wird es mir abnehmen können. Das Wort Hergeben fehlt in meinem Wortschatz! Würde jemand wagen, es mir zu stehlen, gingen damit hunderte inspirierender Zitate verloren, die nur für mich ihre persönliche Bedeutung entfalten. "In unserer Gesellschaft, Marcus, bewundert man die Menschen am meisten, die Brücken, Wolkenkratzer und Imperien bauen. Dabei sind die Großartigsten und Bewundernswertesten in Wirklichkeit diejenigen, die auf die Liebe bauen. Ein größeres und schwierigeres Unterfangen gibt es nämlich nicht." (S. 307) Und dann sind da noch die kleinen Schätze, die Sie erst zu einem brillanten Schriftsteller haben werden lassen. Die vielen Lektionen, die Harry Quebert Sie gelehrt hat, und die Sie nun, das Sie sie aufgesogen und vortrefflich angewandt haben, weitergeben. Keinen wahren Bibliophilen lassen solche Sätze nicht erschauern. Ihnen ist sicher nicht entgangen, wie ich abschweife! Wo steht mir der Kopf, dass ich nicht weiß, wie ich meine Zuneigung ausdrücken soll?!Im Gegensatz zu Ihnen habe ich inzwischen genug leere Worthüllen fallen lassen. Ich komme auf den Punk. Ich muss Ihnen, nein ganz falsch, ich muss Ihrem Buch, meine Liebe gestehen. Die Wahrheit braucht einen Freund, und die Wahrheit über den Fall Harry Quebert soll mich zu ihrem Freund auserkiesen. Allerliebster Marcus, ich muss nun zum Ende kommen. Es ist gewaltig. Dankeschön!
Ihr wollt es auch nie wieder hergeben?!
Sie dürfen es mir nicht verübeln. So wie Sie, Marcus, muss ich meine Gedankentürme und Wortmonster hinauslassen. Sie bannen Sie auf Papier. Ich schenke ihnen im weltweiten Netz die Freiheit. Ich muss hiermit an die Öffentlichkeit. Es drängt. Möge jedes kleine Wesen auf dieser Erde diese Buchdeckel öffnen und hinein schlüpfen!
Ihre,
Jimmy