Lieber Hasso, laß mal stecken ...

oder Ermessen nach Laune (The Giving Pledge) wider gesetzlichen Ansprüchen (The Taxing Pledge)?
Nein, Plattners splendider Eintrag ins Who is Who des Giving Pledge ist keine gute Nachricht, keine lobenswerte Einsicht eines Milliardärs, sondern ein Armutszeugnis für das "kapitalistische Weltethos". Wenn sich Gesellschaften über die Lust und Laune von Krössusen finanzieren, dann ist das kein Grund, darüber wohlwollend zu berichten, sondern die Zurschaustellung der Misere und besorgniserregend.
Ist es Großzügigkeit, wenn man die Hälfte seines Vermögens weggibt und immer noch beinahe drei Milliarden Euro besitzt? Oder ist das nicht das Eingeständnis einer Umverteilungs-, Wirtschafts- und Sozialpolitik, die auf ganzer Linie gescheitert ist? Wer braucht drei Milliarden zum Leben? Oder lohnt sich Leistung unterhalb dieser Summe etwa nicht mehr?

The Giving Pledge ist nicht das Eingeständnis einiger Milliardäre, dass Abgeben notwendig ist, sondern der Beweis dafür, dass etwas mit der Umverteilung nicht stimmt, dass die Akkumulation solch horrender Summen möglich ist, während auf der anderen Seite die Armut galoppiert.
Was soll denn an der frohen Botschaft, die man nun über Plattners Beitritt in den exquisiten Klub liest, so besonders fröhlich sein? Dass der hemmungslose Reichtum sein Geld für jeweils das spendet, was er gerade für würdig hält, mit Geld ausgestattet zu sehen? Der moderne Sozialstaat als eine von Magnaten delegierte Organisationseinheit? Die Wiederkunft der Mäzene? Geld für erlesene Einrichtungen - und die Schule in Wedding, der Kindergarten im Münchner Westend oder Notunterkünfte im Frankfurter Bahnhofsviertel, kriegen die auch was davon ab? Ist es also eine gute Nachricht, wenn Milliardäre publikumswirksam mit dem Geld, das sie so großzügig abtreten, zu Schirmherren mit Verfügungsgewalt werden?
Die Aufgabe eines Finanzministers wäre es nun, Plattner anzuschreiben: Lieber Hasso, laß mal stecken - wir holen uns Dein Geld über erhöhte Steuersätze für Vermögende. Und wir setzen das Geld breitgefächert ein, nicht nur für Projekte, die dir gerade gefallen. Viele Grüße und vielen Dank für den Kuchen ...
The Giving Pledge ist das Ranking ökonomisch saturierter Gestalten, die Wohltätigkeit als Wettbewerb zwischen eleganten Herrschaften verstehen, wie andere Freundeskreise es sich zum Wettbewerb machen, sich gegenseitig unter den Tisch zu saufen. Es ist überdies der Versuch, den Zugriffen der Gesellschaft auf Reichtümer in Form von Abgaben und Steuern zuvorzukommen, das schwer verdiente Geld nicht im Orkus des Staates verschwinden zu lassen, ohne zu wissen, was genau damit geschieht. Am Ende alimentierte man damit Armut und das Geld fehlt dann dort, wo Innovationen geschaffen werden, denkt man sich. So nimmt der Krösus und Mäzen sein Geld selbst in die Hand, spendet es für dies und das und ist dabei noch als splendide Person geadelt.
The Giving Pledge ist kein Anspruch, den eine Gesellschaft stellen kann. Es ist die gelebte Suppenküche, die man im Anflug von Edelmut eröffnet, willkürlich verteiltes Geld. Plattner meinte, er wolle der Gesellschaft etwas zurückgeben, sie habe ihm ein kostenfreies Studium als Grundstein seines Erfolges ermöglicht. Das ist ja auch richtig. Aber gibt man der Gesellschaft denn nichts zurück, wenn man höhere Steuern auf Einkommen und höhere Abgaben auf Vermögen leistet? Wenn Milliardäre und ihre Funktionseliten aus diesem Grund das The Giving Pledge loben, dann ist es eine verlogene Tour, denn auch mit einer drastischen Vermögenssteuer gibt man der Gesellschaft etwas zurück.
Über Systeme, die als gesellschaftliche Finanzierungsgrundlage die Laune reicher Damen oder Herren kannten, wollten wir doch irgendwann mal hinweg sein. Jetzt erleben wir den Rückfall in Gesellschaftsmodelle, die mehr und mehr abhängig sind von den Spendierhosen bestimmter Gönner. Mein Gott, hoffentlich hat er heute gute Laune, sonst gibt es nichts für unser Projekt! Genau davor graute es den Menschen mal. Jetzt scheint es wieder in Mode zu sein, launige Spender zu feiern. Deren Unternehmen schöpfen den Rahm ab, zahlen kaum (Körperschafts-)Steuern und sie geben aus ihrem Privatreichtum einige Groschen ab - die Idee staatlicher Umverteilung rückt in den Hintergrund; Umverteilung ist nun die Privatsache des privaten Reichtums. Und dann liest man immer mal wieder, dass diese Art der Umverteilung viel gerechter, viel wirkungsvoller sei. So voller Noblesse.
Was ist gerecht an verwaisten Bildungseinrichtungen, an geschlossenen Jugendzentren, an aufgegebenen Schwimmbädern und Kulturangeboten, an Personalarmut und Mittelknappheit, während gleichzeitig irgendein ach so freigebiger Milliardär ausgesuchte Einrichtungen unterstützt? Was ist wirkungsvoll daran, wenn ein Mäzen mit Faible für Technik, Studenten einer TU in den Genuss seiner Großherzigkeit kommen läßt, während Kinder aus Familien, deren Eltern im Niedriglohnsegment herumkrebsen, in Schulen gehen, die chronisch an Mittelknappheit zu leiden haben?
The Giving Pledge ist durch ein allgemeines The Taxing Pledge zu ersetzen. Das wäre zu bejubeln, das wäre ein Versprechen mit Tiefgang, das wäre nachhaltig. Und gerecht. Und wirkungsvoll.

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