ich möchte mich heute ausdrücklich an euch wenden. ihr habt es nicht verdient, ignoriert zu werden. der türkise kanzler betont in jedem pressegespräch, in jeder ansprache, in jeder dankesadresse immer explizit, dass er sich an die „österreicherinnen und österreicher“ wendet.
ex lege ist natürlich dieser kanzler für die staatsbürger*innen zuständig. aber nicht nur. es ist auch seine aufgabe, sich um das gesamte gesellschaftliche leben in unserem land zu kümmern. spätestens jetzt – angesichts der krise – müsste es selbst naivsten menschen aufgefallen sein, dass unser leben in so unglaublich vielen punkten nur mit hilfe vieler menschen funktioniert, die keinen österreichischen pass haben.
mir tut es weh, wenn das offizielle österreich in person des bundeskanzlers euch exkludiert, wie wenn euch weder die krise, noch die gesundheit, noch die quarantäne, noch die systemerhaltenden tätigkeiten etwas angehen würden.
mir tut es weh, wenn menschen, die mit uns zusammenleben, auseinandersortiert werden. das habe ich auch jener pflegerin aus der slowakei gesagt, die meine über 90 jahre alte grosstante rund um die uhr betreut. „es ist schwer, sehr schwer für alle“, sagte sie mir, „aber es ist auch schwer für anna (meine grosstante), ich werde sie nicht allein lassen.“ sie hat sich also entschlossen, zu bleiben, „irgendwann werden die grenzen wieder aufgehen“, meinte sie. ich war gerührt über diese menschliche haltung.
nicht alle von euch sind in systemstützenden berufen tätig, aber sehr viele. manche sind auch hier in quarantäne, oft in nicht sehr luxuriösen wohnungen, und ihr tragt durch euer verhalten ebenso zur gesundheit aller bei, wie die österreicher*innen.
es gibt auch schutzbedürftige menschen unter euch. ihr alle sollt ohne unterschied mitgemeint sein, wenn es um den gemeinsamen weg durch die krise geht. das auseinandersortieren von menschen war noch nie der richtige weg. mensch ist immer mensch. und menschenrechte sind unteilbar.
ich verspreche euch, dass immer, wenn jemand sich explizit an die „österreicherinnen und österreicher“ wendet, ich mit aller kraft euch dazudenke. wenn andere euch nicht dazu denken, ich will es immer tun, ich lasse mir euch nicht nehmen,
liebe nicht-österreicher*innen!
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Bild von Sabine van Erp auf Pixabay