Für alle Fans der Chancengerechtigkeit ist die Verlosung der Presseplätze für den NSU-Prozess in München ein wunderbares Beispiel, wie gerecht es zugeht, wenn zwar alle die gleiche Chance auf einen Platz haben, am Ende aber von 927 Bewerbern nur 50 zum Zuge kommen. Dabei hat das Gericht sich im zweiten Anlauf wirklich Mühe gegeben, alle Bewerber gleich ungerecht zu behandeln: So hatten kleinen Regionalmedien genauso eine Chance wie die großen überregionalen Zeitungen und Sender. Vorbildlich!
Allerdings kotzen die Redakteure bei der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Zeit, der Welt, der taz oder der Frankfurter Rundschau jetzt ihren Unwillen über das Ergebnis der Platzverlosung in viele, viele Textzeilen, weil so wichtige Politmagazine wie Hallo München oder die Brigitte einen festen Presseplatz bekommen haben und sie eben nicht. Aber ob es ihnen gefällt oder nicht: So ist das nun mal mit der Gerechtigkeit. Am Ende fühlt sich immer irgendwer ungerecht behandelt. Zumindest solange es nicht genug für alle gibt.
Nun ist es ja nicht so, dass es nichts anderes zu berichten gäbe. Es gibt ja nun reichlich Elend und Verbrechen in der Welt über das FAZ, taz, Welt und Co berichten könnten, wenn sie denn wöllten. Und auch im Zusammenhang mit dem NSU-Rummel in München könnten die fleißigen Journalisten von den leer ausgegangenen Medien noch allerhand dunkle Verstrickungen aufdecken, ohne sich im Gerichtsaal gemeinsam mit ihren Kollegen den Allerwertesten platt zu sitzen. So etwas nennt man in einer modernen Gesellschaft Arbeitsteilung. Aber rumjammern ist einfacher als recherchieren.
Haltet die Fresse und macht euren Job. Schreibt zum Beispiel mal einen Besinnungsaufsatz über Chancengerechtigkeit. Vielleicht lernt ihr was dabei.