Libyen: Gerüchte und Wut – und wie es um den Grünen Widerstand steht

Libyen: Gerüchte und Wut – und wie es um den Grünen Widerstand stehterschienen bei einartysken

von Franklin Lamb
15. Januar 2012

Vergangene Woche auf einem Treffen in einem Maghreb-Land mit drei ehemaligen hohen libyschen Beamten – von hunderten, die sich noch versteckt halten und manchen, die in Ländern, die an Libyen grenzen, Organisations-Arbeit leisten -  hat mich einer zu meinem Erstaunen allen Ernstes gefragt: „Glaubst du, dass es bald eine Gegenrevolution in ‘Jamahiriya’ (Libyen) geben wird?“
Der Grund, der mich erstaunte, war, dass ich meinen Gästen dieselbe Frage stellen wollte. Ich dachte, mit ihren Informationen und den ernsten männlichen Besuchern, darunter westliche, die kamen und gingen und flüsterten, dass die Gruppen der Libyschen Befreiungsfront im Seral vielleicht einige Fortschritte machen, nachdem man nicht viel von ihnen hörte in der letzten Zeit.
Natürlich habe ich keine Ahnung, wie stark die viel beschworene ‘Grüne Revolution’ ist und ob sie die gegenwärtige NATO-geschaffene und aufgezwungene Regierung stürzen könnte.
Gewiss hört man heute in Libyen viele Klagen über die untätige ‘Nicht-Regierung’, über die sich immer mehr Menschen aus allen Gruppen der Gesellschaft offen beklagen. Was ich persönlich beobachtet habe, ist, dass beinahe alle Berichte über Ereignisse in Libyen auf gewissen Internet-Seiten falsch sind. Offen gesagt, war das auch der Fall in den Sommermonaten hier in Libyen, als offenkundig falsche Behauptungen über den Einsatz von MAP 108 in Spanien hergestellte Streubomben gegen Zivilisten oder loyale militärische Ziele durch die NATO oder dass die NATO DU-Waffen benutzte oder dass 150 000 libysche Zivilisten getötet worden seien als Wahrheit „von zuverlässigen Quellen in Libyen“ im Internet verbreitet wurden. Oder andere wilde Behauptungen, dass Misrata und andere Gebiete unter loyaler Kontrolle waren und dass die Rebellen massenhaft sich ergäben und dass die NATO am nächsten Tage ihre Niederlage eingestehen würde.

Ein paar der neuesten Falschmeldungen sind:

  • Vergangene Woche wurde ein Bericht weit verbreitet: „In ganz Zawia wehen grüne Fahnen und die Revolution hat die Stadt eingenommen!“ Ich las das zufällig abends im Internet, als ich gerade von Sorman gekommen war und mit NTC- Checkpointwachen einen Abstecher zu den Kampfplätzen von Juli/August in Zawia machte. Wir besuchten die intensivsten Kampfplätze, unter anderen das Gaddafi-Hotel und andere Stellen in Zawia. Ich sah etwa 35 eroberte Panzer, die an der Hauptstraße geparkt standen und einsatzbereit waren, und es war nicht eine grüne Fahne zu sehen. Zuvor ich auf einem Friedhof außerhalb von Zabratha gewesen, wo ich örtliche Polizei/Miliz sah, die grüne Tücher von Gräbern Gefallener entfernten. Grüne Fahnen, wenn sie in Tripolis auftauchen, werden schnell entfernt und mit der NTC-Fahne ersetzt.
  • Berichte, dass Saif al Islam eine Frau vom Zintan-Stamm geheiratet habe und gesehen worden war, wie er mit seinen Wärtern spazieren ging, die ihrer Führung den Gehorsam verweigerten. Laut dem Militärkommandanten der Zintan-Miliz, die Saif gefangen hält, ist das Nonsense, und er sagte, dass die Zintan’brigade’ (keine der Gruppen will länger als Miliz bezeichnet werden) Saif nicht daran hindere, einen Anwalt zu sehen, aber die Erlaubnis müsse vom Justizministerium in Tripolis kommen. Insbesondere von Abdul Aziz Hazaii, Chef der Untersuchungen und der Mann, von dem ich im Moment die Erlaubnis erwarte, 11 gefangene Personen zu besuchen.

Wir wissen alle, dass Missinformationen und Desinformationen bei bewaffeneten Konflikten normal und häufig politisch motiviert sind. Aber so grob übertriebene und unbewiesene Behauptungen und Verschwörungstheorien können nur dem Aggressor dienen, in diesem Fall der NATO.

Es gibt ganz klar hier zunehmende pro-Gaddafi politische und militärische Aktivitäten. Deswegen hat der NTC-Führer Abdul Jalil kürzlich vor Gaddafi Kindern gewarnt, die einen Aufstand beginnen könnten. Aisha Gaddafi, gäbe eine wahrscheinliche Führerin, da Saif eingesperrt ist, bei ihrer Intelligenz, Energie und ihrem starken Willen, die „NATO-Rebellen“ zu vertreiben. Sie will den Vater rächen, sein korrektes Erbe bewahren und eine Reform-Bewegung starten, an der sie und einige Mitglieder der Familie und Loyalisten arbeiteten mit der Zustimmung ihres Vaters vor seinem Tod.

Jede Nacht erscheinen mehr pro-Gaddafi Graffitis an den Haus- und Gebäudemauern der Stadt und rund um den Grünen Platz. Aktivisten, und jeden Tag sind es mehr, versichern, dass der NTC bislang sie nicht angegriffen habe und dass sie einigermaßen frei sprechen und sogar organisieren können. Man kann natürlich raten, wie lange diese Situation anhalten wird bis zu einem gewalttätigen Gegenschlag und Kämpfen.
Es ist schwierig einzuschätzen, wie stark die anti-NTC/pro Gaddafi Gruppen sind und bis zu welchem Grad sie unvorhergesehene Ereignisse in Libyen ankurbeln können.
Doch mit der Beseitigung von Muammar Gaddafis, was seit dem 19. März die eindeutige Absicht der NATO war, als sie den UNSCR 1973 Feldzug gegen Libyen übernahm, hat die NATO korrekt geschlossen, dass ohne die charismatische Führung Gaddafis in Libyen und der Region eine „Grüne Revolution“ schwierig sein würde. Und das sehen wir heute.
Während die unruhige libysche Bevölkerung gegen den NTC aus einer Reihe von Gründen zu rebellieren scheint, dominieren heute das Urinieren von NATO-Soldaten auf die Leichen von toten Afghanen die Nachrichten und Diskussionen in diesem frommen Moslem-Land. Die NATO hat schon viel ihres behaupteten Goodwill nach der Halloween -Nacht beim Ende der Bombardierungen verloren. Wahrscheinlich, weil immer neue Fälle von NATO-Bombardements von Zivilisten auftauchen und außerdem die Berichte von Morden an unschuldigen Menschen in Pakistan, Irak und Afghanistan. Die Bevölkerung wird immer wütender auch weil immer neue hohe Zahlen von Kindern ans Licht kommen, die von der NATO getötet wurden.
Außer der Wut über die pissenden NATO-Soldaten werden NATO-Beamte und Soldaten lächerlich gemacht wegen all ihrer Leugnungen, dass ihre Bombenmissionen hier in Libyen, mehr als 11 000, den Tod von Zivilisten gefordert hätten, und dass ihre Soldaten eine höhere Moral hätten und manchmal sich selbst in Gefahr gebracht hätten, um zivile Verluste zu vermeiden. Diese Behauptungen erinnern einen an die ähnlich lächerlichen Öffentlichkeits-Kampagnen, die regelmäßig von der israelischen Regierung unternommen wurden.
Die Zeichen in Libyen sind derart, dass dieses Land nach wie vor explosiv ist und dass, entgegen den Behauptungen der NATO, dass man ein „neues demokratisches Libyen“ installiert habe, das vorhersehbare nächste Kapitel das Ende des NTC bringen könnte, noch vor den vorgesehenen Wahlen im Juni.
Quelle: einartysken, counterpunch


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