Libyen / Gaddafi: Deutsche Presse hetzt zum Krieg - GRÜNE greifen gierig zum Gewehr - Hurrah-Journaille giftet gegen Regierung und damit erneut gegen Deutsches Volk

Erstellt am 19. März 2011 von Cangrande
Eigentlich sollte ich mit dem Vorwurf der Kriegshetze vorsichtig sein, denn ich bin keineswegs dagegen, dass Deutschland Kriege führt bzw. an Kriegen teilnimmt.
Das aber nur unter -2- Bedingungen:
  1.  Der Krieg muss im wohlverstandenen deutschen Interesse liegen und
  2. Wenn man schon in den Krieg zieht, muss man ihn gewinnen wollen, und alle dafür erforderlichen Maßnahmen unternehmen, bzw., aus anderer Perspektive betrachtet, hinterher auch akzeptieren.
Liegt ein Eingreifen - auch nur mit Luftschlägen - im wohlverstandenen Interesse Deutschlands, oder überhaupt des Westens? Was will man erreichen; wie könnte es ausgehen?
Für mich ist keineswegs klar, worum es "den" Rebellen in Libyen geht. Wirklich (nur) um Freiheit und Demokratie? Oder werden da etwa (teilweise auch) rein materielle Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Regionen und/oder Stämmen ausgefochten?
Wer den Spiegel-Online Bericht "Machtkampf in Libyen. Die letzten Tage von Bengasi" von Jonathan Stock vom 17.03.11 gelesen hat, spürt die Reserve, mit welcher der Reporter dem Freiheitskämpfertopos für die Rebellen begegnet.Unklar ist auch, ob Gaddafi nicht doch noch einen Rückhalt in größeren Teilen des Volkes hat. Das ist zu vermuten, denn sonst würden mehr von seinen Soldaten desertieren - bzw. die Waffen einfach umdrehen. (Das vermutet übrigens auch der FAZ-Redakteur Berthold Kohler wenn er schreibt: "Bei weitem nicht nur in Libyen halten oft ganze Schichten an solchen Regimen fest, weil sie von ihnen profitieren: Funktionäre, Stämme, Sicherheitsdienste".)
Jedenfalls tobt in Libyen ein Bürgerkrieg. In diesen würde man sich einmischen, wenn man versucht, eine Flugverbotszone für die libysche Luftwaffe durchzusetzen, bzw. sogar die Gaddafi-Truppen aus der Luft angreifen würde. Letzteres dürfte sich kaum vermeiden lassen, da die Rebellen momentan klar in der Defensive sind.
Und wie soll es weiter gehen, wenn man (zunächst) eine Patt-Situation hergestellt hat: mit Gaddafi als Beherrscher des westlichen (und anscheinend größeren) Teils des Landes, und den Rebellen (meinetwegen auch Freiheitskämpfern) im östlichen (und anscheinend weitaus kleineren) Landesteil? Fangen wir jetzt an, weltweit eins, zwei, viele Somalias zu schaffen?
Solche Überlegungen fechten unsere "großen" Presseorgane nicht an (bei den Lokalzeitungen gibt es einige Abweichler - vgl. die Presseschau der Financial Times Deutschland vom 19.03.11). Den Vogel schießt die Süddeutsche Zeitung (SZ) ab, die mit gleich drei Artikeln gegen unsere Regierung feuert:
- "Libyen, Westerwelle und Deutschlands Enthaltung. Der Krisen-Profileur" von Thorsten Denkler (18.03.11);
- "Libyen: UN-Erlaubnis für Intervention. Wie katastrophal die deutsche Diplomatie versagt" vom gleichen Tag (Stefan Kornelius). Der argumentiert gottvoll naiv (oder besser: sträflich dumm):
"Man muss keine Soldaten schicken und kann dennoch Unrecht als Unrecht benennen. ..... Die militärische Drohung sorgt für das nötige Gleichgewicht zwischen Gaddafi und seinen Gegnern. Nur aus dieser Balance heraus lässt sich ein politischer Ausweg finden: Gaddafi etwa könnte das Land verlassen und einen friedlichen Übergang garantieren."Am 19.03.11schaltet sich auch noch Daniel Brössler ein, mit dem dümmsten Argument von allen: "Libyen: Deutsche Enthaltung An der Seite von Diktatoren":
"Erstmals seit ihrem Bestehen hat die Bundesrepublik somit jenen Anker gelichtet, der sie an den Westen bindet. ... Gerhard Schröder und Joschka Fischer handelten zusammen mit Russland, aber eben auch mit Frankreich. Der Sozialdemokrat und der Grüne wurden damals schwer gerügt ob ihrer Abkehr von Amerika. Angela Merkel hielt es als CDU-Chefin sogar für angebracht, sich in den USA für so eine Bundesregierung zu entschuldigen. Nun hat Deutschland unter Verantwortung Merkels und Westerwelles gegen Amerikaner, Briten und Franzosen gestimmt, dafür aber mit Chinesen, Russen, Brasilianern und Indern - gegen die wichtigsten Verbündeten aus dem Westen also an der Seite von Diktatoren, Autokraten und zwei fernen Demokratien."
Im Handelsblatt redet sich Hannes Vogel am 18.03.11 Schaum vor den Mund: "Antwort auf Libyen-Resolution: Deutschland verrät die Freiheit - und seine Verbündeten":
"Trotz Uno-Resolution will Deutschland keine Flugzeuge nach Libyen schicken: Warum haben Merkel und Westerwelle ihre glühenden Freiheitsappelle vergessen - und verraten die Freiheit in der arabischen Welt? ...Die Gründe für und die Legitimation einer militärischen Reaktion der Staatengemeinschaft sind so klar wie sonst selten in einer internationalen Krise. [Ach ja? Bei der Invasion des Irak unter Saddam Hussein in Kuwait waren sie doch wohl sehr viel klarer!] ... Soll das größte Land in Europa zuschauen, wenn selbst Belgien Kampfbomber schicken will?"  [Muss Deutschland in den Krieg ziehen, nur weil Belgien das tut?]Es ist jedoch nicht alles falsch,was Hannes Vogel sagt: "Stürzt Libyen ins Chaos, kann es wie Afghanistan zu einem Hort islamistischer Terroristen werden - direkt vor Europas Haustür."So ist es, und ein Eingreifen des Westens mit den Fingerspitzen der Flugbomben ist das sicherste Rezept für eine Somalisierung des Landes!
Ausgewogener, aber leider auch sehr "politisch", d. h. auslegungsfähig, ist der Kommentar von Berthold Kohler auf FAZ.Net vom 18.03.11 "Deutschlands Libyen-Politik. Gebrannte Kinder".Zwischen einer kritischen Einleitung"Der Preis dafür, sich aus Aktionen gegen Gaddafi herauszuhalten, ist hoch: Berlin beschreitet wieder einen Sonderweg und weckt Zweifel an seiner Verlässlichkeit. Auch die Glaubwürdigkeit der „wertebasierten“ deutschen Außenpolitik, für die sich gerade Westerwelle stark gemacht hatte, leidet"
und dem Abspann"Bringt jetzt, wofür es Anzeichen gibt, allein die Drohung mit Luftschlägen Gaddafi zum Anhalten seiner Kriegsmaschine, dann wird die Regierung Merkel nicht behaupten können, das sei ihrer Enthaltung zu verdanken"würdigt er  wohlwollend die Einwände: "Ein militärisches Eingreifen ... ist immer ein Fressen für die Geier der islamistischen Propaganda: noch eine Aggression der ungläubigen und ölgierigen Imperialisten gegen ein muslimisches Land! ... selbst gemäßigten Kräften und Mächten in der arabischen Welt geht eine solche Intervention zu weit. ... Im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt sitzen, obwohl das Führungspersonal gewechselt hat, gebrannte Kinder. Afghanistan lehrte die deutsche Politik, dass auch Interventionen, die den lautersten Motiven entspringen, von den Möglichkeiten des Endes her zu denken sind."
Majid Sattar dagegen beklagt aus Berlin am 19.03.11 "UN-Resolution zu Libyen. Die Isolierung des Systems Westerwelle":
"Deutschland hat sich in der Entscheidung über die Flugverbotszone über Libyen enthalten - und sich damit in der westlichen Welt isoliert. Die Folge ist ein diplomatischer Schadensfall höchsten Ausmaßes für Berlin und auch für Westerwelle persönlich."
Ein Lichtblick ist diesmal der Leitartikel "Notwendige Enthaltung" von Karl Grobe in der Frankfurter Rundschau vom 18.03.11:
"Ein Flugverbot zu verhängen, daran kann es keinen Zweifel geben, bedeutet Krieg. Das zeigen die irakischen Erfahrungen. Lange vor der Invasion gegen das Regime Saddam Husseins bombardierten die verbietenden Mächte Militäranlagen; das erklärte Ziel, unterdrückten Minderheiten zu Sicherheit vor Aggression zu verhelfen, wurde im Fall der Schiiten gar nicht und in dem der Kurden nur teilweise erreicht. Gegen Gaddafis Armee und seine Söldner könnte ein Flugverbot ebenfalls nicht viel helfen; das Gemetzel findet am Boden statt, es zu beenden erheischt Bodenkämpfe. Also wiederum Krieg."
Weniger eindeutig, aber zumindest nicht ausgesprochen anti, ist der Kommentar "Außenminister Westerwelle. Auf der Achse der Zauderer" vom 19.03.11.
In den Kreis der Kritiker reiht sich dagegen die Financial Times Deutschland am 18.03.11 ein:  "Mlitäraktionen gegen Gaddafi. Westerwelle und sein Libyen-Fiasko".
Das kann bei der FTD nicht sonderlich überraschen, weil sie ohnehin ausgeprägt an den  angelsächsischen Interessen und Meinungen orientiert ist.
Wohltuend (und volksnäher) dagegen die BILD-Zeitung (in diesem Falle keineswegs "BLÖD"), die sich unter "Luftkrieg gegen Libyen. Drei Gründe, warum Deutschland nicht mitmacht" (18.3.11) auf eine Darlegung der Regierungsgründe für eine Nicht-Intervention beschränkt.
Dass Nicolas Sarkozy in Sachen Libyen keineswegs als ein unbefleckter Kämpfer für Menschenrechte agiert, sondern knallharte eigene Interessen verfolgt, verrät Stefan Simons aus Paris in dem Spiegel-Online (SPON)-Bericht "Uno-Einsatz gegen Libyen. Sarkozys doppelter Befreiungsschlag" (18.03.11).
In dem Artikel "Streit um deutsches Libyen-Votum. Die Jeinsager-Koalition" ist die Überschrift negativer als der Inhalt. Der informiert die Leser u. a. über die Haltung der anderen Parteien im Deutschen Bundestag:
"... bei der SPD tut sich ein ziemliches Durcheinander auf. Auf der einen Seite befinden sich Parteichef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Sie versichern der Bundesregierung rasch ihre Solidarität. Sie wissen, dass es merkwürdig aussähe, wenn sie, die zuletzt in Sachen Afghanistan immer skeptischer wurden, sich plötzlich wieder kriegerisch gäben. Doch es gibt auch andere Stimmen. Heidemarie Wieczorek-Zeul zum Beispiel ..., eigentlich als Friedenstaube bekannt, ... sagt: "Ich finde es eine Schande, dass sich die Bundesregierung enthalten hat." Gegenüber Despoten könne es keine Enthaltung geben. Auch Außenpolitiker Rolf Mützenich ist ziemlich außer sich. Er wirft der Bundesregierung vor, sich nicht zu trauen, "gegen einen vorzugehen, der ein Mörder ist".
Die Linken sind erzürnt. "Kriegstreiber!", schallt es ihm entgegen."
Die Grünen sind offenbar immer für Krieg, solange er eindeutig NICHT unseren Interessen dient. SPON sieht zwar einen "Konflikt [der] mitten durch die Führungsspitze" gehe. Aber wenn ich mir die dazu als Belege beigezogenen Statements ansehe, dann kann ich daraus keine Ablehnung der Intervention erkennen:
"Trotz der Risiken, die mit einer Flugverbotszone verbunden sind, hätte Deutschland an der Seite der europäischen Partner wie Frankreich und Großbritannien zustimmen sollen", kritisiert etwa Parteichef Cem Özdemir die Haltung der Bundesregierung. Für seine Kollegin Claudia Roth dagegen ist klar, dass eine Flugverbotszone "militärisch nur eine geringe Wirkung entfalten wird".
Ohnehin liest man das im Handelsblatt vom 18.03.11 unter "UNO-Resolution zu Libyen: Militäreinsatz spaltet Deutschland" anders:
"Die Grünen mahnten einen strikt an das humanitäre Völkerrecht gebundenen Einsatz an. Die Einrichtung von Schutzzonen für die Zivilbevölkerung sowie eine Flugverbotszone verschafften Zeit, damit die verschärften Sanktionen an Wirkung gewinnen können, erklärten die Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin in Berlin. Dafür müssten aber auch die Menschenrechte und die Verhältnismäßigkeit der Mittel beachtet werden. Künast und Trittin sowie Parteichefin Claudia Roth betonten: „Die Maßnahmen der Vereinten Nationen halten wir insgesamt politisch für notwendig, um die Bevölkerung vor schwersten Menschenrechtsverletzungen zu schützen.
Also: vielerlei Kautelen (die im Ernstfall einen Misserfolg des Einsatzes garantieren würden) , aber keine Ablehnung.
Der STERN schreibt "Verrat", wo doch keinerlei Rechtspflicht für Deutschland zum Eingreifen besteht (und im Gegenteil die völkerrechtliche Legitimation dazu sogar ausgesprochen fragwürdig ist: vgl. taz-Interview mit Prof. Reinhard Merkel): "Militäreinsatz in Libyen: Deutschland verrät die Rebellen".Obwohl der STERN-Autor sogar einen Misserfolg der Mission einkalkuliert:
"... es wird zivile Opfer geben, und der militärische Nutzen dieser Mission, ein "Sieg" der Rebellen, ist beileibe nicht garantiert. Und, auch das, der Einsatz wird in der arabischen Welt möglicherweise als neo-kolonialer Akt gegeißelt."
Der FOCUS berichtet neutral "Libyen-Resolution. Regierung rechtfertigt ihr Zaudern" (aktualisiert am 19.03.11).
Der Berliner Tagesspiegel, wie das Handelsblatt und die ZEIT zur Holtzbrinck-Mediengruppe gehörend, hält sich in der Überschrift "Deutschlands Zögern. Libyen und wir: War da was?" noch zurück, kommt aber gleich im 1. Absatz voll zur Sache:
"Hinter der deutschen Zurückhaltung bei der Libyenhilfe steckt eine unmenschliche Überlegung: Bei der Opposition wissen wir nicht, woran wir sind, aber Gaddafi kennen wir. Darf man von seinem Land nicht etwas mehr Leidenschaft für die Menschenrechte verlangen?" Nachdem auch Markus Horeld auf der ZEIT-Webseite am 18.03.11 die Regierung gescholten hatte "Deutschlands feige Außenpolitik" war ich beinahe schon versucht, meinen Blott mit "Holtzbrinck-Presse hetzt für den Krieg" zu betiteln.
(Schon am 17.03. hatte Jan Ross in der ZEIT geschrieben: "Wer in Libyen interveniert, macht sich schuldig. Wer tatenlos zuschaut, zahlt einen noch höheren Preis" und Gaddafi (der so dumm denn doch nicht ist!) bei dessen Sieg schon im Voraus ein Massaker an seinen Gegnern unterstellt:
"Wie werden wir dastehen, wenn Gadhafi seinen Siegeszug mit einem Massaker an den Besiegten krönt und Europa zuschaut wie in den 1990er Jahren bei den Kriegsverbrechen auf dem Balkan?"
Nachdem die WELT (19.3., Richard Herzinger) bekanntlich stramm transatlantisch getrimmt ist, war ein Kommentar im Stil von "Westerwelles Verweigerung blamiert unser Land" dort ohnehin zu erwarten.
Interessant ist es nun, wie in Sachen Thilo Sarrazin oder Baron Karl-Theodor zu Guttenberg die Meinung des Volkes mit der Medienmeinung zu vergleichen.
Unter "Umfrage zu Unruhen in Libyen: Deutsche wollen sich nicht einmischen" hatte der STERN am 16.03.11 gemeldet:
"Die große Mehrheit der Bundesbürger (88 Prozent) ist dagegen, dass Deutschland mit Truppen militärisch in den Bürgerkrieg in Libyen eingreift. Nur 8 Prozent befürworten nach einer Umfrage für den stern die Entsendung von Truppen, vier Prozent äußerten keine Meinung."
Wie im Fall Sarrazin, oder sogar mehr noch als dort, steht also hier die Medienmeinung gegen den Volkswillen.
Allerdings haben wir - wie in der Debatte um die plagiierte Doktorarbeit von Guttenberg - auch hier eine gigantische und rätselhafte Diskrepanz zwischen den Umfragewerten und dem Meinungsbild, wie es sich in den Leserkommentaren im Internet darstellt. Dort argumentiert zwar eine gefühlte Minderheit, aber dennoch eine recht große Zahl der Deutschen pro Intervention.
Sonstige Informationen:
Eine umfangreiche Chronologie (am 19.03.11 gegen 16.30 h bei mir insgesamt 52 Druckseiten!) zur libyschen Revolution präsentiert das Wikipedia-Stichwort "Aufstand in Libyen 2011".
Auf der Webseite "Carta" sind einige Links zu (mutmaßlich) tieferen Informationen in Sachen libyscher Aufstand eingestellt.
Textstand vom 19.03.2011. Auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge (Blotts). Zu einem „Permalink“, d. h. zu einem Link nur zum jeweiligen Artikel, gelangen Sie mit einem Klick auf das Erstellungsdatum unterhalb des jeweiligen Eintrages.