Liberale Gedanken zum Violettbuch

Von Nicsbloghaus @_nbh

Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung kenne ich natürlich. Aber dass es dazu auch noch ein Think Tank, das Liberale Institut, gibt, wusste ich bisher nicht. Dieses Institut wiederum hat einen Blog und dort findet sich Folgendes:

Soeben ist das Violettbuch Kirchenfinanzen erschienen, welches umfassend die staatliche Finanzierung aus Kirchensteuern und steuerfinanzierten Staatsleistungen beschreibt. [...]
Der Autor, Carsten Frerk, argumentiert zudem, dass die Gemeinschaft der Steuerzahler von den enormen staatlichen Leistungen keinen Nutzen hat. Wenn der Staat alle kirchlich getragenen Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitssystems in Deutschland übernehmen würde, müsste er mit Mehrkosten von 800 Mio. Euro jährlich rechnen. Demgegenüber bräuchte der Staat nur die Steuerbegünstigung der Kirchensteuer zu beenden, die sich auf drei Mrd. Euro beläuft, und er würde ein Plus von 2,2 Mrd. Euro jährlich erzielen.
Übrigens, in Deutschland sind mehr als ein Drittel der Bevölkerung konfessionsfrei. Es gibt einen Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO), der sich für die Kon­fes­si­ons­frei­en einsetzt und beharrlich den Ver­stoß gegen das Ver­fas­sungs­ge­bot des welt­an­schau­lich neu­tra­len Staa­tes kritisiert. (Quelle)

Das erinnert dann doch wieder an die alte Forderung der FDP, den Staat und die Kirche zu trennen. Doch manchmal ist es auch gut, die Kommentare zu den Artikel zu lesen. Ein Dr. Horst Werner schreibt:

Die Trennung von Staat und Kirche ist – eng verbunden mit der Neutralitätsfrage und dem Drittel der Konfessionslosen – allerdings ein ernsthaftes Problem. Dennoch eins z.B.: Auch die Konfessionslosen und selbst Atheisten stehen als Deutsche mit einem Ja zum Grundgesetz und und und … auf dem Boden von über 2000 Jahren Kultur, aus der man Christentum und Kirchen bei aller Neutralität wohl nicht aussparen kann.

Zwar verstehe ich nicht so recht, was das Eine – nämlich eine europäische Kultur, die christlich determiniert ist – mit dem Anderen: der Stellung von Atheisten zum Grundgesetz – zu tun hat. Das Grundgesetz ist generell demokratisch und vom Geist der Aufklärung durchdrungen (Ausnahmen bestätigen die Regel – siehe z.B. Artikel 7). Und dass sich die Aufklärung gegen die Kirche(n) durchsetzen musste, steht inzwischen doch außer Frage. Wenn es ein Grundgesetz gäbe, dass auf der Bibel fußen würde, gäbe es keine Gleichberechtigung der Geschlechter, kein Mitbestimmungsrecht, sicherlich auch keine Freiheit in der Rede und Schrift.

Und dann versucht Dr. Werner tatsächlich, etwas Ideologisches neoliberal zu begründen:

Alle stehen im Wettbewerb der Wertevermittlung. Bei den Rahmenbedingungen auch dieses Wettbewerbs ist anzusetzen.

Wettbewerb der Wertevermittlung? Bei der die eine Seite von Staat mit Milliarden cofinanziert wird und die andere nicht einmal wahrgenommen wird? Das nenne ich eine sehr unliberale Haltung.

Es bleibt für Wettbewerb in einer offenen Gesellschaft gegen die Privilegierung der Kirchen viel zu tun. Natürlich nicht so Dämliches wie im 2,2 Mrd. Euro Nettonutzen angedeutet per Übertragung von Verantwortung und Mitteln an den Staat.

Sondern? Wo anfangen, Herr Dr. Werner, ihrer Meinung nach? Nur zu kritisieren ohne Gegenvorschläge ist etwas zu einfach. Deshalb bin ich für die (Mindest)Forderungen, wie sie der KORSO vertritt.

Nic



Laut SPIEGEL stützt der Staat die Kirchen mit Milliarden
Kampagne: Keine Staatsknete für die Kirchen!