Veröffentlicht am 16. Oktober 2013 | von Karin Gasch
0Liberace
Liberace Karin GaschWertung
Summary: sehenswertes Biopic, das wunderbar unterhält und mit grandiosen Schauspielern aufwarten kann, manchmal etwas dick aufgetragen
4
Biopic
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Liberace wurde im Amerika der 1950er groß, war bis in die 70er der bestbezahlte Entertainer der Welt und starb schließlich 1987 an den Folgen von AIDS. Das gleichnamige filmische Portrait von Steven Soderbergh nähert sich dem Leben des Stars nun aus einer ganz persönlichen Perspektive.
Der angehende Student Scott Thorson (Matt Damon) lernt den berühmten Klaviervirtuosen Liberace (Michael Douglas) nach einer seiner Shows kennen. Der ältere Entertainer findet den blutjungen Sunnyboy sofort anziehend und überredet ihn nach kurzer Zeit, zu ihm in seine dekadente Villa in Las Vegas zu ziehen. Nach anfänglicher Zurückhaltung gegenüber den Avancen des Showstars, gibt der bisexuelle Scott dann doch schnell den Versuchungen der glitzernden Welt nach, weil er bei Liberace nicht nur finanzielle Versorgung, sondern auch Geborgenheit und Liebe findet. Ein öffentliches Ausleben seiner Liebe ist für den stockschwulen Liberace aber unmöglich, da ein Outing im Amerika der 1980er sein sicheres Karriereaus bedeuten würde und der um viele Jahre jüngere Scott fühlt sich in der häuslichen Zurückgezogenheit zunehmend eingeengt. So ist die insgesamt sechs Jahre andauernde Beziehung der beiden Männer ebenso von Harmonie und Zuneigung gekennzeichnet, wie von Bevormundung und Eifersucht.
Der auf dem autobiografischen Roman von Scott Thorson basierende Film zeigt den Showstar so, wie ihn sein Liebhaber wahrgenommen hat. Die Beziehung der beiden Männer zueinander steht dabei eindeutig im Fokus. Der in schillernde Roben und prunkvolle Gewänder gehüllte Pianist, der Abend für Abend mit Musik und viel Pomp und Glitzer die Massen unterhielt, tritt in Liberace dagegen eher in den Hintergrund. Gezeigt wird stattdessen ein Mann, der nach Liebe und Geborgenheit strebte, sich gerne mit schönen Dingen (und Menschen) umgab und im Privaten auslebte, was in der Öffentlichkeit verpönt war. Dass Homosexualität nicht nur in den 80ern tabuisiert wurde, sondern dass deren Thematisierung auch heute, selbst nach Brokeback Mountain, noch ein heißes Eisen ist, an dem sich die großen Filmstudios lieber nicht die Finger verbrennen wollen, wird an Liberace selbst ersichtlich, der in Europa zwar in die Kinos kommt, in den USA aber nur im Fernsehen lief.
„Too gay for Hollywood“ ist ja eigentlich ein Widerspruch in sich, betrachtet man die Geschichte der Traumfabrik und ihre Akteure. Trotzdem werden erstaunlicherweise auch heute noch Filmemacher mit genau dieser Begründung die Türen vor der Nase zugeschlagen. Gut, dass sich eine Regiegröße wie Soderbergh davon nicht abhalten ließ, seinen Film kurzerhand fürs Fernsehen produzierte und mit Behind the Candelabra, wie Liberace im Original heißt, bei den Emmy Awards, dem wichtigsten Preis im amerikanischen Fernsehen, ordentlich abräumte.
Völlig verdient hat Michael Douglas den Hauptrollen-Emmy für seine Rolle erhalten, spielt er doch den alternden Entertainer mit einer solchen Hingabe und Leichtfüßigkeit, dass man seinem Charme und Witz sofort verfällt. Matt Damon verkörpert den dieser Anziehungskraft erliegenden Scott ebenso wunderbar und zeigt den Wandel vom naiven Teenager über den luxusverwöhnten und eingeengten Liebhaber bis zum abgeklärten Ex mit vollem Körpereinsatz und Mut zur Hässlichkeit. Auch in den Nebenrollen tummeln sich zahlreiche Stars wie Dan Aykroyd, der Liberaces Manager gibt oder Rob Lowe, der den Schönheitschirurg Dr. Startz spielt und als lebende Wachsfigur Grusel erzeugt.
Neben den vielen Stars, der glamourösen Ausstattung und dem lebensnahen Portrait einer ganz normalen Beziehungsgeschichte hinter dem ganz normalen Showbiz-Wahnsinn, gibt es vor allem eines, das für Liberace spricht: der Film macht ganz einfach Spaß. Pointierte Dialoge, skurrile Charaktere, die trotzdem nie wie Karikaturen wirken und eine Situationskomik, hinter der die menschlichen Konflikte und Probleme immer durchscheinen, geben einen kleinen aber vielsagenden Blick in das Leben eines Stars, der große Erfolge feierte, aber dennoch letztendlich einsam starb.
Liberace ist also ein äußerst sehenswertes Biopic, das gelegentlich etwas dick aufträgt aber immer den Blick fürs Wesentliche behält und sowohl die Sonnen-, wie auch die Schattenseiten der Unterhaltungsindustrie beleuchtet. Denn es ist zwar nicht alles Gold, was glänzt, aber, wie Liberace selbst meinte: „Zu viel des Guten ist wundervoll“.
Regie: Steven Soderbergh, Drehbuch: Richard LaGravenese
Darsteller: Michael Douglas, Matt Damon, Dan Aykroyd, Rob Lowe, Scott Bakula, Debbie Reynolds
Laufzeit: 118 Minuten, Kinostart: 18.10.2013, liberace-derfilm.de
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Über den Autor
Karin Gasch Aufgabenbereich selbst definiert als: Zwielichtaufsuchende mit Twilight-Phobie. Findet "Ours is a culture and a time immensely rich in trash as it is in treasures" (Ray Bradbury) zeitlos zutreffend.