LEXIKON: Scheinarbeitsverhältnisse

Erstellt am 7. August 2011 von Rechtkurzweilig

Ein arbeitsrechtliches Vertragsverhältnis begründet in der Regel eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – mit Pflichten wie Meldung und Entrichtung der Beiträge, aber auch allen Rechten, die die Sozialversicherung bietet. Allein dieser Aspekt lässt so manchen Unternehmer aufhorchen und die Idee entwickeln, Angehörige „auf dem Papier“ zu beschäftigen, um ihnen eine Absicherung zu verschaffen. Das klingt gut, doch in der Praxis ist Vorsicht geboten, denn SV-Prüfer sehen mittlerweile sehr genau hin und verlassen sich nicht auf die Angaben der Vertragspartner. Ein wichtiger Punkt: Es muss erkennbar sein, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die gegenseitigen rechtlichen Verpflichtungen tatsächlich erfüllen. Ein zu geringer oder zu hoher Stundenlohn oder auch die nur knappe Überschreitung der 400 Euro-Grenze sind für die Behörden zu auffällig, um ignoriert werden zu können.

So wies das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt in einem aktuellen Urteil (Az.: L 10 KR 52/07) die Klage eines Einzelunternehmers ab, der, so die Erkenntnis der Richter, seine Tochter nur aus dem Grund eingestellt hatte, um deren bereits absehbare langwierige Erkrankung abzusichern. Bei einer vereinbarten 40-Stundenwoche wurde ein Gehalt von 405 Euro vereinbart – was die Prüfer der Krankenkasse stutzig machte. Hier wird deutlich, dass Arbeitsverhältnisse grundsätzlich Vergleichen mit sogenannten „fremden Dritten“ standhalten müssen, um nicht als fiktiv und damit als (ggf. versuchter) Betrug zu gelten. Es gilt also die objektive Perspektive, an die im Fall von Familienarbeitsverhältnissen besonders strenge Anforderungen gestellt werden. Beweispflichtig für die von Finanzämtern oder Sozialversicherungsträgern bestrittenen Angaben und Umstände ist im Übrigen der Arbeitgeber.

Wichtige Aspekte bei der Beschäftigung naher Familienangehöriger sind insbesondere folgende :

  • Es sollten klare und eindeutige schriftliche Verträge und Vereinbarungen geschlossen sowie Nachweise über erbrachte Leistungen geführt werden. Je detaillierter die Aufzeichnungen sind, desto weniger nachträglicher Erklärungsbedarf besteht.
  • Vereinbarungen müssen üblich sein und einem Fremdvergleich standhalten. Insbesondere müssen Leistung und Gegenleistung plausibel sein. Der Eindruck, der für Außenstehende am entsprechenden Arbeitsplatz entsteht, muss dafür sprechen, dass das Arbeitsverhältnis auch tatsächlich „gelebt“ wird.
  • Für Leistungen muss bezahlt werden – wobei das Geld zeitnah „fließen“ muss – und für Zahlungen müssen Leistungen erbracht worden sein. Der Arbeitnehmer muss ein eigenes Konto besitzen; eine Barauszahlung der Entlohnung wird von den Behörden nicht einmal gegen Quittung akzeptiert.
  • Besondere Vorsicht gilt bei Arbeitsverträgen mit Minderjährigen. Hierbei ist zu beachten, dass für Verträge zwischen Eltern und Kindern grundsätzlich ein gerichtlich bestellter Ergänzungspfleger die Interessen des Kindes vertreten muss. Er gibt nach Prüfung des Vertrages die entsprechende Willenserklärung ab.