Grundstücke werden vor allem in Neubaugebieten immer kleiner parzelliert, woraus folgt, dass die Häuser zusammenrücken müssen. Oft genug werden Garagen oder Anbauten auf den Grundstücksgrenzen zu den Nachbarn errichtet. Enge aber schafft Konflikte und so ergeben sich Fragen wie diese: Muss der Nachbar gestatten, dass Besichtigungen oder Reparaturen von Gebäuden von seinem Grundstück aus vorgenommen werden?
Die knappe Antwort lautet: ja! Unter bestimmten, jedoch eng gefasstenVoraussetzungen muss ein Eigentümer das Betreten seines Grundstücks erlauben. Dafür haben sich bereits vor der Aufzeichnung der einschlägigen Rechtsprechung zwei umgangssprachliche Begriffe eingebürgert. Das “Hammerschlagsrecht” betrifft das Betreten eines Nachbargrundstücks, um von dort aus am eigenen Gebäude Reparaturen auszuführen. Das “Leiterrecht” geht einen Schritt weiter und umfasst das Recht, Leitern oder Baugerüste auf dem Nachbargrundstück aufzustellen, um die im Rahmen des Hammerschlagsrechts gestatteten Arbeiten ausführen zu können. Dazu gehört im Einzelfall sogar das Lagern von Baumaterialien.
Einschränkungslos allerdings gelten diese beiden “Grundrechte” nicht. So muss eine Reparatur des Hauses von der eigenen Grundstücksseite aus unmöglich oder nur mit unverhältnismäßig hohem – auch finanziellem – Aufwand durchzuführen sein. Zudem müssen die Arbeiten rechtzeitig angekündigt werden und ihre Durchführung darf weder länger als notwendig dauern und auch nicht mehr Raum in Anspruch nehmen als zumutbar ist. Die ungestörte Grundstücksnutzung, Freiheitsrechte und natürlich das Recht am Eigentum dürfen nicht ausgehebelt werden. So ist ein über mehrere Wochen eingerüstetes Gebäude nicht hinnehmbar, nur weil der Maler keine Zeit findet, die Wand zu streichen. Ist Rücksichtnahme von der einen Partei gefordert, muss sie aber auch der anderen gewährt werden: Dringende Maßnahmen wie die Beseitigung von Sturmschäden oder die Verhinderung von Folgeschäden am Gebäude haben Vorrang vor den Schutzrechten des Nachbarn.
Verweigert ein Eigentümer seinem Nachbarn den Zugang und die Benutzung seines Grundstücks, darf der Nachbar nicht etwa zur Selbsthilfe greifen und sich widerrechtlich Zutritt verschaffen, sondern muss juristische Wege einschlagen. Mittel der Wahl ist eine Einstweilige Verfügung des Amtsgerichts, deren Ausstellung nur wenige Minuten in Anspruch nimmt und Rechtssicherheit gibt. Stellt sich später heraus, dass das Hammerschlags- und Leiterrecht vom Nachbarn zu Unrecht verweigert wurde, und ist durch diese Weigerung ein (größerer) Schaden entstanden, wird in der Regel Schadensersatzpflicht bestehen.
Weil kaum Rechte ohne Pflichten gewährt werden, müssen entstandene Schäden bei der Ausübung von Hammerschlags- und Leiterrecht möglichst rückstandsfrei beseitigt werden. Aus dem Schadensersatzrecht ergibt sich, dass ein vorher bestandener Zustand weitgehend wieder herzustellen ist – im Zweifel durch die Zahlung einer finanziellen Entschädigung. Einzelheiten regeln die Nachbarschaftsregelungen und -gesetze, die von Gemeinden und Landkreisen erlassen werden, sowie länderspezifische Regelungen.