letztlich bleibt Gott!

Von Julius Hensel
Quelle: “Das Leben” von Julius Hensel, ISBN 978-1-4461-3277-7, Seite 376: - In der Tat ist die verbindende Macht des Gegensatzes eine unwiderstehliche und es scheint keinem Zweifel unterworfen, dass wir unter diesem Gesichtspunkt Maschine sind, dafern wir unter „Maschine“ eine Aneinanderfügung von einzelnen Teilen verstehen, die nach dem Zweck des Erbauers gewisse Verrichtungen unweigerlich erfüllen müssen, solange keine hindernden Umstände hinzutreten. Aber so gewiss wie in jeder Maschine der Geist ihres Erbauers verkörpert ist, ebenso gewiss lebt in der Maschine, die wir Mensch nennen, der Geist Gottes, des Schöpfers. Denn wenn auch die anziehende Gewalt des Gegensatzes unter der Form von Magnetismus und Elektrizität unverkennbar in uns wirksam ist, so ist damit doch keineswegs die Gegenwart Gottes entbehrlich geworden. Oder glaubt man, dass die Gottheit müßig zuschaue, wie seine Dienerin, die Elektrizität, mit Werkführern und Gesellen die Arbeit verrichten? Ich weiß wohl, es hat Spötter gegeben, die da sagten, man degradiere Gott zu einem schlechten Uhrmacher, dessen Werk nicht von selbst (?) gehe, sondern unaufhörlich angestoßen werden müsse, wenn man verlangt oder voraussetzt, dass Gott an allen Orten, bis in’s Kleinste und Letzte, seine Hand im Spiel habe; allein dieser Vergleich ist sehr stümperhaft. Es heißt ja nichts anderes als die Gottheit „verstümmeln“ und von ihrem Thron stoßen, wenn man statt der Allmacht einem Stück „Teilkraft“ Verehrung erweist. - Wer z. B. die Elektrizität als Urquelle betrachtet, der ist von dem Ziel noch so weit entfernt, dass es so gut ist, als stünde er am Anfang des Weges. Es ist wahr, dass die Elektrizität, diese eigentümliche Art zu schwingen, welche die Kraft hat, Ihre Umgebung in einen gleichartigen Zustand zu versetzen und auf solche Weise sich unterwürfig zu machen, außerordentlich schnell arbeitet; allein sie gebraucht immerhin Zeit; ist sie Gottes schnellste Dienerin, aber sie bleibt unterworfene Dienerin. Gott allein ist über die Zeit erhaben; ja, weil die Zeit (Kronos) nur das perpetuierliche Wirken der Gotteskraft bedeutet, so könnte man sagen: Gott und die Zeit sind Eins. Etwas derartig Ganzes können die wenigsten Leute vertragen, daher versuchten schon die Griechen, die Teilkraft Elektrizität selbstständig zu machen, indem sie ihrem Zeus die Zickzacksichel des Blitzes in die Hand drückten, die sie ihrem Kronos entwanden, dem sie andichteten, mit dieser Sichel an seinem Vater Uranos eine unmenschliche und unästhetische Tat begangen zu haben. Die Epigonen dieser Griechen finden freilich diese Tat so göttlich, dass sie ihrerseits die galvanokaustische Schlinge am liebsten — aber ich will lieber nichts weiter sagen. Auf der Basis, dass Gott und die Zeit Eins sind, dass Gott über die Zeit erhaben ist und überall zu gleicher Zeit existiert, ist es nicht schwer, seine schaffende Hand überall gleichzeitig wahrzunehmen. Liegt denn nicht eben im Schaffen das Göttliche? — Gott schafft und wirkt überall zu gleicher Zeit. Gott lebt auch in unserem Körper, in unserer Seele. Bookmarken