Let’s talk about: Schwangerschaft

Von Nadine

Es war im September 2012. Mein Mann und ich waren gerade in der Türkei und hatten dort einen wundervollen Urlaub verbracht. Wir aßen gut und zu viel, tranken Cocktails, machten tolle Ausflüge. Sogar Rafting haben wir gemacht. Doch irgendetwas stimmte nicht. Ich spürte beim Schwimmen so ein eigenartiges Ziehen im Unterbauch. Und auch sonst fühlte ich mich irgendwie anders. War das möglich?

Wir hatten geplant erst mal zu verreisen und das in vollen Zügen zu genießen, denn wir hatten bis dahin ein hartes Jahr. Und dann wollten wir uns an das Thema Familienplanung heranwagen. Wir hatten es damit allerdings nicht so genau genommen und deswegen kam mir im Urlaub dann der leise Verdacht, dass es sich da schon jemand in meinem Bauch gemütlich gemacht hat. Vieles deutete darauf hin. Doch wir beschlossen erst einen Test zu machen, wenn wir wieder zu Hause sind.

Gerade schwanger…

Und tatsächlich – ich brauchte keine zehn Sekunden warten, da zeigte der Test schon ein positives Ergebnis an. Wir kauften zur Sicherheit noch einen weiteren Test und natürlich war auch dieser positiv.

Da saßen wir nun – völlig perplex darüber, dass ich sofort schwanger wurde und wir schon bald zu dritt sein würden, wo es bei anderen oft Monate, vielleicht sogar Jahre dauert. Wir hatten wirklich nicht damit gerechnet, dass es so schnell geht und uns einfach keine Gedanken gemacht. Vielleicht war aber auch genau das der Grund. Das musste jetzt aber erst mal bei uns ankommen. Es kam uns ein wenig surreal vor. Wir beschlossen, es erst einmal für uns zu behalten und den ersten Termin beim Frauenarzt abzuwarten, der zwei Wochen später sein sollte.

Zwei Tage nachdem ich den Test gemacht hatte, rief mein Bruder mich an und verkündete, dass wir noch einmal Onkel und Tante werden. Und ich dachte nur, das ist jetzt nicht wahr. Er, der aus erster Ehe drei Kinder hat und gar keine Kinder mehr wollte  – und dann ausgerechnet jetzt?! Nicht, dass ich mich nicht freute. Aber der Zeitpunkt war irgendwie doof. Und was soll ich ihm nun sagen? „Hey toll, Du wirst auch Onkel“? Nee. Ich schluckte es runter. Ich fand, es war der falsche Moment.

Am nächsten Tag traf ich dann meine Mutter, die auch völlig überrascht war, über diese Neuigkeit. Und dann sagte sie noch, sie hätte ja gedacht, dass ich ihnen noch ein Enkelkind beschere. Ich schluckte es wieder runter.

Dann kam endlich der Tag, an dem ich es genau wissen sollte. Meine Ärztin machte einen Ultraschall und gratuliere mir. Es war zwar noch nicht viel zu sehen, aber von dem Moment an wurde es erst so richtig real für mich.

In der 11. Woche wollten wir es dann verkünden. Was auch höchste Zeit wurde, denn eine Wölbung am Bauch war schon sichtbar. Ich machte zwei kleine Pappschachteln fertig und legte das erste Ultraschallbild und einen Schnuller mit hinein. Wir wollten die frohe Botschaft zuerst meiner Schwiegermutter überbringen, denn sie hatte dringend eine gute Nachricht verdient. Und sie war völlig außer sich vor Freude.

Am nächsten Tag gingen wir zu meinen Eltern. Als meine Mutter die Schachtel öffnete, schlug sie sich die Hände vors Gesicht und sagte nur „Oh nein!“. Sie war sichtlich geschockt. Nicht, dass sie sich nicht freute, aber die Tatsache, dass nun gleich zwei Enkelkinder kommen, kam wohl sehr unerwartet. Mein Vater freute sich sichtlich mehr über die Nachricht. Es stellte sich dann auch heraus, dass ich genau einen Tag nach meiner Schwägerin ausgezählt war. Joa. Schon komisch.

Die Schwangerschaft war toll. Ich hatte perfekte Haut, glänzendes, volles Haar und fühlte mich gut. Mein Bauch wuchs sehr schnell. Er nahm Ausmaße an, die alle zur vermutung trieben, ich würde Vierlinge bekommen. Mein Nachbar begrüßte mich irgendwann mit „Hallo Kugelfisch!“. Ich hatte eine taube Stelle über der Rippe, wo immer der Bügel vom BH reindrückte. Irgendwann hatte ich mir den Fuß verknackst und die Heilung dauerte sehr lange, weil ich ja nicht viel dagegen tun konnte, außer eine Bandage zu tragen. Das war schon recht schmerzhaft, aber nach ein paar Wochen war das schließlich überstanden. Gegen Ende hatte ich häufig Sodbrennen und mein Rücken plagte mich ein wenig. Aber ansonsten hatte ich keine Beschwerden.

Ich war unfassbar neugierig darauf, wer da in meinem Bauch wohnt. Doch der kleine Bauchbewohner wollte sich einfach nicht zeigen. Am Anfang hieß es, dass es wahrscheinlich ein Junge sein würde. Aber festlegen wollte sich die Ärztin nicht. Erst beim allerletzten Ultraschall zeigte er sich. „Das sind eindeutig Hoden“, sagte die Ärztin. Das Kinderzimmer hatten wir in der Zwischenzeit relativ neutral mit leichter Tendenz zum Jungen eingerichtet.

Die Namenssuche gestaltete sich schwierig. Für ein Mädchen waren wir uns sofort einig. Einen Jungennamen zu finden, war hingegen nicht so einfach. Am Ende hatte ich einen Favoriten, mein Mann hatte ebenfalls einen.

Als ich in Mutterschutz ging, genoß ich meine freie Zeit in vollen Zügen und war nur unterwegs. Bis zu dem Tag, als meiner Schwägerin zweieinhalb Wochen vor dem errechneten Termin die Fruchtblase platzte und mein Neffe sich auf den Weg machte. Da wurde mir bewusst, dass es ja nun jederzeit losgehen könnte. Ich nahm das auch zum Anlass, endlich meine Kliniktasche zu packen.

38. Schwangerschaftswoche mit dem Wildfang

Als ich meinen Neffen dann zum ersten Mal sah, konnte ich mir gar nicht so richtig vorstellen, dass ich schon ganz bald mein eigenes kleines Würmchen in den Armen halten würde. Ich war völlig tiefenentspannt und freute mich sogar darauf, dass es bald losgeht. Tatsächlich ließ er sich noch Zeit, bis einen Tag vor dem Termin in der Nacht die Fruchtblase platzte.

Nach drei qualvollen Tagen und Nächten war er dann endlich da. Ich hatte mir die Geburt wirklich leichter vorgestellt und denke tatsächlich immer noch nicht gern daran zurück. Er bekam übrigens den Namen, den ich mir gewünscht hatte, wobei es mir in dem Moment tatsächlich egal gewesen wäre.


Obwohl ich mir eigentlich immer zwei Kinder gewünscht hatte, war ich lange Zeit nicht davon überzeugt, dass mein Sohn noch ein Geschwisterchen bekommt. Die Geburt und die Zeit danach war schwierig – und ich voller Angst, dass es wieder so werden könnte. Doch dieser Wunsch schlummerte trotzdem irgendwo tief in mir und wurde schließlich so stark, dass ich meine Meinung wieder änderte.

Kaum stand die Entscheidung fest, war ich auch schon wieder schwanger. Das war im Juli 2014. Ich spürte es sofort, wusste ich die Anzeichen doch nun viel besser zu deuten, als bei der ersten Schwangerschaft. Ich wartete daher auf den Tag, an dem endlich ein Test möglich war – und der bestätigte mir sofort, dass mich mein Gefühl nicht getrübt hat.

Doch diese Schwangerschaft war anders. Ich fühlte mich schlecht. Ich sah furchtbar aus, hatte strähniges Haar, unreine Haut, verspürte Übelkeit. Ich stellte mir die nächsten Monate sehr schwierig vor.

Ich war gerade in der siebten Woche, als unsere Eltern zum Grillen kamen. Das war der Tag, an dem ich die Neuigkeit verkünden musste, denn wie sonst sollte ich erklären, dass ich keinen Wein trinken würde? Das wäre zu verdächtig gewesen. Ich kaufte daher zwei knallblaue Bilderrahmen und machte ein Foto vom Wildfang rein mit der Aufschrift „Bald bin ich großer Bruder!“. Unsere Mütter packten die Fotos gleichzeitig aus und waren völlig aus dem Häuschen.

Am ersten Tag der 9. Schwangerschaftswoche sollte ich meine erste Vorsorgeuntersuchung haben. Zwei Tage vorher bekam ich leichte Blutungen. Ich erinnerte mich, dass meine Freundin das auch hatte und las darüber, dass es vorkommen kann und oftmals harmlos ist. Als ich dann endlich den Termin hatte und meine Krankenkarte aus dem Portemonnaie zog, fiel mir etwas herunter. Als ich mich bückte, um es aufzuheben, das spürte ich es. Blut. Jede Menge Blut. Und da wusste ich, dass ich mein Kind verloren hatte.

Die Ärztin bestätigte mir dies mit betroffenen Blick. Es sei nichts mehr zu sehen, sagte sie. Sofort schickte sie mich ins Krankenhaus. An einem warmen Sommertag im August endete meine Schwangerschaft, die doch gerade erst angefangen hatte.


Danach war der Wunsch umso größer. Ich wollte so schnell wie möglich wieder schwanger werden. Bestimmt würde es wieder sofort klappen. Es muss. Und von da an war mein Kopf nicht mehr frei. Jeden Monat war ich enttäuscht, wenn mir klar wurde, dass ich wieder nicht schwanger war. Tatsächlich ging es aber dennoch recht schnell, denn fünf Monate nach der Fehlgeburt, hatte es sich wieder jemand in meinem Bauch gemütlich gemacht.

Und das hatte ich tatsächlich nicht gemerkt. Bis eine Freundin mich fragte, ob ich wieder schwanger sei. Ich sagte ihr, das könnte nicht sein. Kann nicht? Ich hatte gar nicht registriert, dass ich bereits überfällig und schon in der 6. Woche war. Ich war total perplex, als ich am nächsten Tag einen positiven Test in der Hand hielt. Nur eine Woche später fand ich mich beim Frauenarzt wieder.

Ich hatte Angst. Angst, dass es wieder schief geht. Und so lautete meine erste Frage beim Ultraschall: „Ist alles in Ordnung?“ Als sie bejahte, fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen. Und gleich folgte die nächste Frage: „Aber es ist nur eins, oder?“ Als sie auch dies bejahte, atmete ich erleichtert durch. Ihr müsst wissen, dass es in der Familie meines Mannes einige Zwillinge gibt. Ich glaube, dann wäre ich in Ohnmacht gefallen. Meine Freude war in den ersten Wochen dennoch ziemlich verhalten, da die kritische Zeit noch nicht überstanden war.

In der 10. Woche konnte ich den Bauch kaum noch verbergen und ich machte zwei kleine Tütchen fertig, in denen sich ein kleiner Plüsch-Eisbär befand, dem ich einen Schnuller umgebunden hatte. Die Freude unserer Familien war riesengroß, nach dem Verlust ein paar Monate zuvor.

Als in der 12. Woche der nächste Ultraschall gemacht wurde, konnte ich deutlich sehen, was die Ärztin im gleichen Moment aussprach: „Das sieht nach einem Dreibein aus!“ Für mich stand von da an fest, dass der Wildfang einen Bruder bekommen würde, auch wenn die Ärztin sagte, dass sie sich da noch nicht 100%ig festlegen will. Aber ich hatte es ja schließlich selbst gesehen. Und es war auch klar, dass er den Namen bekommen soll, den mein Mann sich schon beim letzten Mal gewünscht hatte: Sam.

Als dann in der 26. Woche der Zipfel plötzlich abgefallen war und es eindeutig ein Mädchen sein sollte, freute ich mich unglaublich, denn ich hatte mir so sehr ein Mädchen gewünscht. Trotzdem traute ich dem Braten nicht so recht. Und außerdem war ich schon fest auf einen Jungen eingestellt. Und plötzlich war mein kleiner Sam nicht mehr da. Das war ganz schön komisch. Es war eine Achterbahn der Gefühle.

Dennoch rannte ich sofort in den nächsten Laden und kaufte Mädchensachen. Meine Schwiegermutter passte zu Hause auf den Wildfang auf und als ich rein kam, hielt ich ihr ein pinkes Babyshirt unter die Nase und nachdem sie sich der Bedeutung bewusst wurde, freute sie sich riesig. Meine Eltern waren gerade in Italien im Urlaub. Ich fotografierte daher die Einkäufe für unser kleines Mädchen und schickte das Foto kommentarlos zu ihnen rüber. Auch sie konnten es gar nicht glauben und kauften sofort ein Kleidchen für die Kleine. Mein Mann war auf Geschäftsreise und es es leider tatsächlich als Letzter erfahren. Auch er war ein wenig ungläubig.

Mädchenkram

Die Schwangerschaft verlief allerdings nicht so, wie ich mir das erhofft hatte. In der ersten Zeit kämpfte ich oft mit leichter Übelkeit und die ganze Schwangerschaft hindurch hatte ich massive Kreislaufprobleme, zu denen mit wachsendem Bauch noch Atemnot hinzu kam. Ich fühlte mich wie ein japsendes Walross und so sah ich auch aus. Mein Rücken brachte mich fast um. Und all das mit einem quirligen Kleinkind zu bewältigen, war ganz schön anstrengend.

Mein Lieblingsbild aus der Schwangerschaft mit meiner Tochter

Außerdem begleitete mich ständig die Angst vor der Geburt. Ja, ich hatte wirklich Angst, dass es wieder so schlimm werden würde, wie beim ersten Mal. Ich plante die Geburt schließlich gemeinsam mit dem Krankenhaus und war danach etwas beruhigter. Etwas.

Ich wünschte mir das Ende der Schwangerschaft sehnlichst herbei. Und gleichzeitig fühlte ich mich irgendwie noch nicht bereit. Immerhin war die Tasche zwei Wochen vorher grob gepackt, aber es war noch nicht alles vorbereitet, als ich neun Tage vor dem errechneten Termin Senkwehen bekam. Ich dachte mir auch nicht viel dabei.

Allerdings hörten die Wehen nicht mehr auf und nur einen Tag später hielt ich meine Tochter – meine kleine, zarte Pusteblume – glücklich und entspannt in den Armen. Die Geburt verlief so, wie ich es mir erhofft hatte und ich konnte mein Glück kaum fassen.

Von diesem Tag an war unsere kleine Familie komplett.


Dies ist ein neuer Beitrag aus der Reihe „Let’s talk about“ – einem gemeinsamen Projekt von Wunschkindwege und Zwischen Windeln und Wahnsinn. Auch meine Freundin Düse hat an ihre Schwangerschaften zurückgedacht. Ihren Beitrag könnt Ihr hier lesen.

Wir würden uns aber auch freuen, wenn Ihr von Euren Erfahrungen erzählt.

Darum seid Ihr jetzt gefragt:

Wie habt Ihr Eure Schwangerschaft(en) erlebt? Ging es Euch gut oder hattet Ihr mit irgendetwas zu kämpfen? Wart Ihr ängstlich oder total gelassen? Und wie habt Ihr Euren Familien die freudige Nachricht überbracht?

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