ich war gestern mal wieder bei einer unheimlich spannenden Lesung! Irgendwie kommt es mir so vor, als ob in Berlin grad ein Lese-Highlight das nächste sucht. Ich konnte auf jeden Fall in diesem Jahr eine Menge meiner Lieblingsautoren live und in Farbe erleben. Auch gestern war wieder so ein Abend. Da gab sich Sir Salman Rushdie zum Abschluss des internationalen literaturfestivals die Ehre. Ich glaube, ich hätte geweint, wenn ich da nicht hätte dabei sein können. ;) Und so ging es scheinbar auch noch vielen anderen Leuten, denn die Reihen im Theatersaal waren rappelvoll!
Wer Rushdie noch nicht kennen sollte, kann bei unserem Lesetipp zu seinem Bestseller "Die satanischen Verse"nachlesen. Den findet ihr hier: Klick! Dort findet ihr auch ein wenig Hintergrundinformationen zu Rushdies bewegendem Leben. Denn für dieses Buch wurde vom iranischen Kohmeinis eine Todesstrafe über Rushdie verhängt. Bei so einem spannenden Leben des Autors ist es kein Wunder, dass die Lesung mit einer kurzen Zusammenfassung dessen anfing.
Und dann war es endlich soweit: Salman Rushdie betrat die Bühne. Sofort ging das Blitzlichtgewitter der Fotografen los, das Rushdie ganz artig über sich ergehen ließ. Fast schien es so, als ob es ihm ein bisschen unangenehm ist, dass so ein Aufriss um ihn gemacht wird. Danach ging es natürlich als erstes um Rushdies neues Buch: "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte". Darin kreiert der indische Autor eine fiktive Märchenwelt voller Dschinns, die die Menschen heimsuchen.
Vor dem Lesen erzählte Rushdie noch ein bisschen darüber, wie er auf die Idee zu dem Buch kam. Denn dafür, dass er sonst als großer Rationalist gilt, ist dieses Buch völliger anders, eine verrückte Geschichte voller verrückter Begebenheiten. Die Erklärung war für den Autor ganz einfach. Sein letztes Buch - seine Autobiografie mit dem Titel "Joseph Anton" - war ein sehr reales Buch, mit dem er sich eine große Last vom Herzen geschrieben hat und eine Art von Abschluss zu dem Teil seines Lebens rund um das Todesurteil. Deshalb wollte er nun etwas völlig anderes kreieren, etwas Fantastisches, eine völlig verrückte Welt. So schuf er eine Welt voller Dschinns, die die Menschen heimsuchen,
Aber bei einem Autor wie Rushdie bleibt es natürlich auch nicht aus, über die aktuellen (politischen) Ereignisse zu sprechen. Denn erstaunlicher Weise hat sein aktuelles Buch wohl einige Parallelen zu den Anschlägen auf Paris - und das, obwohl Rushdie seinen Roman Anfang des Jahres vollendete. Er selbst sagte, dass er völlig erstaunt sei, wie seine Fiktion auf einmal ein Stück Wirklichkeit geworden ist. Denn auch darin geht es um den Kampf zwischen Vernunft und Glauben. Und damals kannte man den Begriff "ISIS" noch gar nicht.
Außerdem berichtete Rushdie davon, wie seine Mutter auf die ihm auferlegte Fatwa reagiert. Sie schrieb ihm Briefe, in denen sie sagte, dass sie zu Allah für ihn beten würde. Aber Rushdie antwortet ihr flapsig: "Please, don't. It's the wrong team!" Er glaubt zudem an die Theorie, dass die Menschen die Religion überwinden werden, wegen den religiösen Gläubige. Denn sie sind die schlechtesten Botschafter, die eine Religion haben kann - ganz so wie bei den ganzen religiösen Fanatiker, die sich z.B. im Namen Allahs umbringen und andere dabei mitreißen.
Gelesen wurde der deutsche Text übrigens von Tom Wlaschiha, der aus Game of Thrones berühmte Schauspieler. Und selbst Salman Rushdie war wohl sehr aufgeregt, weil er ein großer Fan der Serie ist. Mich hat die Diskussion um das Buch auf jeden Fall sehr neugierig gemacht und es ist nun definitiv ganz weit oben auf der Wunschliste! Außerdem fand ich es sehr beeindruckend, wie eindrucksvoll Rushdie über ernste Themen reden kann und trotzdem humorvolle Phrasen in die mit einbringt. Eine sehr beeindruckende Persönlichkeit!