Dorian Steinhoff (*1985) stand bereits als Slam Poet auf den Bühnen, darunter belegte er bei einen Poetry Slam in Gießen den ersten Platz. Neben dem Schreiben widmet er sich der Literaturvermittlung und leitet u. a. Workshops an Schulen. Seine Erfahrung als Slammer und Moderator ist spürbar: Mit ruhiger Stimme und gleichzeitig starker Präsenz liest er nahezu szenisch und bringt die Zuschauer mitten ins Geschehen seiner Erzählung Macheten-Bande.
Die reale Vorlage für seine Macheten-Bande fand er in der Zeitung: Ein aufstrebender Fußballspieler, der es von Berlin-Moabit nach Babelsberg schafft und dort unter Vertrag steht, macht Schlagzeilen als Mitglied einer Bande, die Raubüberfälle verübt. In seiner Erzählung heißt dieser Junge Bürkan und beteiligt sich an den Überfällen, weil er nicht Nein sagen kann. Er übernimmt die Rolle des Fahrers. „Fahr uns mal da hin“, lautet die Aufforderung eines Freundes – und er tut es.
„Kontrolle haben bedeutet, Nein sagen zu können, das weiß ich jetzt.“
Das Leben, das er sich durch den Fußball erspielt hatte, zerfällt, doch er weiß, dass es weitergeht: „Talent, das lernte ich jetzt erst richtig, bedeutet, Chancen zu haben, mehr als eine.“ Eine zweite Chance gab es jedenfalls für Süleyman Koç, den realen Fußballer; demnächst wird er womöglich in der 1. Bundesliga spielen, erklärte Steinhoff freudig.
All sieben Erzählungen des Bandes Das Licht der Flammen auf unseren Gesichtern zeichnen sich durch eine klare und präzise Sprache aus, eine scharfe Beobachtungsgabe sowie starke Erzählerstimmen, die nah am Geschehen sind; an den Rändern der Gesellschaft oder mittendrin. Es geht um Verluste, Sonderlinge, Einzelgänger und Arten der Liebe. Bei all der Vielfalt und aktuellen Phänomenen bleibt auch Steinhoff nicht davon verschont, von Rezensenten als die Stimme bezeichnet zu werden, die Erfahrungen, Stimmungen und Werte in Worte fasst, die eine ganze Generation bewegen.
Dorian Steinhoff spricht sich dagegen aus: „Wenn unsere Generation etwas auszeichnet, dann ihre Ausdifferenziertheit.“ Er könne demnach gar nicht für diese eine Generation schreiben und erhebe auch keinen Anspruch darauf. Überhaupt will er in seinen Erzählungen die Realität nicht nachahmen, sondern „so schreiben, dass es sein könnte.“
Dass er zuvor für die Slam Bühnen geschrieben hat, und nun bei den Erzählungen angekommen ist, sieht er als den nächsten logischen Schritt. Und der darauffolgende ist nicht weit: Derzeit gibt es Pläne für einen Roman – den neuen Text Schneeballsystem, den er las, betrachtet er als eine erste Skizze dessen. Dort geht es um den Auf- und Abstieg einer Familie, deren Vater auf illegalem Wege sein Geld verdient – über einen Mittler in der Schweiz, der Schwarzgeldvermögen, hinterzogene Steuern und Bank- und Immobiliengeschäfte verwaltet. „Wer hat, dem wird gegeben. Alle sind gierig. Alle machen mit“, heißt es im Text. Er erzählt dieses aktuelle Thema als Aussöhnung des Sohnes mit seiner Vergangenheit und den Taten des Vaters.
Und immer wieder finden sich diese kleinen großen Sätze darin, die seine Erzählungen zu etwas Besonderem machen:
„Was wir hatten, zeigte nur, was wir nicht mehr hatten.“