Leserrezension zu "Speranza" von Jeannine Meighörner

Erstellt am 19. Oktober 2013 von Carol

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Die Autorin beschreibt mit schlichten Worten, aber in fast poetischer Dichte, wie Hoffnung aus einem tatsächlich geschehenen Unglück entstehen kann. Am 09. Oktober 1963 wurde durch einen Bergrutsch in einen Stausee und die daraus resultierende Flutwelle die kleine italienische Stadt Longarone in den Dolomiten komplett ausradiert, mit Tausenden von Toten. Und wie immer ist es nicht nur eine Naturkatastrophe, sondern ein hausgemachtes Geschehen, das Profitgier und falsche Politik zu verantworten haben. Offenbar lernen die Menschen bis heute nichts dazu. Und damals wie heute ringen die Überlebenden um ihre Entschädigungen.
Das Buch trägt die biographischen Züge des jungen italienischen Paares Clara und Riccardo Fontanella, das als Gastarbeiter in Deutschland lebt. In einer Zeit, in der man mit harter Arbeit noch viel Geld verdienen konnte, in der Deutschland sich voll im Wirtschaftswachstum nach dem zweiten Weltkrieg befand. Doch das fleißige und einfache, bürgerliche Leben von Clara und Riccardo gerät durch diese Katastrophe aus der Bahn, Clara verliert ihr noch ungeborenes Kind, ihr Mann trauert noch jahrelang seinen toten Angehörigen nach. Clara wird später noch einmal mit einem Sohn schwanger, den sie Speranza (Hoffnung) nennt. Es bleibt ihr einziges Kind. Aber selbst das Leben des Sohnes wird von den Auswirkungen der lange zurückliegenden Katastrophe gezeichnet.
Die Autorin beschreibt am Beispiel der Familia Fontanella und einiger anderer Überlebenden aus Longarone, wie Menschen sich nach einer solchen Tragödie wieder behutsam an den Alltag annähern. Dabei berücksichtigt sie die damals vorherrschenden Gegebenheiten und historische Fakten, ebenso wie den persönlichen Schmerz. Ein ganz besonders authentisches Buch, das zu Herzen geht. Vier von fünf Punkten.
Danke an den Haymon Verlag für das schöne Rezensionsexemplar!