Ich wäre unsterblich und könnte nun endlich alle meine interessen (und das sind viele!) ausgiebig verfolgen - wozu ich sonst nie Zeit hätte.
Wie Edward in der Twilight-Saga könnte ich lernen perfekt Klavier zu spielen. Obendrauf noch Violine, oder was jazziges wie Saxophon? Ich hätte endlich Zeit die ganze Welt zu bereisen. Oder besser noch: ich könnte mich in für zehn Jahre oder so in Spanien nieder lassen und perfekt Spanisch lernen - oder, hey: warum nicht gleich Japanisch oder arabisch? Oder noch besser, wie die Cullens Familie einfach Universitätsabschlüsse sammeln! Das wäre was! Biologie, Chemie, Politik - Philosophie? Die Möglichkeiten wären grenzenlos! Zeit würde in der Unsterblichkeit keine rolle mehr spielen. Weil ich nicht schlafen müsste, könnte ich den ganzen Tag lernen!
Wir Müssen Schlafen um zu Lernen
Es gibt mehrere Gründe, warum unser Körper Schlaf braucht. Zum Einem müssen wir schlafen, weil wir eine innere biologische Uhr haben (wie übrigens alle Lebewesen; Pflanz oder tier) die auf etwa 24 Stunden ausgerichtet ist. Obendrauf kommen noch eine ganze Menge an faszinierenden chemischen Vorgänge, die dich abends müde werden lassen (z.B. Adenosin oder Melatonin).
Und das ist auch gut so! Denn wir schlafen nicht ohne Grund. Hier ein paar wichtige Aspekte.
Warst du beispielsweise den ganzen Tag pausenlos auf Achse, hast hart gearbeitet um deine Deadlines einzuhalten? Das würde dein Cortisollevel erhöhen, was die Gefahr eines Herzinfarkts ebenso erhöht, - wäre da nicht der liebliche Schlaf! Denn während du schläfst, wird Cortisol abgebaut und du kannst fit und gestärkt am nächsten Tag aufwachen!
Wie neugeboren! - oder so ähnlich...
Während wir schlafen, finden wichtige Vorgänge statt, die das chemische Gleichgewicht in unserem Körper wiederherstellen; besonders wichtig für das Immunsystem und unser Nerven System, wo sich im Laufe des Tages einige "Abfallprodukte" ansammeln (Crick & Mitchison, 1983).*
Interessanterweise sind deine Muskeln und Sehnen nicht unbedingt auf Schlaf angewiesen; einfache körperliche Entspannung (wie z.B. ein Bad oder ein buch lesen) sind ausreichend um physische Reparationen zu fördern; damit sich Muskelfasern (nach ausgiebigem Pumpen) erneuern und auch wachsen. In der Sportpsychologie spricht man von „aktiver Regeneration", also leichte Tätigkeiten die dich physisch nicht beanspruchen.
Besonders wichtig ist Schlaf für dein Zentrales Nervensystem. Denn nur im Tiefschlaf („Rapid Eye Movement" oder REM) kann es sich regenerieren. Während REM kuppelt sich dein Gehirn zum Großteil von deinem Körper ab. Ein vorteil, so vermutet man wenigstens, könnte sein, dass es zum Beispiel Neuronen im Gehirn aktivieren (und dadurch stärken), reparieren oder auch neu bilden und gleich einbauen kann (Crick & Mitchison, 1983). Schlafstörungen (wie Schlafwandel) entstehen zum Teil, weil dieses „Abkuppeln" nicht wirklich funktioniert - was aber noch immer Rätsel aufwirft.
Tatsache ist aber, dass Tiefschlaf unabdingbar ist.** Mehrere Studien (z.B. Van Dongen et al, 2003; Van der Werf et al, 2009) haben gefunden, dass Tiefschlafentzug zu einer Reihe von Problemen führt: Konzentrationsschwierigkeiten, schlechtes Aufnahmevermögen (also Lernen), schlechte Laune, schlechte Motorik, usw.
Wie misst man sowas? Man gibt Versuchsteilnehmern beispielsweise eine Wortliste zum Lernen und teilt sie dann in zwei Gruppen (Schlafentzug vs Normalschlaf). 12 Stunden später testet man die teilnehmer erneut: wieviel Wörter haben sie sich über Nacht merken können? Die Schlafentzugsgruppe lag meilenweit zurück...
Darum liegt es nahe, dass Schlaf eine wichtige rolle bei verschiedenen Lernvorgängen spielt.
Wenn du dir einmal überlegst, was dein Gehirn den ganzen Tag lang an Informationen verarbeiten muss. Nick Herbert schätzt in seinem Buch „Elementary Mind" die Gehirnkapazität auf etwa 11 Trillionen bits/Sekunde, das sind 11.000 Terabits. Das ist natürlich viel Spekulation, aber wie nah dran die Nummer tatsächlich ist, weiß keiner so recht. Aber eines ist sicher: Die Leistung ist auf jeden Fall enorm! Bei sovielen Daten muss sich unser Gehirn zwangsläufig auf das Wesentliche konzentrieren. Dabei fällt eine ganze Menge an Info weg (z.B. fühlst du den stuhl auf dem du gerade sitzt? Oder hörst du die Uhr im Hintergrund ticken?). *** Das selbe wird auch für Erinnerungen vermutet: Jeden Tag lernt dein Gehirn unglaublich viel neu dazu. Ein Beispiel: Heute schon die zeitung gelesen? Das Internet durchstöbert? Warum kannst du dich an den Leitartikel über wilde Pferde erinnern- aber nur sehr wage an den Wahlausgang in england?
Es wird vermutet, dass drei wichtige Vorgänge im Gehirn während des Schlafens ablaufen (Crick & Mitchison, 1983):
1. Informationen zusammen raffen (z.B. die wilden Pferde kommen in die Ablage „Kuriositäten")
2. bestehende Verknüpfungen stärken (z.B. Pauken vor der Klausur)
3. unwichtige und vielleicht sogar schädliche Informationen entfernt (z.B. „die steckdose erinnert mich an eine Schweinenase"; mein Lehrer hat mich heute wieder voll in die Pfanne gehauen...).
Es wird übrigens vermutet, dass das eine rolle bei vielen geistigen Krankheiten wie z.B. Depression und Schizophrenie spielt (Kombination aus Schlafstörungen und „fehlerhaftem Lernsystem"). Depression erinnert sich dann nur noch an das schlechte vom Vortag und der Schizophrene sieht in jeder steckdose ein Schwein, das dein Gehirn analog kontrolliert.
Eine besonders interessante Studie (berichtet in Walker & Stickgold, 2014) hat Kandidaten eine Fingerübung beigebracht und sie dann vor dem Schlafen (22 Uhr) und nach dem Schlafen (10 Uhr) getestet. Versuchsteilnehmer nach dem Schlafen waren überragend besser als vor dem Schlafen. Das scheint den Verdacht zu erhärten, dass Schlaf für vielerlei Lernvorgänge unabdingbar ist, sei es Fingerfertigkeit ( ), die dann im Langzeitgedächtnis verfestigt werden.
Daher würden Vampire nicht in der lage sein nach ihrer geburt" dazu zu lernen. Und das wäre ja eine absurde Vorstellung: Unsterblichkeit ohne Wissenszuwachs. Aber wer weiß... Ich könnte natürlich auch vollkommen daneben liegen, denn noch nie wurde ein Vampir (á la stephenie meyer) erforscht.
In einem bin ich mir jedoch sicher: Manchmal ist es halt doch besser, ein Mensch aus Fleisch und blut zu sein.
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NB: Das ist natürlich nur der im gesunden Zustand der Fall. Wenn wir krank sind, dann läuft das anders ab...
NB: Ausnahmen gibt es immer, so berichtet etwa Ray Meddis (in Breedlove et al, 2007) von einer 70 jährigen Krankenschwester die im Schnitt nur 1,5 Stunden pro Nacht geschlafen hat, und trotzdem fit wie ein Turnschuh war...
NB: Es ist übrigens ein gängiges Vorurteil (wird z.B. im Film "Lucy" mit Scarlett Johansson angesprochen), dass unser Gehirn nur 10% an tatsächlicher Kapazität benutzen würde. Tatsächlich ist jede Hirnregion aktiv. Aber nur zu gegebenen Zeitpunkt sind nur ein Zehntel unserer Neuronen aktiv - je nachdem was du gerade machst. Einfaches Fallbeispiel: Schließe deineweniger zu tun haben (weil deine Augen kaum Lichtsignale empfingen), dafür aber dein Gehör oder Geruchssinn! Dein Gehirn ist unglaublich flexibel, daher können auch erblindete Menschen lernen durch Gehör- und Tastsinn im Leben zurecht zu kommen! Zum Glück ist das falsch, denn ein Zehntel unseres Gehirns wäre die Größe eines Schafhirns! augen. Zwar würde dein Occipital Lobe freeman & Khalifeh, 2006; in banks, 2006)
Hauptquellen:Breedlove, S. M., Rosenzweig, M. R., & Watson, N. V. (2007). Biological psychology: An introduction to behavioral,
cognitive, and clinical neuroscience. Sinauer Associates: Sunderland, USA.
Crick, F., & Mitchison, G. (1983). The function of dream sleep. Nature, 304(5922), 111-114.
Toates, F. M. (2007). Biological psychology. Pearson Education: Harlow, england.
Nebenquellen:banks I. (2006). Brain Manual: The Step-By-Step Guide For Men To Achieving and Maintaining Mental Well-Being.
Haynes Publishing: Sparkford, England.
Van Der Werf, Y. D., Altena, E., Schoonheim, M. M., Sanz-Arigita, E. J., Vis, J. C., De Rijke, W., & Van Someren, E. J.
(2009). Sleep benefits subsequent hippocampal functioning. Nature neuroscience, 12(2), 122-123.
Van Dongen, H. P., Maislin, G., Mullington, J. M., & Dinges, D. F. (2003). The cumulative cost of additional wakefulness:
dose-response effects on neurobehavioral functions and sleep physiology from chronic sleep restriction and total
sleep deprivation. sleep, 26(2), 117-129.
Walker, M. P., & Stickgold, R. (2014). Sleep, memory and plasticity. Neuroscience and Psychoanalysis, 1, 139-166.