Dann wollen wir mal starten. Denn heute beginnt sie, die große Rezensionswoche “Jeden Tag ein Buch“
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Die Leon-Bücher muss ja in Grunde nicht mehr vorstellen. Ich tue es trotzdem mal kurz: vor 10 Jahren haben die Autoren unter dem Motto “Naturally Fast Food” ihr erstes Restaurant eröffnet. Das Ziel war, schnelles Essen auf den Tisch zu bringen, das sich vom üblichen Fastfood unterscheidet. Essen, das gut schmeckt und gut tut, sollte auf den Tellern der eiligen Menschen landen. Gelungen! Die Restaurants sind eine Institution. Auch Kochbücher gibt es inzwischen einige, und ich wage einfach mal zu behaupten, dass sie Kultstatus haben.
Was in der Sammlung noch fehlte, war ein vegetarisches Kochbuch – nun, hier ist es. Ich habe mich erfreut darauf gestürzt. Es ist ja so: ich koche viel; oft zweimal am Tag. Ich bin also immer offen für schnelle Gerichte, die man im Alltag gut umsetzen kann und die trotzdem abwechslungsreich sind und etwas hermachen. Und gute vegetarische Bücher sind immer willkommen, denn so viel Fleisch steht bei uns nicht auf dem Tisch.
Das Buch ist bunt und fröhlich. Zu jedem Rezept gibt es ein - oft ganzseitiges – Foto. Die Seiten sind gespickt mit Familienfotos der Autoren, kleinen Grafiken und Zeichnungen, mit farbig hinterlegten Info-Kästchen und gerahmten Küchentipps. Das Ganze erinnert an ein Poesie-Album, zaubert einem beim Blättern ein Grinsen aufs Gesicht und ist dennoch nicht überladen. Ein Gesamtkunstwerk. Ach so, womöglich sollte ich noch die zwei Lesebändchen und das matte Papier erwähnen.
Bei aller Schwärmerei für die Aufmachung: ich weiß, das es Leute gibt, die anders denken, aber für mich sind das Herzstück eines Kochbuches die Rezepte. Und die stimmen hier. Jedes Rezept nimmt eine Buchseite ein. Links gibt es eine Spalte mit den benötigten Zutaten (alle Zutaten sind problemlos zu besorgen), daneben steht das Rezept, ordentlich in Absätze gegliedert. Damit man sich seine Zeit einteilen kann, sind Vorbereitungszeit und Garzeit angegeben. Oft gibt es Alternativen und zusätzliche Küchentipps. Nützlich sind auch Angaben wie weizenfrei, glutenfrei, milchfrei, niedriger Glyx oder üppige Schlemmerei. Das wichtigste ist aber, dass die Rezepte stimmig sind und funktionieren. Fast Food allerdings ist relativ. Man muss schön mal ein Stündchen einplanen. Allerdings sind die Gerichte unaufwändig und die Zubereitung läuft gerne einfach mal so nebenher. Bohnen garen schließlich alleine vor sich hin und auch der Auflauf im Ofen muss lediglich noch rechtzeitig herausgenommen werden.
Das Buch startet mit einer kleinen Einführung: Es wird erklärt, wie man auch auf kleiner Fläche viele Zutaten selbst anbauen kann. Dann kommen Tipps für den Vorratsschrank: was sollte ich zuhause haben, damit ich immer schnell ein Essen aus dem Hut zaubern kann? Klasse finde ich das Kapitel “Glückliche Familien”: hier wird ein Überblick gegeben, welche Hauptzutaten durch etwas Ähnliches ersetzt werden können und mit welchen Zutaten sie noch harmonieren. Tipps zur Gemüsezubereitung, zur ersten Hilfe bei Küchenpannen und zur Resteverwertung schließen die Einleitung ab.
Im eigentlichen Rezeptteil gibt es erst mal Frühstück. Naja, eher Brunch. Das meiste daraus würde ich furchtlos auch mittags oder abends auf den Tisch stellen: die Pfannkuchen-Pie mit ihrer Füllung aus frischen und getrockneten Pilzen zum Beispiel oder den Rührtofu mit dem vielen Gemüse. Ok. Die Zimttoasts….die sind dem Frühstück vorbehalten.
Dann gibt es Suppe. Bärlauch-Kartoffelsuppe mit Mandeln zum Beispiel oder indisches Rasam. Manches, wie die Suppe mit Emmer oder die Ribollita, gehen auch als Eintopf durch.
Nach der Suppe kommt der Salat. Es gibt sättigende Salate wie den Jackson-Pollock-Salat mit rotem Reis, dicken Bohnen und Pistazien, Salat mit Frühlingszwiebeln und Emmer oder gegrillte Karotten und Pastinaken mit Linsen und Brunnenkresse, aber auch nette Beilagen: Aubergine, Granatapfel und Minze zum Beispiel.
Das nächste Kapitel ist überschrieben mit “Frittiertes und Bratlinge”. Frittiert klingt erst mal fettig und Bratling nach 80er-Jahre-Vollwert-Getreideklops? Irrtum. Diese gefüllten Chilischoten mit Käse und Mais, paniert mit Kichererbsenmehl und Tortillachips, die werden im Ofen gebacken. Die Käseküchlein mit Erbsen und Minze landen in der Pfanne, ebenso wie das Rote-Bete-Rösti mit Halloumi und Spinat. Zu fett oder zu langweilig ist da nichts.
Im Alltag stehen bei uns oft genug Pasta, Hülsenfrüchte oder Getreide auf dem Tisch. Inspiration kann ich da also immer brauchen. Die Inspiration kommt mit Risotto-Variationen, lauwarmem Salat mit Soba und Gemüse, marokkanischem Bessara und Auberginen-Jambalaya.
Das Kapitel mit dem Kinderessen ist auch interessant: Dicke-Bohnen-Burger, selbstgemachte Orechiette mit Tomatensauce, Schoko-Chili – zum Beispiel.
Aufläufe finde ich für den Alltag recht praktisch: während sie im Ofen vor sich hin garen, kann man sich anderen Dingen widmen oder schon mal die Küche aufräumen. Im Herbst wird daher sicher der Spinat-Kürbis-Auflauf hier auf dem Tisch stehen, im Sommer das Zucchini-Tomaten-Gratin und im Winter der Wurzelgemüseeintopf mit gebackenen Knödeln.
Typisch britisch – es gibt ein extra Kapitel mit Curries
Natürlich braucht man auch Snacks und Beilagen. Mit einem Augenzwinkern stellen die Autoren fest, dass die Beilagen natürlich auch zu einem Stück Fleisch passen
Abgeschlossen wir der Rezeptteil mit Pickles und Chutneys - und natürlich Desserts und Kuchen: Feuerbohnen-Chutney, Kimchi, Pastinaken-Kokos-Torte mit Cashews…..es gibt Auswahl.
Für mich ist ein Kochbuch nicht komplett ohne ein gutes Register. Hier gibt es gleich zwei: einmal die Rezepte nach Kategorien; wobei ich nicht der Typ bin, der nach Rezepten mit wenig gesättigten Fettsäuren, niedrigem glykämischen Index und ähnlichem sucht.. Das macht aber nichts. Ich nehme dann einfach das nach Zutaten geordnete Register.
Click to view slideshow.Das erste Gericht war gleich ein Volltreffer: erstaunlich luftige Kartoffelpancakes mit einem würzigen Salat aus roter Bete und einem Topping aus Meerettichsahne. Praktisch auch, dass sie allen geschmeckt haben: für mich gab es sie mit der roten Bete, mein Sohn aß sie mit Apfelmus und Töchterchen mit Zimtzucker. Mittagessen ohne Meckern
Das apulische Bohnenpüree, das zu gebratenen Pimentos gegessen wird kam gerade recht, denn Bohnen und Pimentos mussten weg. Das Püree ist mir etwas zu fest geraten; es wäre wohl gut gewesen, es mit ein wenig Kochwasser zu verdünnen.
Die Kohlküchlein habe ich mit Mangold gemacht statt Kohl. Die Gemüsestreifen kommen zusammen mit Feta in einen mit Kreuzkümmel, Kurkuma und Paprika abgeschmeckten Teig aus Kichererbsenmehl und werden in der Pfanne gebraten. Dazu gab es ein schnelles Tomatenchutney, das im Grunde nichts anderes ist, als mit Ingwer kurz gegarte Kirschtomaten – eine perfekte Ergänzung!
Angeblich kann man ja Kinder dazu bringen, alles zu essen, wenn man dem Ganzen nur einen möglichst originellen Namen gibt. Meine sind ja nicht so. Bei Gerichten mit originellen Namen kommt auf der Stelle die mißtrauische Frage: “Was ist da drin?” Mimas Marsmethoeriten, frittierte Gemüseküchlein in einem Ausbackteig aus Kichererbsenmehl haben glücklicherweise trotz des originellen Namens geschmeckt.
Eine gute Idee sind die Orecchiette mit Erbsen und Spinat. Die Gemüse werden zum Teil gemixt, so wird die Sauce schön sämig. Die Orecchiette habe ich brav nach Anleitung gemacht; das waren dann ziemliche Riesenohrwaschel. Beim nächsten Mal würde ich sie halb so groß machen.
Das Pilz-Mapo-Tofu hat, was mich angeht, das Zeug zum neuen Lieblingsgericht. Eine Schale Reis dazu und mein Glück ist perfekt mit diesem schnellen Wokgericht. Pilze statt Hackfleisch und eine gesunde Schärfe, das macht zufrieden.
Es gibt ja Gerichte, die sehen schrecklich aus, schmecken aber hervorragend. Das Curry aus gefüllten Zucchini gehört dazu. Diese Füllung aus gerösteten, gemahlenen Erdnüssen erinnert optisch an….ich sags lieber nicht. Geschmeckt hat das ganze wunderbar. Und das Original aus dem Buch mit den gefüllten Auberginen, das sieht auch nicht besser aus.
Noch ein Curry: diesmal mit grünen Bohnen und Cashews in einer cremigen Kokosmilch-Sauce. Die Herstellung – geradezu lächerlich einfach: erst die Zutaten für die Sauce 10 min köcheln lassen, dann Bohnen zugeben und nochmals 10 min köcheln lassen. Das Ergebnis – einfach nur klasse: mild und cremig, etwas scharf und von den Cashews etwas Biss.
Fazit? Dieses Buch macht einen Riesenspaß. Ich werde es bestimmt nicht wieder hergeben. Wer “Leon – Fast Food” vegetarisch haben möchte, muß es schon hier bei Dumont bestellen.
Und weil Ihr bis hierher tapfer durchgehalten habt, gibt es jetzt zur Belohnung die tollen Kartoffel-Pancakes:
Diese kleinen Kartoffelküchlein waren ein Überraschungserfolg. Nicht, dass ich davon ausgegangen wäre, dass sie schlecht schmecken. Aber das so etwas Feines dabei herauskommt, hätte ich nicht gedacht. Die kleinen gehen in der Pfanne schön auf und zergehen auf der Zunge. Darüber hinaus stehen sie in einer halben Stunde auf dem Tisch; vorausgesetzt, man hat die Kartoffeln schon fertig gekocht. Frisch schmecken sie am besten, aber man kann sie auch gut aufwärmen.
Mir hat auch der Rote-Bete-Salat besonders gut gefallen: ich esse gerne Salat aus geriebener Roter Bete, und dieser hier mit seiner leicht süßen Orangennote war besonders schön.
Das Rote-Bete-Topping passt wunderbar, ist aber natürlich auch variabel. Mir fällt grade ein, Auberginen-Kaviar wäre bestimmt auch eine Option….
Für die Pancakes (ca. 20 Stück):
- 350 gr. Kartoffeln, gekocht und zerstampft
- 50 gr. Reismehl
- 50 gr. Kichererbsenmehl
- 2 Eier
- 2 Eigelb
- 100 ml Milch
- 1 EL Crème fraîche
- etwas Cayennepfeffer
- Salz, Pfeffer aus der Mühle
- Olivenöl zum Braten
Für den Salat:
- 300 gr. Rote Bete
- 1 EL Olivenöl
- Salz, Pfeffer aus der Mühle
- 2 EL Kümmel
- 1 Zehe Knoblauch
- 5 EL Orangensaft
- 2 EL Crème fraîche
- 1 EL Meerrettich, frisch gerieben
- 1 EL Schnittlauchröllchen
Die Kartoffeln mit den Mehlsorten in eine Schüssel geben und vermischen, dann die Eier und das Eigelb einrühren. Milch und Crème fraîche einarbeiten, zuletzt dann Natron und Cayennepfeffer. Das geht alles auch mit dem Handrührer, dabei aber aufpassen, dass man den Teig nicht zu sehr bearbeitet, damit er nicht zäh wird.Alles mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Öl in einer beschichteten Pfanne erhitzen. Jeweils einen guten Esslöffel Teig in die Pfanne geben und auf jeder Seite 2-3 min braten, bis die Pancakes schön goldbraun sind. So weiter verfahren, bis der ganze Teig aufgebraucht ist. Fertig gebratene Pancakes warm halten.
Für den Salat die rote Bete schälen und fein raffeln. Knoblauch schälen fein hacken. Mit Salz und Pfeffer würzen. Öl in einer kleinen Pfanne erhitzen. Den Kümmel darin kurz anrösten, dann den Knoblauch und den Zucker zugeben und mit Orangensaft ablöschen. Alles zum Kochen bringen, dann sirupartig einkochen lassen. Das Dressing zur Roten Bete geben und alles gut durchmischen. Dann mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Crème fraîche mit Meerrettich in einer Schüssel verrühren.
Zum Anrichten den Salat auf den Pancakes drapieren, mit Meerrettichsahne garnieren und mit etwas Schnittlauch bestreuen.